Am 02. Juni hat die britische Band alt-J ihr neues Album „Relaxer“ released. Die Fans wurden bereits vor der Veröffentlichung des dritten Studioalbums mit drei neuen Singleauskopplungen gelockt. Unsere Redakteurin hat mitgefiebert und berichtet euch, was sie von dem neuen Album hält.
Hohe Erwartungen
Wem der Name alt-J kein Begriff ist, der hat in den letzten Jahren in jedem Fall einiges aus der britischen Alternative-Folk Szene verpasst. Sie lernten sich an der Universität Leeds kennen und gründeten 2007 die Band alt-J. Ein außergewöhnlicher Name, mit dem viele anfangs erst einmal nicht wirklich etwas anfangen können. Gemeint ist ein Tastenkürzel, welches auf der englischen Mac Tastatur das Delta Zeichen (Δ) darstellt. Das Dreieck passt perfekt in das britisch-alternative Hipster Image der Musiker. Mit dem ersten Album „An Awesome Wave“ gewannen sie den Mercury Prize, der sie für das beste Album 2012 auszeichnete. Plattentests.de hat das anschließende Album „This Is All Yours“ mit 10/10, der ersten Höchstbewertung seit 2006, rezensiert. Mit ihrer Musik sind alt-J nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit bekannt und durch die beinahe durchweg positive Kritik sind die Erwartungen natürlich umso höher.
Promophase
Den ersten Hinweis darauf, dass schon bald Neues von alt-J zu hören sein wird, gab es Anfang März durch einen Facebook Post. Die Band veröffentlichte ein Video mit, wie sich später herausstellen sollte, einem ersten Audioausschnitt zu ihrer ersten Singleauskopplung „3WW“. Die Beschreibung des Posts bestand aus einem Binärcode, den Hobbyinformatiker in den Kommentaren natürlich sofort versuchten zu entschlüsseln: „3WW and more news 7am GMT 6/3/17“. An dem besagten Tag verkündeten sie dann das Releasedatum ihres neuen Albums und in den nächsten Wochen folgten mehrere Videos und Audiodateien, die mit verschlüsselten Nachrichten gekoppelt waren, und Ankündigungen über Tourdaten und Festivalauftritte. Unter anderem wurde auch ein Besuch in Deutschland angekündigt: am 13. Juni spielen alt-J im Funkhaus in Berlin. Das Konzert ist jedoch mittlerweile ausverkauft. Ein absolutes Highlight ist außerdem die Website der Band, die die Wartezeit zur Veröffentlichung verkürzen sollte und dem Besucher die Möglichkeit bietet, sich virtuell in die Welt von „Relaxer“ hineinzuversetzen. Es ähnelt dem PlayStation Spiel „LSD Dream Emulator“ und ermöglicht dem „Spieler“, sich in einem unendlich scheinenden Raum fortzubewegen und die Umgebung zu entdecken.
Das Album
Als ich mir den ersten Song des Albums, 3WW (oder auch im Lied: „three worn words“), das erste Mal anhörte, dachte ich mir bereits, dass dieser auch die Eröffnung des neuen Albums darstellen würde. Er beginnt in einer entspannten Atmosphäre, die genutzten Instrumente sind an einer Hand abzuzählen. Anfangs dachte ich, es würde sich hierbei um ein Instrumental handeln, einem Intro, wie beispielsweise auch auf dem zweiten Album der Band zu finden. Doch ich täuschte mich, es begannen Vocals des Sängers Joe Newman und anschließend Ellie Rowsell, Sängerin der britischen Band „Wolf Alice“. Im Refrain findet sich der kurze Höhepunkt des Songs, der im Gesamten jedoch recht ruhig ist und als erste Singleauskopplung die Spannung auf das Album in die Höhe schießen ließ.
Der zweite Song, und mein Liebling des Albums, „In Cold Blood“ kann in seiner Art und Weise gar nicht anders sein: ein schneller Einstieg, Rhythmen, die das stillsitzen schwer machen und laute, selbstbewusste Melodien mit elektronischen Elementen gekoppelt. Er wirkt komplexer und irgendwie moderner, einfach ganz anders. Vor allem interessant dazu ist das Musikvideo, das in den YouTube Kommentaren von einem User mit „Ratatouille x Final Destination“ ziemlich passend umschrieben wird.
Erwähnenswert ist außerdem der dritte Song „Hit Me Like That Snare“, das Ergebnis einer spontanen Jam-Session: rockig, frech und wieder komplett anders als die anderen Songs – zumindest für einen Laien wie mich.
„Adeline“ ist die dritte Singleauskopplung des Albums. Hier werden wieder ruhigere Töne gespielt. Die Band selber erzählt, dass der Song, der teilweise in Australien geschrieben wurde, einer eher romantischen Vorstellung gilt: „A Tasmanian devil falls in love with a woman as he watches her swim“.
Die letzten beiden Lieder haben mich leider etwas enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass sich am Ende noch ein weiteres Highlight finden lässt. Dies lässt meiner Meinung nach jedoch eher auf sich warten. Zwar sind „Last Year“ und „Pleader“ schöne Lieder – keine Frage –, jedoch hauen sie mich nicht um, wie es bei Songs der britischen Band für gewöhnlich der Fall ist.
Fazit
Alt-J zeichnen sich durch Experimentierfreude aus, ihr besonderer Stil unverkennbar. Zwei kanadische Mitglieder der Band „Fleece“ haben diesen in ihrem Video „How to write an alt-J Song“ auf YouTube amüsant zur Anschauung gebracht. Jedoch zeigt das neue Album „Relaxer“ nochmal, dass alt-J facettenreich und innovativ sind. Kein Song klingt wie der andere. Und nach dem Album wird es auch nicht mehr ganz so einfach sein, dem innerhalb von zwei Minuten nachzueifern.
Alles in allem bin ich zufrieden mit dem Ergebnis, das die britische Band abliefert. Der futuristische Stil, sowohl des Albumdesigns, als auch der Songs und die abwechslungsreichen, unverkennbaren Melodien suchen ihresgleichen. Zwar finde ich es schade, dass nur acht Songs auf der Platte zu finden sind (immerhin waren es auf den vorherigen Alben sechs mehr), aber im Endeffekt geht es dann ja doch mehr um die Qualität als die Quantität. Was ich etwas schade finde ist, dass der Großteil der Lieder relativ ruhig ist und ich bisher nur zwei Lieder, die ersten beiden Singleauskopplungen, in Dauerschleife höre. Das hört sich jetzt natürlich sehr kleinlich an, jedoch sind die Erwartungen nun einmal berechtigterweise sehr hoch gewesen. Alt-J ist für mich eine Band, bei der jedes Lied absolut hörbar ist. Ich schalte so gut wie nie weiter, wenn ich einen Song der ersten beiden Alben höre. Dies ist bei „Relaxer“, zumindest noch, der Fall. Aber manchmal muss man einfach mit neuen Dingen erst einmal ein wenig warm werden, bevor man sie in Endlosschleife genießen kann.
Das Album findet ihr in CD und Vinylform im Handel und auf allen bekannten Musikstreaming-Diensten. Für alle Besucher des Hurricane Festivals, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind: der Auftritt dort und das Konzert in Berlin sind vorerst die einzig geplanten Auftritte der Band in Deutschland und sollten auf keinen Fall verpasst werden.
Kristin Jagels
Bildquelle: Gabriel Green