Knorkator – das sind Alf Ator, Stumpen, Buzz Dee, Rajko und Nicolaj. Sie bezeichnen sich selbst als „Deutschlands meiste Band der Welt“ und kommen aus Berlin. Und obwohl sie seit 25 Jahren im Geschäft sind, bleiben sie häufig unter dem Radar.
Die Musik von Knorkator ist schwer in eine Schublade zu stecken. In den Jahren hat sie sich sehr gewandelt. Anfangs wollte die Band möglichst harten Industrial machen. Dem Keyboarder Alf Ator war es wichtig, dass nicht nur Gitarre dabei ist, sondern auch „wirre Geräusche dazu“. Später hat sich dann herausgestellt, dass die Stimme vom Sänger Stumpen vielseitig einsetzbar ist, auch, weil er unsagbar hoch singen kann. So wurde aus einem anfänglichen Spaßprojekt Ernst und die Bandbreite der Musik ist so weit geworden, „dass ich gar nichts anderes mehr brauche, um mich zu verwirklichen, es geht ja alles.“, erzählt Alf Ator im Interview. Das „Rumnerven auf einem Ton“, der Wechsel zwischen monotonen Klängen mit komplexen Tonfolgen – Knorkator ist „ein bunter Strauß an Melodien“, wie Alf Ator es beschreibt.
Operngesang und Rumgebrülle
Und genau diese Mischung macht Knorkator aus. Selbst hart eingesottene Fans sind sich nicht immer einig: „Jeder hat so seine spezielle Richtung. Einige sagen: der ganze Operngesang nervt, aber wenn wir rumbrüllen ist das richtig schön. Andere sagen: die haben so schöne Melodien die Jungs, die könnten viel öfter im Radio gespielt werden, wenn sie nicht so rumbrüllen würden und so oft Scheiße sagen würden.“
Für die Entstehung dieser diversen Lieder ist Alf Ator zuständig. Er schreibt die Texte und kreiert die Songs als Grundkomposition am Computer. „Das Grundgerüst muss für mich so sein, dass ich der Band das vorspielen kann, ohne mich noch erklären zu müssen.“ Dann gibt jeder Musiker im Studio seinen Senf dazu: „Da geht dann nochmal richtig die Sonne auf!“
Altes neu entdecken
Es finden sich aber auch immer wieder Coversongs auf den Alben, tatsächlich hat Knorkator auch einige Geschichten aus dem Struwwelpeter vertont, denn „der Struwwelpeter ist so krass und aus heutiger Sicht auch so schräg“. Das Covern macht der Band Spaß und es ist eine Disziplin für sich. Es ist reizvoll, den Song in seiner Grundstruktur zu erfassen und ganz anders aufzufassen, als er normalerweise aufgefasst wird: „Die Herausforderung besteht darin, die Rosinen aus dem Stück zu greifen und dann zu gucken: Was mache ich jetzt daraus?“ Manchmal finden in den Covern von Knorkator auch heimlich mehrere Lieder zusammen. Auf dem aktuellen Album zum Beispiel, können geübte Ohren in dem Cover von Ring My Bell von Anita Ward gewohnte Passagen aus Flat Beat von Mr. Oizo erkennen.
„Wir planen nicht, in welcher Richtung wir sein wollen“
Das aktuelle Album „Widerstand ist zwecklos“ schlägt ernstere Töne an als andere Alben. In Liedern wie „Rette sich wer kann“ oder „Untergang“ werden aktuelle Themen und Probleme angesprochen, zum Beispiel mit den Zeilen: „Da vorne is’ ‘n Abgrund, aber is’ ja noch ‘n Stück, Wir könnten auch abbiegen, Tun wir aber nicht“ aus „Rette sich wer kann“. Diese Kritik war aber mehr aus Lust und Laune heraus und kein Plan oder eine neue Richtung für die Zukunft: „Wir planen nicht, in welcher Richtung wir sein wollen. Da wir niemals so einen riesigen Rucksack an Erwartungen seitens der Medien hatten oder so, können wir relativ das machen, was wir wollen.“ – was auch gut geklappt hat. Das Album kommt bei Fans und auch den Medien gut an. Das nächste Album kann aber schon wieder ganz anders aussehen.
„Wir sind ein bisschen weniger matschig geworden“
Genauso vielseitig wie die Alben, sind auch die Live-Auftritte von Knorkator. Keine Tour ist wie die andere, die Band kann ganz abwechslungsreich agieren, denn „aus Pech wurde Glück“, es gab (noch) nie einen „Top 10“-Hit, weshalb die Setlists der Touren immer ganz unterschiedlich sein können. Es gibt keinen „Pflicht“-Song, die Band kann das ganz nach eigenem Befinden und nach dem Feedback der Fans gestalten, was intern zu Diskussionen führt, weil es weh tut, Songs zu streichen, aber am Ende funktioniert es immer gut. „Auf der Tour jetzt sind wir auch sehr glücklich mit der Reihenfolge, das flutscht so dahin!“
Große Showeinlagen kann man bei Knorkator nicht erwarten. Früher haben sie mit Kartoffelbrei geworfen und gehäckseltes Gemüse ins Publikum gefeuert, heute ist das Vergangenheit: „Wir sind ein bisschen weniger matschig geworden.“ Sie konzentrieren sich jetzt auf die Musik und orientieren sich an Kleinigkeiten, der Sänger Stumpen hat hierbei ein gutes Auge für Details und der Band machen kleine Sachen mehr Spaß, als große Effekte mit riesiger Crew: „Man kann das so als kleines Familienunternehmen weiterführen.“ Die Show ist auf Wirkung bedacht: „Manchmal hat man auch Spaß an der Mickrigkeit. Wenn etwas erbärmlich ist, kann das auch, gerade für uns, sehr unterhaltsam sein.“ Stumpen reicht als Showeinlage allerdings schon fast aus. Er ist vor allem bekannt für waghalsige Sprünge aus großer Höhe ins Publikum und setzt seine Gesundheit regelmäßig aufs Spiel: „Der ist die halbe Miete. Er ist ein Mensch des Augenblicks und spätestens in der Show fällt ihm was ein. Eigentlich muss man nur die Leine los machen und dann rennt er rum und bellt.“
Es ist kein Ende in Sicht
Die aktuelle Tour „Zweck ist widerstandslos“ endet im April. Im Sommer folgen etliche Festivaltermine und auch weiter in die Zukunft gesehen ist kein Ende in Sicht: „Eben hat meine Managerin mir gesagt, sie möchte Ende des Jahres anfangen zu buchen für die nächste Tour.“
von Merle Oßmer