„Es wird uns allen früh beigebracht, wie man das Nagelbrett akzeptiert, das dir das Leben hinstellt.
Wir legen uns darauf und haben gelernt, nicht zu schreien vor Schmerzen. Eine ganze Stadt voller Fakire. Aber es wird uns erst besser gehen, wenn wir unsere Wunden zeigen.“ (Vito)
Vito ist ein Waffenfabrikant in der Metropole Sao Paulo. Er erbte die Firma seines Vaters und kann es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren, dass seine produzierten Waffen reale Menschen töten. Er entlässt alle Mitarbeiter, bis auf seine sterbenskranke Sekretärin Concha. Sie und ihre beste Freundin Aurora, ein alternder Transvestit, verbindet eine tiefe Freundschaft. Die transsexuelle Prostituierte Bibi berichtet von ihren Erfahrungen mit einem „Marsmenschen“. Ein Mann, der kaum etwas besitzt, außer einem Koffer, einem Anzug und einem Telefon, nimmt von jemanden, der noch weniger hat. Ein Polizist, der Herr Mirador, sucht in diesem Sumpf aus Drogen, Prostitution und gescheiterten Existenzen verzweifelt seinen Sohn. Ein Ehepaar beobachtet einen „sterbenden
schwarzen Schwan“. Schauplatz ist die Praca Roosevelt. Hier treffen die Geschichten zusammen.
Trotz der Päckchen, die jede Figur zu tragen hat, möchte keine aufgeben und genießt die kleinen Momente von Glück. Lebensfreude ist ein zentrales Element dieses Theaterstücks. Neben allen düsteren Momenten von Gewalt, Mord, Trauer, Drogen und Verzweiflung wird das Bild immer wieder von Freundschaft, Tanz und Liebe durchbrochen.
Ein persönlicher Blick hinter die Kulissen
KROSSE war für euch im Theaterstück „Das Leben auf der Praca Roosevelt“ vom Theater InCognito (TIC) an der Universität Bremen und hat die Chance ergriffen, mit Tim Jakob, Darsteller der einen Hälfte des Herrn Mirador, über seine Beweggründe, seine Sicht zum Stück und über die Vereinbarkeit von Studium und Theater zu sprechen.
Tim studiert an der Universität Bremen Soziologie und ist seit dem Sommersemester 2012 beim TIC. Er hat vorher schon in der Schule Erfahrungen auf der Bühne sammeln können. Spaß hatte er schon immer beim Schauspielern. Das Besondere für ihn ist es, in andere Rollen schlüpfen zu können und Charaktereigenschaften zu übernehmen, die mit ihm als Person nichts gemein haben. „Man hat den Freiraum, sich auszusuchen, wer man ist.” (Tim Jakob)
Wie viele der Darsteller steht auch Tim das erste Mal für das TIC auf der Bühne. Die teilweise fehlende Schauspielerfahrung wird durch Engagement und persönliche Ambitionen kompensiert. Spaß und Abwechslung zum Uni-Alltag stehen im Vordergrund. Dennoch ist es schwierig, bei dem hohen Zeitaufwand, den sie für die Proben aufwenden, noch für Klausuren zu lernen.
„Viele der Darsteller sitzen hinter der Bühne und lernen. Gehen auf die Bühne, spielen ihre Szene und verschwinden dann hinter die Bühne und nehmen sich wieder ihre Karteikarten.“ (Tim Jakob)
Die Gruppe besteht seit April 2012 in der jetztigen Konstellation und setzt sich zusammen aus zwei Dozenten, Franz Eggstein und Roland Klahr (Regie), Techniker, Bühnenbildnerin und 17 Schauspielern. Sie proben einmal die Woche und in den heißen Phasen auch am Wochenende. Das Stück „Das Leben auf der Praca Roosevelt“ studierten sie im Laufe des vergangenen Semesters ein.
KROSSE fragte Tim, wie er das Stück in drei Worten beschreiben würde. „Lebensecht, abwechslungsreich und ungewöhnlich“, antwortete er spontan. Auf die Frage, warum man das Stück auf keinen Fall verpassen sollte, sagte Tim: „Man kriegt Einblick in eine scheinbar andere Welt, so abstrus diese auch zu sein scheint, so komisch einem alles vorkommt, ist das doch alles echt und garnicht so weit entfernt von unserem Alltag.“
Ein Abend voller Emotionen
Am vergangen Mittwoch, den 29.01.2012, überzeugten wir uns selbst von der Ausdruckskraft des Stückes. KROSSE bewegte so einiges an diesem Abend. Da war zum einen die verzweifelte Mutter, die um ihren verlorenen Sohn trauerte, gespielt von Inken Janßen. Die es schaffte, durch ihre schauspielerische Leistung, inklusive Tränen, beim Publikum eine Gänsehaut und das Gefühl von Trauigkeit auszulösen. Außerdem die transsexuelle Bibi, gespielt von Lidia Savluk, die auf witzige, dennoch sehr emotionale Weise ein traumatisches Erlebnis schilderte. Und auch der Mann mit dem Koffer, der das Publikum in seinem persönlichen Dilemma zur Hilfe aufforderte, prägte sich besonders ein, gespielt von Andreas Duczmal.
Am Ende des Stückes wird dann immer klarer, wie verwoben die einzelnen Schicksale miteinander sind.
KROSSE ist beeindruckt von dem Engagement der Darsteller und dankbar für eine Reise in das Leben so unterschiedlicher Personen, mit doch ähnlichen Problemen.
Ausblick und Termine
Die letzte Chance, in den Genuss dieses mitreißenden Stückes zu kommen:
Freitag, 1. Februar 2013 um 20 Uhr im Theatersaal der Universität Bremen
Samstag, 2. Februar um 19 Uhr im Theatersaal der Universität Bremen
Dienstag, 5. Februar um 20 Uhr im Theatersaal der Universität Bremen
KROSSE ist gespannt auf die nächsten Projekte des Theater InCognitos und auf den Weg, den die Einzelnen Darsteller gehen werden!
Christian Hannken und Ann-Katharina Sponbiel