Durch die Corona-Pandemie haben noch alle Filmhäuser geschlossen und die Autokinos erleben eine Renaissance. Sie schießen überall aus dem Boden. Denn auch Netflix und Amazon Prime haben nicht alle neuen Blockbuster und manche Filme brauchen die große Leinwand. Aber ist ein Autokino wirklich eine Alternative oder nur ein lustiger Gag?
Damit ein entspannter Kinoabend auch in Zeiten von Corona und Hygienemaßnahmen funktioniert, wurde das XXL Autokino auf der Bürgerweide eröffnet. Es bietet eine 35 Meter lange Leinwand und Platz für 650 Autos. Nachmittags gibt es auf einer kleineren LED-Leinwand Kinderfilme und abends auf einer größeren Leinwand dann Blockbuster wie Joker oder Django Unchained. Der Ticketverkauf findet online statt. Man bezahlt einen Autoplatz, bei dem der Fahrer schon enthalten ist. Für jeden Mitfahrer werden extra Karten bezahlt. Der Fahrer und das Auto kosten 14 Euro, ein Beifahrer kostet 8 Euro und ein Rückbankticket kostet 6 Euro. Und die berühmten Kino-Snacks wie Popcorn und Nachos gibt es natürlich auch. Entweder kauft man diese gleich mit den Tickets mit und man bekommt sie dann bei der Veranstaltung ausgehändigt, oder man bestellt vor Ort via WhatsApp und die Bestellung wird zum Auto geliefert. Alles ganz einfach und unkompliziert.
Lieber eine halbe Stunde vorher da sein
Vor Ort wird man dann einem Stellplatz zugewiesen. Hier gilt das Prinzip: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die Reihen werden nacheinander gefüllt und obwohl die Leinwand wirklich enorm groß ist, wirkt sie dann doch schnell zu klein, wenn man nicht rechtzeitig da ist und in den hinteren Reihen steht. Für den Ton ist es allerdings egal, ob man vorne oder hinten einen Platz hat, der kommt nämlich aus dem eigenen Autoradio. Dafür stellt man eine Frequenz ein, die auf der Leinwand angezeigt und worüber dann die Tonspur übertragen wird.Das funktioniert tatsächlich ziemlich gut, es gibt keinen Delay und der Sound ist so sogar besser als in manchen Kinos.
Sehr späte Vorstellungen mit Heimkino-Feeling
Die Vorstellungen abends beginnen erst um 21.45 Uhr, weil es sonst noch zu hell ist. Und selbst um diese späte Zeit war es noch nicht ganz dunkel, als wir auf der Bürgerweide den Film 1917 gucken wollten. Der Film startete also noch ein paar Minuten später und endete erst nach Mitternacht, was unter der Woche schon ziemlich anstrengend ist.
Das Filmerlebnis an sich ist ziemlich entspannt, denn man ist ja unter sich. Wir konnten mit Tüten knistern, normal miteinander reden, lachen und auch den Ton so justieren wie wir es wollten. Es ist eher ein Heimkino-Feeling, wenn man sich in Jogginghose die Lehne nach hinten stellt, im Liegen Popcorn snackt und der Hund auch noch mitgenommen werden darf.
Securities mit Adleraugen
Aber es gibt natürlich auch Regeln, die eingehalten werden müssen. Man darf nicht aussteigen, die Türen dürfen nicht auf sein, man darf nur im Auto rauchen und das Licht muss natürlich aus sein. Bei denjenigen wodas Standlicht nicht ausgeht, kommenAbdeckungen auf die Scheinwerfer.
Bereits kurz nach Start des Films hatten wir das Problem, dass alle Scheiben langsam aber sicher beschlugen. Ein Fenster machten wir einen Spalt weit auf, was aber leider nicht reichte. Wir mussten dann die Tür einen Spalt auf lassen, was uns ausnahmsweise erlaubt wurde, da wir für alles andere den Motor hätten anmachen müssen – was natürlich auch verboten ist. Es wurden dann immer mehr Türen verstohlen geöffnet. Und da muss man auch wirklich vorsichtig sein, denn obwohl es ja dann schon dunkel war, waren die Security auf Zack und haben alles gesehen, was den Abend irgendwie gefährden könnte.
Viele Ablenkungen
Der Film selbst konnte nicht so wirken wie in einem klassischen Kinosaal, weil dann doch zu viel drum herum passiert ist. Immer wieder sind hektisch Securities mit neuen Abdeckungen zu Scheinwerfern gelaufen, andere Zuschauer haben versucht halb unterm Auto versteckt doch draußen zu rauchen, es ist ein Krankenwagen mit Sirene und Blaulicht vorbei gefahren und ab und zu ist jemand zu den Toiletten gejoggt.
Autokino macht auf jeden Fall Spaß und wenn man sich an die Atmosphäre gewöhnt hat, kann man sich auch auf den Film einlassen und auf seine ganz individuelle Art genießen. Das Autokino kann eine gute Alternative bieten, wenn man die Umgebungsreize ausblendet und es sich gemütlich macht.
von Merle Oßmer
KROSSE-TIPP:
Ihr möchtet mehr über die Geschichte des Autokinos erfahren? Unser Reporter Kai hat sich für euch auf Spurensuche begeben und erzählt schon im nächsten Artikel mehr über das “Phänomen” Autokino!
Titelbild: Carlotta Stürken