Ob in Süßigkeiten, im Kaffee oder in Gebäck: Zucker ist heutzutage für die meisten Personen ein täglicher Bestandteil des Lebensmittelkonsums. Einst hauptsächlich genutzt zum Süßen von bitteren Getränken wie Tee oder Kaffee, ist Zucker heute viel mehr als das. Zucker steckt in fast allen Lebensmitteln, die wir tagtäglich ohne jegliche Bedenken zu uns nehmen.
Welche Geschichte jedoch hinter der Zuckerproduktion steckt, wissen die Wenigsten. Da der Zucker, welchen wir tagtäglich zu uns nehmen, auch heute noch auf Plantagen produziert wird, ist das Thema allerdings nach wie vor aktuell. Um die Relevanz des Themas aufzugreifen, ist es hilfreich, sich die Hintergründe anzuschauen.
Die Hintergrundgeschichte von Zucker
Zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert wurden rund 12 Millionen Sklaven von Afrika über den Atlantik nach Amerika verschifft, um auf dutzenden Zuckerplantagen, größtenteils im Süden Amerikas, zu arbeiten. Allein während der Verschiffung starb rund jede vierte Person. Die Dunkelziffer der verschifften und verstorbenen Sklaven ist unerforscht. Im Jahr 1493 brachte Christopher Kolumbus das Zuckerrohr nach Amerika. Zu diesem Zeitpunkt war Zucker in Europa ein Luxusprodukt, dessen Produktion harte Arbeit erforderte. Um die hohe Nachfrage von Zucker stillen zu können, wurden viele Arbeiter*innen benötigt. Doch die Beschaffung dieser Arbeitskräfte war alles andere als menschenwürdig.
Die Sklaven wurden zum Arbeiten abgeholt und von Afrika über den Atlantischen Ozean nach Amerika verschifft. Das transatlantische Handelsdreieck zwischen Europa, Afrika und Amerika, wurde für viele Personen aus den afrikanischen Ländern zum Verhängnis. Diese Route diente über Jahrhunderte hinweg als ein gigantisches Handelsnetzwerk für die Verschiffung von verschiedenen Gütern und Menschen. Auf der Route von Lateinamerika nach Europa wurden Güter wie Tabak, Gold und Zucker verschifft. Sobald die Schiffe entladen waren, wurden die Güter verkauft und die Schiffe mit Waffen und Branntwein beladen. Angekommen in Afrika, wurden die Schiffe erneut entladen, die Güter verkauft und die Schiffe mit Sklaven für den Handel beladen. Nach der Verschiffung nach Amerika wurden die Sklaven auf Sklavenauktionen verkauft. So entstand das transatlantische Handelsdreieck: ein Kreislauf, welcher für viele Menschen tödlich endete.
Das Schiff ist brechend voll, die Personen sitzen dicht nebeneinander gedrängt auf dem Boden. Manchmal bieten die Schiffe nicht einmal genug Platz, um aufrecht zu sitzen, sodass die gesamte Fahrt über gelegen werden muss. Viel Bewegungsfreiheit gibt es nicht. Oftmals sind die Sklaven am Schiff angekettet und haben keine Möglichkeit, die Position großartig zu wechseln. Essen und Trinken ist knapp. Wohin genau es geht, weiß niemand. Die Fahrt dauert viele Wochen, manchmal sogar Monate. Erschwerend hinzu kommen die zahlreichen Krankheiten, die sich durch die schlechte Hygiene schnell auf dem Schiff ausbreiten. Eine Fahrt ins Ungewisse: Kaum jemand weiß, was nach der Ankunft zu erwarten ist.
Die Menschen, die die Verschiffung über den Atlantik sowie den psychischen und physischen Schmerz zunächst überstanden, kamen zu den Sklavenhaltern, um bei ihnen auf den Zuckerplantagen zu arbeiten. Die Ernte des Zuckerrohrs war mühsam und die Produktion nahm unzählige Stunden in Anspruch: Nach dem Schneiden mussten das Zuckerrohr sofort gemahlen werden, um den Saft der Pflanze freizusetzten, sodass dieser nicht verdirbt. Auch die Vorbereitung für die Ernte beanspruchte viel Zeit und harte Arbeit. So mussten die Reihen vorgegraben, die Stängel des Zuckerrohrs gepflanzt und das Holz gehackt werden. Die meisten Plantagen lagen im Süden der Vereinigten Staaten sowie in der Karibik. Kinder, Frauen und Männer verbrachten unzählige Stunden auf den Plantagen, um eine erfolgreiche Ernte zu sichern.
Die Sonne steht hoch am Himmel und ihre heißen Strahlen prallen ungeschützt auf die Haut, der Schweiß tropft langsam die Stirn und den Rücken herunter. Umzingelt von meterhohen Zuckerrohren, etwas anderes als das Gewächs ist kaum in Sicht. In der eine Hand ein Messer und in der anderen unzählige von Zuckerrohren. Alle per Hand geerntet. Schon seit den frühen Morgenstunden bei der Arbeit und ein Ende ist nicht in Sicht. Erschöpft. Einfach nur erschöpft. Aber Erschöpfung wurde bestraft. Sklaven wurden nicht mehr als eigenständige Personen gesehen und wurden entrechtet. Ab dem Kauf bei der Sklavenauktion gehörten sie dem Herrn oder der Herrin. Die Lebensbedingungen waren oftmals grauenhaft. Gewalt gehörte zur Tagesordnung mitunter Fesselung, Auspeitschung sowie die Nutzung von Brenneisen.
Die Sklaven wurden auf das Brutalste gequält und bestraft. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Sklaverei verboten und damit endete das transatlantische Handelsdreieck ebenfalls.
Die Umstände der Zuckerherstellung heutzutage
Obwohl die Zuckerrübe, welche hauptsächlich in Europa wächst und sich im Endprodukt desZuckers kaum vom Rohrzucker unterscheidet, den Weltmarkt in 19. Jahrhundert deutlich veränderte, stammt heutzutage der größte Anteil des Weltzuckers aus dem Zuckerrohr. Heute liegen die meisten Zuckerrohplantagen in Länder wie Thailand, Indien, Südafrika, den karibischen Inseln und Brasilien. In Brasilien wird der Zucker zum großen Teil immer noch per Hand lediglich mit Hilfe von Messern geerntet. Im Jahr 2006 verdienen die Menschen auf den Zuckerplantagen umgerechnet durchschnittlich gerade einmal 150€ pro Monat. Auch die Unterkünfte der Arbeiter*innen bieten kein besseres Bild: Auf kleinstem Raum werden acht bis zehn Arbeiter*innen untergebracht und ausreichend Betten sind häufig nicht vorhanden. Hygiene ist daher auch hier ein schwieriges Thema: Geschirr und Kleidung wird im selben Wassertank gewaschen und die Anzahl der vorhandenen Duschen stimmt nicht mit der Anzahl der Arbeiter*innen überein.
Zucker: Bis heute gilt es als unser beliebtestes Genussmittel. Doch zugleich haben bislang viele Arbeiter*innen unter den Umständen sowie der Produktion von Zucker gelitten. Seit Jahrhunderten schuften Menschen auf den Plantagen, damit die reicheren Personen, hauptsächlich lokalisiert in Europa, mit Zucker ausgestattet sind. Und obwohl es heute schon andere, modernere Methoden der Ernte gibt, sind die Arbeitsverhältnisse auf den noch bestehenden Zuckerrohrplantagen nach vor unzumutbar. Demnach ist es wichtig sich mit der Geschichte von Zucker auseinanderzusetzen und dies bei dem Konsum von Zucker im Hinterkopf zu behalten.
Von Leonie Wegner
Quellen:
- https://www.planet-wissen.de/geschichte/menschenrechte/sklaverei/
- pwiesklavenfueramerika100.html
- https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/zucker/index.html
- https://www.deutschlandfunk.de/arbeitsbedingungen-der-zuckerrohrarbeiter-in-brasilien-100.html
- https://www.zuckerverbaende.de/zahlen-fakten/weltmarkt/
- McMorris, M. (2015). I Was an Honorary White Man: Reflections on Space, Place, and
- Origin. In E. Biss (Ed.), I don’t see color (pp. 90–99).