In der Corona-Zeit ein Kind auf die Welt zu bringen, belastet die werdende Mutter: Im Kreißsaal herrscht Maskenpflicht, der Vater darf bei der Geburt vielleicht nicht dabei sein und das Immunsystem des Babys ist schwach. KROSSE hat mit einer frischgebackenen Mutter über die Geburt, ihre Ängste und die Herausforderungen für die junge Familie gesprochen.
Was waren deine größten Ängste und Sorgen in Bezug auf die anstehende Geburt unter Corona-Bedingungen?
Meine größte Sorge war, dass mein Mann nicht mit ins Krankenhaus bzw. mit in den Kreißsaal kommen darf. Beim kleinsten Anzeichen von Schnupfen wäre ihm das untersagt worden. Dementsprechend war es sehr kritisch für uns als wir einen Monat vor der Geburt leicht erkältet waren. Wäre unsere Kleine zu früh auf die Welt gekommen, hätte ich allein in den Kreißsaal gemusst.
Ich hatte keine großen Bedenken selbst Corona zu bekommen – auch als schwangere Frau. Wenn ich das Virus bekommen hätte, wäre ich zwar nicht mit den üblichen, sondern mit für das letzte Trimester einer Schwangerschaft geeigneten Medikamenten behandelt worden.
Als es soweit war, wie wurdet ihr im Krankenhaus empfangen?
Wir durften das Krankenhaus nicht durch den Haupteingang betreten und wurden zur Notaufnahme weitergeleitet. Dort stand ein provisorisches Zelt mit Dielenboden. An den Seiten des Zeltes gingen Schläuche nach draußen für die Luft- und Abluftzirkulation – es war total verrückt. Das Zelt war unsere erste Anlaufstelle, wo uns die Mitarbeiter*innen mit Mundschutz empfingen. Wir haben direkt eine Maske und einen Fragebogen erhalten, in dem das Krankenhaus abfragte, ob wir bereits das Coronavirus hatten oder in Risikogebieten waren. An sich verstehe ich dieses Verfahren; da ich allerdings bereits alle paar Minuten Wehen hatte, konnte ich mich kaum auf etwas anderes konzentrieren.
Wie verlief die Geburt? Gab es eine Maskenpflicht im Kreißsaal?
Ja, wir mussten alle eine Maske tragen. Also gingen wir mit Maske in den Kreißsaal hinein , allerdings musste ich den Mundschutz später ablegen. Eine Geburt hat viel mit der richtigen Atmung zu tun und unter einer Maske bekomme ich weniger Luft – auf Dauer wäre das nicht gegangen. Es sagte aber auch niemand etwas dazu. Mein Mann, meine Hebamme und das Krankenhauspersonal mussten allerdings die komplette Geburt über ihre Masken aufbehalten.
Ich habe außerdem, wie die meisten meiner Freundinnen, ambulant entbunden. Das bedeutet, dass ich nicht drei Tage im Krankenhaus bleibe, sondern einige Stunden nach der Geburt nach Hause gehen kann. Meine Hebamme hat uns das empfohlen, damit wir das Risiko minimieren, uns im Krankenhaus zu infizieren.
Wie wären die Besuchszeiten geregelt worden, wenn ihr länger geblieben wärt und dein Mann das Krankenhaus verlassen hätte?
Die Besuchszeiten in unserem Krankenhaus waren sehr strikt geregelt. Mein Mann hätte uns einmal am Tag besuchen dürfen, aber auch nur er, nicht unser dreijähriger Sohn. Allerdings hätte er so lange bleiben dürfen, wie er wollte. Im Klinikum dürfen die Väter wohl nur für eine Stunde am Tag zu Besuch kommen – das ist natürlich nicht schön.
Wie war die Zeit nach der Geburt? Seid ihr in Selbst-Quarantäne gegangen?
Als Ende März die Kontaktsperre erlassen wurde, haben wir beschlossen, dass wir uns mit niemandem mehr treffen; das war ein Monat vor der Geburt. Auch unser Sohn musste leider zurückstecken und durfte niemanden treffen. Nur mein Mann musste weiterhin zur Arbeit gehen.
Am 24. April ist unsere Kleine auf die Welt gekommen und mein Mann blieb für zwei Wochen zuhause, da die Geburt doch sehr anstrengend für mich war und der Alltag mit zwei Kindern natürlich eine Umstellung für uns alle war. Wir haben für uns entschieden, dass wir uns in dieser Zeit nur auf unsere kleine Familie konzentrieren – auch zum Schutz.
Inzwischen fangen wir langsam an uns mit den engeren Familienmitgliedern zu treffen, halten dabei aber einen gewissen Abstand ein.
Wie ist euer Umgang mit eurer Tochter im Gegensatz zum Umgang mit eurem Sohn damals?
Wir sind vorsichtiger. Wenn mein Sohn etwas anfasst, wasche ich ihm beispielsweise immer die Hände, bevor er zu seiner Schwester geht. Das machen mein Mann und ich natürlich auch. Ich gehe nicht davon aus, selbst wenn wir uns mit Corona infizieren würden, dass einer von uns einen schlimmen Verlauf hätte. Aber trotzdem möchte ich unter keinen Umständen, dass unsere Kinder diese Krankheit bekommen. Gerade unsere Tochter teilt uns durch ein Weinen nicht direkt mit, wo der Schuh drückt – das könnte viele Gründe haben. Während unser Sohn in einem Alter ist, in dem er uns mitteilen kann, wo ihm etwas weh tut.
Wie wird ein Neugeborenes behandelt, wenn es an Corona erkrankt?
Bei Corona werden hauptsächlich die Symptome der Krankheit behandelt. Auch Neugeborene bekommen Medikamente, die für sie verträglich sind. Ich nehme an, dass sie bei Husten wahrscheinlich Hustensaft bekommen würde. In schweren Fällen dürfte man auch ein Antibiotikum verschreiben. Wie ein Neugeborenes bei Atemnot, auch ein Corona-Symptom, behandelt wird, weiß ich nicht. In den Medien heißt es, dass Kleinkinder und Neugeborene nur schwache Symptome des Coronavirus‘ bekommen würden, aber ob und inwieweit das stimmt, ist nicht gesagt. Wir dürfen nicht naiv sein oder gar unvorsichtig werden.
Kann deine Hebamme zu euch nach Hause kommen?
Ja natürlich, meine Hebamme kommt wie gewohnt zu uns und untersucht unsere Tochter. Sie desinfiziert sich bestimmt dreimal die Hände, wenn sie bei uns ist. Das muss sie auch, da Hebammen die Babys anfassen, um sie zu wiegen und den Bauchnabel abbinden sowie kontrollieren zu können.
Wie geht es für euch weiter?
Uns wurde empfohlen, dass niemand von außerhalb unser Baby anfassen sollte, da nie vollkommen sicher ist, wer infiziert ist und wer nicht. Gerade die ersten Wochen sind bei Babys immer kritisch, weil sie zum Beispiel durch die Nahrungsumstellung Gewicht verlieren. Viele Babys haben in dieser Zeit auch mit Gelbsucht zu kämpfen; das Immunsystem muss erstmal in Schwung kommen.
Neugeborene haben in den ersten drei Monaten den Immunschutz der Mutter. Danach wird langsam ein eigenes Immunsystem aufgebaut. Darum ist das Stillen wichtig, denn wenn ich krank werden würde, würde mein Baby frühzeitig die Antikörper, die mein Körper gegen die Krankheit bildet, über die Muttermilch erhalten. Und somit ist es weniger anfällig selbst zu erkranken.
Wir versuchen auch für unseren Sohn einen kinderfreundlichen Alltag zu gestalten, da diese Isolation bzw. Quarantäne für Kleinkinder echt doof ist. Er möchte eigentlich die ganze Zeit nur spielen und auf den Spielplatz gehen. Wie aber erkläre ich ihm diese Situation, ohne dass er Angst bekommt? Es ist momentan einfach eine schwierige Zeit und es wird leider länger so bleiben. Aber sobald auch unsere Tochter mehr in der Welt angekommen und gekräftigt ist, fällt mir eine Last von den Schultern. Dann sind meine Kinder wenigstens etwas sicher – solange wir aufpassen.
von Carlotta Stürken