In einem Monat stehen in Bremen und Bremerhaven die Landtagswahlen an. Und es stellt sich einmal mehr die Frage, was die Parteien gegen den Klimawandel tun wollen und welchen Stellenwert Umweltfragen für sie haben. Krosse geht dem nach und bietet Euch einen Einblick in die Wahlprogramme der bremischen Parteien.
Manche dürfen zum ersten Mal wählen, entweder weil sie nun mit 16 Jahren alt genug oder weil sie als Student:innen neu in Bremen sind. Auch für mich ist es die erste Landtagswahl im kleinsten Bundesland Deutschlands. Falls ihr euch noch nicht ganz sicher seid, wo ihr am 14. Mai euer Kreuz machen sollt, gibt euch Krosse einen Einblick, wie sich die einzelnen Parteien beim Thema Umwelt und Klima positionieren und was dahingehend ihre politischen Pläne für die neue Legislaturperiode sind.
Wie funktioniert das Wählen in Bremen?
Um sicherzugehen, dass eure Stimme auch wie gewollt ins Gewicht fallen kann, hier eine kurze Einführung in das Wahlsystem Bremens. Wie auf Bundesebene existiert eine personalisierte Verhältniswahl. In Bremen hat jede:r Wahlberechtigte:r pro Wahlakt fünf Stimmen, die alle gleich gewichtet werden. Man kann seine Stimmen entweder einzelnen Kandidat:innen oder auch einem Wahlvorschlag geben. Dabei gibt es die Möglichkeit, die fünf Stimmen beliebig zu verteilen oder auch alle an eine:n Kandidat:in zu vergeben.
4 Jahre rot-rot-grüne Koalition
Ein kurzer Rückblick auf die vergangene Legislaturperiode für all diejenigen, die wie ich Neubremer:innen sind. Bremen ist das einzige Bundesland in Deutschland, das sein Parlament alle vier Jahre wählen lässt. Dies ist ansonsten nur auf Bundesebene der Fall, alle anderen Länderparlamente werden für fünf Jahre bestimmt. Historisch gesehen ist Bremen seit seiner (Neu)Gründung 1947 fest in sozialdemokratischer Hand, die SPD ist stets stärkste Kraft geworden. Im Jahr 2019 ist dann erstmals die CDU als Sieger aus der Wahl hervorgegangen. Trotz dessen hat sich eine rot-rot-grüne Koalition unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Andreas Bovenschulte gebildet. In der Bürgerschaft vertreten sind aktuell die SPD, die CDU, Die Linke, B90/Die Grünen, die FDP und eine Gruppe einzelner Abgeordneter der zerbrochenen AfD-Fraktion.
Umwelt & Klima in den Wahlprogrammen der Bürgerschaftsfraktionen
Um den aktuellen Entwicklungen rund um die „Letzte Generation“, Lützerath und „Fridays for Future“ Rechnung zu tragen, hat Krosse sich die umfangreichen Wahlprogramme der einzelnen Parteien mal genauer angeschaut und stellt euch die interessantesten Punkte rund um Umwelt & Klima vor.
Unter dem Stichwort „Was die Erde von uns braucht“ wird im Wahlprogramm der Grünen Klimaneutralität bis 2038 als oberstes Ziel geführt. Erreichen will man das durch weitere Investitionen in den Klimaschutz mithilfe von neuen Krediten. Mit einem Landeswärmegesetz soll auf Basis von Fernwärme und Wärmepumpen nachhaltige Wärmeerzeugung gefördert werden. Der Energieverbrauch wiederum soll durch eine Sanierungsoffensive gesenkt und die Windenergie ausgebaut werden. Besonders das Tempo der Umsetzung soll durch eine Stärkung der Verwaltung erhöht werden. In der Stadt strebt man eine Klimaneutralität aller öffentlichen Gebäude bis 2035 an. Zudem müsse man die städtischen Grünflächen ausbauen und mehr Bäume pflanzen. Mithilfe eines nächtlichen Tempolimits und einer konsequenten Einhaltung der Nachtruhe am Flughafen will man sowohl den Lärmpegel senken als auch die Luftqualität erhöhen. Verpflichtend sollen die Biotonne und eine Kampagne zur besseren Mülltrennung eingeführt werden. Die Natur im Umland und insbesondere das Moor sollen verstärkt geschützt und die Deiche ausgebaut werden. Die Grünen planen auch eine Stärkung des hiesigen Tierheims, Schutz von Wildtieren und Insekten sowie die Beendigung von Tierversuchen, insbesondere an der Uni. Außerdem setzt man auf eine regionale und nachhaltige Landwirtschaft und auf gesunde Lebensmittel zu fairen Preisen. Weitere Ziele sind eine grüne Industrie- und feministische Wirtschaftspolitik, eine digitale Transformation in den ansässigen Unternehmen sowie nachhaltiger Tourismus.
Im Programm der SPD geht es unter dem Motto „Klimaschutz ist Querschnittsaufgabe“ um den Kampf gegen den Klimawandel, den die Partei ebenfalls als größte Aufgabe ansieht. Der Fokus soll hierbei auf wirksame Methoden zur CO2-Einsparung gelegt werden. Gleichzeitig müsse man die Kosten der Klimawende gerecht verteilen und mit dem sozialen Gedanken vereinbaren. Klimaschutz und Klimawende werden gleichzeitig auch als Chance zur Modernisierung, wirtschaftliche Weiterentwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Attraktivitätssteigerung von Bremen & Bremerhaven angesehen. Unter anderem soll das Stahlwerk mithilfe von grünem Wasserstoff auf eine CO2-freie Produktionsweise umgestellt werden. Der Energiebedarf privater Häuser soll gesenkt und erneuerbare Energien gefördert werden, dafür ist ein energetisches Sanierungsprogramm notwendig. Auch die öffentlichen Gebäude möchte man klimaneutral umrüsten und alle Neubauten mit Photovoltaik ausstatten. Für die Innenstadt ist geplant, Grün- und Wasserflächen zu erhalten sowie naturnahe Spielplätze zu schaffen, auch Dächer und Fassaden sollen begrünt werden. Durch Modellprojekte möchte man zudem die Kreislaufwirtschaft voranbringen. Dies soll beispielsweise durch Mehrwegsysteme, Reparaturcafés und „Urban Gardening“ gelingen. Bezüglich der Verkehrswende strebt die SPD einen Ausbau der Radwege, der Ladeinfrastruktur für Elektroautos sowie des ÖPNV, der zugleich kostenfrei sein soll, an.
„Verkehr neu denken“, gemäß diesem Wahlspruch sieht Die Linke insbesondere die Verkehrswende als essenziell an, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Ihnen ist es wichtig, dass der Umstieg sozial gerecht gestaltet wird. Hierfür sehen sie einen ticketfreien ÖPNV im Stadtgebiet, ein umfassenderes BSAG-Angebot und den Ausbau des Fährangebots auf der Weser vor. Auch die gesetzliche Stärkung der „schwächeren“ Verkehrsteilnehmer:innen gegenüber Autofahrer:innen soll gewährleistet werden. Unter anderem möchte man Tempo 30 innerorts zur Reduktion von Lärm, Emissionen und Unfällen durchsetzen. Weitere Punkte betreffen ein Mehr an Grünflächen und Spielplätzen, im Gegenzug sollen städtische Parkplätze weichen.
Auch die Elektromobilität sowie Car-& Bikesharing sollen gefördert werden.
Die CDU will laut des Kapitels „Klima, Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit“ ihres Wahlprogramms die Energie- und Wärmewende in allen Bereichen vorantreiben, um die Klimaziele einzuhalten. Hierbei soll insbesondere auf Solar- und Windenergie gesetzt werden. All das müsse aber sozialverträglich und bezahlbar sein, was wiederum durch Bezuschussungen gewährleistet werden soll. Zudem brauche man energetische Standards und einen Abbau von Bürokratie in diesem Bereich. Die grüne Wasserstoffwirtschaft soll ausgebaut und die Forschung in diesem Bereich vorangetrieben werden. Mit Blick auf sogenannte „klimaschutzrelevante“ Berufe soll ein Klima-Campus als Ausbildungszentrum eröffnet werden. Der Deichschutz soll ausgebaut, Grünanlagen aufgeforstet, Dächer und Fassaden begrünt werden. Im Gegenzug will man die Zahl der Schottergärten reduzieren. Die Umwelt soll vor invasiven
Pflanzen und Tieren geschützt, im städtischen Areal die Population von Tauben mithilfe von Tauben-Hotels kontrolliert werden. Außerdem möchte man die Landwirtschaft unterstützen und zusammen mit der Tafel der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken. Auch gesunde Ernährung will man fördern, das „Vorschreiben“ einer vollständig pflanzenbasierten Ernährung lehnt man allerdings ab. Die Nutzungsdauer von Konsumgütern wie technischen Geräten und Textilien soll mithilfe von Repair-Cafés, Fahrradstationen und Handwerksbetrieben verlängert werden.
Die FDP strebt im Bereich „Umwelt und Nachhaltigkeit“ das in Einklang bringen von prosperierender Wirtschaft und Umweltschutz an. Letzterer dürfe aber nicht zu ideologiebasiert sein, dies habe eine Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung zur Folge. Emissionen möchte man mithilfe von Wirtschaftsverkehrsstraßen und Stauvermeidung reduzieren. ÖPNV, motorisierter Individual- sowie Rad- und Fußgängerverkehr sollen Hand in Hand gehen. Im städtischen Bereich unterstützt man Projekte zur Renaturierung, Dachbegrünung und “Urban Gardening“. Zudem will man sich dafür einsetzen, dass Bremen und Bremerhaven Modellregionen für „Urbane Mobilität“ werden. Des Weiteren plant die Partei die Einrichtung eines Umwelt- & Nachhaltigkeitsressort im Senat, welches sich unter anderem mit nachhaltiger Finanz-, Verkehrs-, Bildungs-, Gesundheits- und Energiepolitik befassen soll. Weitere wichtige Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung seien die Digitalisierung sowie Investitionen in moderne Infrastrukturen.
Mir hat diese Recherche definitiv geholfen, um bei meiner persönlichen BürgerschaftswahlPremiere eine Entscheidung zu treffen. Ich hoffe, ich konnte euch ebenfalls einen guten Einblick verschaffen und euch Infos an die Hand geben, um eure Stimme bei der Wahl einzusetzen.
Von Marcie Bröcker
Weitere Informationen zu den Wahlprogrammen der Parteien:
https://www.linksfraktion-bremen.de/themen/positionspapiere/detail-neu/verkehr-neu-denken/
https://www.cdu-bremen.de/news/frank-imhoff-und-wiebke-winter-stellen-regierungsprogramm-vor