Trockener Humor, vielseitige Charaktere und einiges Konfliktpotenzial – mit diesen drei Elementen vereint die Netflix-Serie „Orange Is the New Black“ alles, was eine klassische Dramedy braucht. Wer es als Zuschauer etwas anspruchsvoller mag und ein Freund von schwarzem Humor ist, sollte sich die Geschichten aus dem fiktiven Frauengefängnis in Litchfield nicht entgehen lassen.
Für die bodenständige Piper Chapman (Taylor Schilling) hätte es eigentlich nicht besser laufen können: Sie führte ein glückliches Leben mit ihrem Verlobten Larry (Jason Biggs) und war auch beruflich auf dem aufsteigenden Ast. Doch das alles änderte sich schlagartig, als ihre Vergangenheit sie einholte und sie zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt wurde, weil ihre Ex-Geliebte Alex Vause (Laura Prepon) sie vor zehn Jahren in die Machenschaften eines Schmugglerrings hineingezogen hatte. Trotz der Bücher, die Piper vorher über das soziale Leben im Gefängnis gelesen hatte, war sie auf das, was sie hinter Gittern erwartete, nicht vorbereitet. Bereits in den ersten zwei Wochen wird sie gestalkt, belästigt, beleidigt, von der Köchin ausgehungert UND mit Taylor Swift verglichen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, sitzt ausgerechnet Alex Vause ebenfalls ihre Strafe in Litchfield ab. Die Spannungen zwischen den beiden sorgen für ein munteres Auf und Ab, das durch Rückblicke in die gemeinsame Vergangenheit abgerundet wird.
„There’s always hope tomorrow will be taco night.”
Das Leben in Litchfield ist für die Insassinnen eigentlich etwas eintönig, doch durch kleinere und größere Konflikte oder Kuriositäten kommt immer wieder Schwung in die Handlung. So sorgt Pipers Sichtung eines Huhns auf dem Gefängnisgelände für viel Aufregung, weil die Köchin Red es fangen und essen will, „um die Kräfte des Hühnchens zu absorbieren, das intelligenter ist als alle anderen“, während die Schwarzen und die Latinas auf Schokolade, Drogen oder Geld im Inneren des Geflügels hoffen. Aber die Serie sorgt auch in anderen Folgen für denkwürdige Momente und Zitate wie „I threw my pie for you“, als die verrückte Crazy Eyes Alex mit ihrem Kuchen bewirft und Piper daraufhin zu ihrer Knastfrau erklärt. Oder mit kleinen Lichtblicken, die den kläglichen Alltag der Insassinnen ein wenig erträglicher machen, wie zum Beispiel: „There’s always hope tomorrow will be taco night.“
Pipers Wandlung
Nachdem Piper ihren ersten Schock überwunden hat, lernt sie schnell, sich an ihr neues Leben anzupassen, was auch bitter nötig ist, denn zwischen aufdringlichen Wärtern und abgehärteten Insassinnen gibt es keinen Platz für zart besaitete Damen. Ihre Wandlung geht am Ende allerdings so weit, dass Piper sich fragt, ob sie sich ihr Leben lang bloß verstellt hat und nun, wo sie sich im Gefängnis mehr mit sich selbst auseinander setzt, ihr wahres Ich entdeckt. Dies spiegelt sich auch in ihrem Umgang mit ihren Freunden und ihrer Familie wieder, denn je besser Piper sich an den Alltag im Gefängnis gewöhnt, desto mehr scheint sie ihre Verbindung zur Außenwelt zu verlieren, und manchem Zuschauer ergeht es dabei ähnlich. Zwar gibt es in jeder Episode Szenen, die das Leben von Pipers Vertrauten außerhalb des Gefängnisses zeigen, doch diese kommen vom Unterhaltungsfaktor her meist nicht an die Geschichten aus der Haftanstalt in Litchfield ran. Da sie aber in der Regel nur einen kleinen Teil der je 50-minütigen Episoden ausmachen, ist das allerdings zu verschmerzen.
Mehr als Schwarz und Weiß
Neben Piper und Alex gibt es noch eine ganze Reihe von anderen facettenreichen Figuren in Litchfield, die häufiger in den Fokus rücken und für Lachtränen oder berührende Momente sorgen. Mit machthungrigen Wärtern wie ‚Pornstache‘ Mendez und dem Betreuer Healy, der Angst davor hat, dass Lesben irgendwann die Weltherrschaft an sich reißen könnten, bis hin zu Insassinnen wie Nicky Nichols, die immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat, gibt es eine bunte Mischung, durch die kaum Langeweile aufkommt. Alle Charaktere stechen auf ihre eigene Art heraus und haben gute und schlechte Seiten, doch eine Lektion, die auch Piper im Gefängnis lernt, ist, dass sie alle auf gewisse Art und Weise gleich sind. Abgesehen von der ethnischen Herkunft, nach der sogar im Gefängnis die Betten klischeehaft eingeteilt werden (die Weißen kommen in den „Vorort“, die Schwarzen und die Hispanos ins „Ghetto“), unterscheiden sie sich nicht voneinander. Verdeutlicht wird das auch durch die Vorgeschichten, die in jeder Folge in Form von Rückblenden eingestreut werden. Zwar hat sich beinahe jede der Insassinnen strafbar gemacht, doch die Gründe, die dahinter stecken, sind bei vielen nachvollziehbar. Orange is the New Black lehrt dem Zuschauer damit, hinter die Fassaden zu blicken und Menschen nicht einfach abzustempeln, denn jeder könnte das Falsche aus den richtigen Gründen tun und dafür bestraft werden.
Netflix und das „Binge-Watching“
Die Serie wurde von Netflix produziert und ist auch dort zu sehen. Nach inzwischen drei Staffeln wurde die vierte für den 17. Juni 2016 angekündigt – sehr zur Freude von Serienfans und Freunden des Binge-Watchings, die sich die ganze Staffel noch am selben Tag in einem ausgedehnten Fernsehmarathon ansehen können, ohne wochenlang auf die nächste Folge warten zu müssen.
Von Lisa Henn
Bildquelle: Lionsgate