Das Corona-Virus hält die Welt in Atem und verbreitet sich auf allen Ebenen der Gesellschaft. Trotzdem können wir auch Gutes aus der Krise ziehen. Für uns selbst, aber vor allem auch für unsere Gemeinschaft. Ein Kommentar über Nachsicht, Familie und den Wert der Freiheit.
Eine Sache vorab: Die aktuelle Situation kann und soll in keiner Weise verherrlicht werden. Menschen sterben, die Wirtschaft bricht ein, das Gesundheitssystem läuft Gefahr, überlastet zu werden. Wir Menschen hätten ganz klar weniger Probleme, wenn dieses Virus nicht existieren würde. Es soll auch nicht darum gehen, das für manche Menschen entspannte Arbeiten im Homeoffice zu verherrlichen, denn dieses Privileg hat nicht jeder. Es steht aber auch fest, dass uns dieses Virus noch eine ganze Zeit begleiten wird. Es bleibt uns also keine Alternative, als bestmöglich mit der Lage umzugehen und aus ihr zu lernen.
Nachsicht und Abstand halten
Eine Situation, die vermutlich jeder aus der „Prä-Coronazeit“ kennt: Man steht im Supermarkt an der Kasse und die nächste Person in der Schlange kommt einem ziemlich nahe. Gar nicht mit böser Absicht, sondern einfach nur, weil ihr vielleicht in diesem Moment die Sensibilität für einen als angenehm empfundenen Abstand fehlt. Die aktuelle Lage kann uns alle lehren, ein besseres Gespür für diese Sensibilität zu entwickeln und auch weiterhin Abstand zu halten. Dieser hilft nicht nur, die Verbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, sondern schützt auch vor anderen übertragbaren Krankheiten, wie zum Beispiel der Grippe.
Auf unsere und die Gesundheit anderer achten
Mit der Nachsicht und Abstand halten geht auch folgendes einher: Nie zuvor haben Menschen so sehr auf ihre Gesundheit geachtet, wie in diesen Tagen. Der Mundschutz beim Einkauf, das Niesen in die Armbeuge oder auch das simple Bewusstmachen, dass es mehr als ein paar Sekunden braucht, sich gründlich die Hände zu waschen. Und an diesem Punkt hört es nicht auf: Durch die Entschleunigung der Gesellschaft sind wir teilweise in der Lage, uns auf die Bedürfnisse und Sorgen unseres Körpers einzulassen, die vielleicht ansonsten durch Stress und Konsum überdeckt worden wären. Diese Sorgfalt mit der eigenen Gesundheit, sollte auch nach Corona in ähnlich großen Ausmaßen gelebt werden.
Freundschaften und Familie wertschätzen
Dazu zählen auch Dinge, die weniger mit uns selbst, als mit anderen zu tun haben. Der Stress in der Uni oder im Job treibt viele des Öfteren dazu, ein geplantes Treffen abzusagen. Ob mit einem Freund, mit einer Freundin oder mit einem Familienmitglied: In der Regel wird einem so etwas nicht böse genommen. Bindungen werden dadurch aber nicht gestärkt. In der jetzigen Zeit, welche von „Social Distancing“ geprägt ist, wird einem vielleicht die ein oder andere überflüssige Absage wieder etwas mehr bewusst. Nicht umsonst boomen Kommunikationssysteme mit Videokonferenzen wie Skype, Zoom oder FaceTime zurzeit auch außerhalb von geschäftlichen Nutzungen. Die Familie wiedersehen oder sich abends gemütlich mit Freunden unterhalten, sollte wieder mehr in den Fokus gerückt werden.
Den Wert unserer Freiheit erkennen
Der vorangegangene Punkt hat es schon angedeutet: Die Freiheit, jede Person jederzeit besuchen zu können und sich frei bewegen zu können sind Privilegien, die leider nicht jeder Mensch auf der Welt genießen kann. Wir haben das Glück in einem Land zu leben, in dem gesellschaftlicher Fortschritt und Demokratie lange schon als selbstverständlich gelten. Die Einschränkungen, die die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus mit sich bringen schränken unsere Rechte teilweise sehr stark ein. Das Kontaktverbot beispielsweise erlaubt uns nicht, sich mit mehr als einer Person zu treffen. Fitnessstudios sind geschlossen. Gaststätten und Kneipen sind nur sehr begrenzt in der Lage, Dienstleistungen anzubieten. Auch Einzelhändler sind stark eingeschränkt. Dass solche Ausmaße überhaupt möglich sind, hätten wir uns vor Covid-19 nicht einmal vorstellen können.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Es ist jedoch genau diese Situation, die dafür sorgt, dass wir uns wieder auf das besinnen, was uns ausmacht: Menschlichkeit und Zusammenhalt. Viele, sogenannte „systemrelevante Berufe“ wie KrankenpflegerInnen, VerkäuferInnen und viele weitere, erfahren gerade dieser Tage eine große Unterstützung aus der Bevölkerung. Uns wird vor Augen geführt, dass nicht nur die großen Unternehmen eine Gesellschaft am Laufen halten, sondern jeder einzelne Mensch wichtig ist. Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass hinter jedem Mitarbeiter der Müllabfuhr, hinter jedem Mitarbeiter in der Gastronomie und hinter jedem Busfahrer ein Mensch steckt. Jeder von ihnen muss mit dem gebührenden Respekt behandelt werden. Diese Erkenntnis müssen wir in eine Zeit nach dem Corona-Virus mitnehmen – und diese Zeit wird es geben.
von Florian Steverding
Bild: Florian Steverding