Weihnachten – ein weltweit zelebriertes Fest. Der Anlass wird jedoch vielfältig interpretiert. Die Feiertage werden individuell gestaltet. Zwei Weihnachtsgeschichten, die vielleicht etwas anders sind…
Worum ging es an Weihnachten nochmal?
Pastor R. Weber feiert Weihnachten sicherlich des Öfteren anders als andere Menschen. Letztes Jahr zum Beispiel, da war er nicht zu Hause. Stattdessen verbrachte er die Weihnachtstage größtenteils bei einer Familie, deren Sohn 2011 auf tragische Weise verstorben war. Er war ihr Seelsorger und blieb eben auch an Weihnachten. Das ist seine Aufgabe – für Menschen da sein und sich um sie kümmern. Dafür hat er sich vor vielen Jahren entschieden. Weihnachten feiern mit Menschen, die in Not geraten sind – sich mit den unschönen Seiten des Lebens auseinander setzen, wenn es doch eine ruhige und schöne Zeit sein sollte. Auch wenn‘s dafür öfter mal Knatsch mit der eigenen Familie gibt – gerade als die Kinder noch klein waren, war es doch schwer zu erklären, warum der Vater nicht da ist oder fremde Menschen mit am Tisch sitzen. Aber natürlich geht es an Weihnachten auch ein wenig um Geschenke. Unter Webers Weihnachtsbaum liegt dieses Jahr ein iPad – ab und zu muss Nächstenliebe auch belohnt werden.
Lisa-Marie Siewert
„Und wie feierst du so?“
In der Vorweihnachtszeit werde ich oft gefragt, wie das bei mir „so“ ist. So mit Weihnachten. Mit leichter Besorgnis in der Stimme wird häufig noch hinzugefügt: „Feiert ihr Weihnachten gar nicht?“ – Doch! Natürlich feiern wir. Nur vielleicht ein bisschen anders. Wir, das sind meine Familie – Mama aus Deutschland, Papa aus Afghanistan, drei Schwestern – und ich. Eine Konstellation, in der Weihnachten in Frage gestellt werden muss? Für uns nicht! Bei uns werden sowohl die christlichen als auch die muslimischen Feste gefeiert – auch Weihnachten. Nur steht bei uns an Weihnachten nicht der religiöse Aspekt im Vordergrund, sondern die Geste des „Schenkens“. Für uns ist Weihnachten eine Gelegenheit, mit der Familie zusammen zu kommen, zu essen und zu lachen, zusammen Zeit zu verbringen. Auch der Weihnachtsbaum fehlt natürlich nicht. Mein kitsch-liebender Vater ist vom Weihnachtsbaum als Deko für’s Wohnzimmer fasziniert… zum Leidwesen meiner Mutter, die aufpassen muss, dass Lametta, Kunstschnee und Glitzerkugeln sich in Grenzen halten. Beim Essen darf dann aber auch mein Vater zeigen was er kann. Während es Heiligabend traditionell Ente mit Rotkohl bei uns gibt, schwingt mein Vater am 1. Weihnachtstag den Kochlöffel und zaubert Mantu und Kabuli, zwei Gerichte aus seiner Heimat. Der Abend endet mit einem Innehalten und dem Bewusstsein darüber, dass es nicht jedem so gut geht wie uns. Mein Vater legt Wert darauf, dass wir zusammen überlegen, an wen wir ein bisschen Freude abgeben können – wem wir etwas spenden wollen. Besonders bei diesem Thema kommen christliche und muslimische Gedanken zusammen und es geht nicht mehr um Unterschiede, sondern um Gemeinsamkeiten.
Julia Deldar
Bildquelle: filedump (flickr.com)