„Auf geht’s, ab geht’s, drei Tage wach.“ Die Niederländer scheinen sich diesen Party-Evergreen von Lutzenkirchen zu ihrem Motto für das Vierdaagsefeesten in Nijmegen gemacht zu haben. Nur, dass sie noch einen drauf setzen. Über ein Volksfest, das eine ganze Stadt fest in seinem Griff hat.
Nijmegen, Niederlande. Obwohl man sich nur wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze befindet, taucht man in eine andere Welt ein. Ein Welt gefüllt mit einer lustigen fantasievollen Sprache – snackwagenhuren: ein Imbiss-Wagen dessen Verleih beworben werden sollte – unfassbar freundlichen Menschen, die einem zur gewonnenen WM gratulieren und etwas seltsam anmutenden Regelungen à la “Man darf öffentlich keinen Alkohol trinken”. Während eines Festivals? Interessiert letztendlich dann doch keinen. Diese Stadt, dieser magische Ort, eingetaucht in Farben und Klänge, die einen schon von Weitem erahnen lassen, dass man hier eine gute Zeit haben wird.
Der Marsch
Vierdaagsefeesten. Sperriges Wort möchte man meinen. Die deutsche Übersetzung macht es nicht grade besser: Vier-Tage-Feierlichkeiten. Ich bin kein Niederländisch-Experte, aber ich denke, dass es das ungefähr treffen müsste. Doch was feiern die Niederländer da eigentlich so ausgiebig?
Na klar, den Vierdaagse. Logisch? Nein. Das ist der Vier-Tages-Marsch. Ein Klassiker seit 1909. Das größte mehrtägige „Walk-Ereignis“ der Welt. Mit rund 46.000 registrierten Teilnehmern in diesem Jahr, die alle je nach Route 30 bis 50 km täglich zurücklegen – zu Fuß. Wow! Klar, dass das gefeiert werden muss.
Das Fest
Während dieser Zeit – die Party geht noch über die vier Tage hinaus – gleicht diese mittelgroße Hansestadt einem gigantischen Freizeitpark. Überall sind Buden und Bühnen aufgestellt. Die Jahrmarkt-Geschäfte mit ihren Schaustellern wirken grade zu überzeichnet und bieten einem das Bild, was wir Deutschen von den Holländern so gerne pflegen. Junge „schlacksige“ Typen mit Bauchtaschen, die auch als „Muschitaschen“ bekannt sind, und etwas prolliger Kleidung preisen ihre Fahrgeschäfte, Wett- und Wurfbuden an.
Dies alles spielt sich vor der herrlichen Kulisse des Rheins ab. Es ist der perfekte Ort, um sommerliche Tage mit anderen gut gelaunten Menschen zu verbringen, dabei ein, zwei Bier oder Cocktails zu trinken und den Klängen der Musik zu lauschen sowie das geschäftige Treiben zu beobachten.
So ein Tag bringt Hunger und deshalb ist man froh eine Auswahl an Snackwagen zu finden, die sich nicht als einfallslose Wurst-, stinkendes-Bratfett-schon-zum-zehnten-Mal-erhitzte Pommes-Buden und Süßigkeiten-Stände entpuppen, sondern hipp sind und einfach voll im Trend liegen. Ein Pommes-Wagen im Retro-Look. Eine Mojito-Bar, deren Keeper-Duo viel mehr damit beschäftigt ist, im Elvis-Presley-Stil zu singen und Gitarre zu spielen, als Getränke bereitzustellen. Und eine Vielzahl anderer Menschen, die live grillen, vegetarisch kochen und vor allem die ganzen Köstlichkeiten verzehren.
So vergeht der Tag mit einem Kasten Bier am Fluss, fast genauso wie zuhause an der Weser, nur irgendwie doch noch entspannter – ist ja Urlaub.
Das Festival
Abends, wenn es langsam dunkel wird, geht’s dann erst richtig los. Dann versammeln sich immer mehr Menschen vor den Bühnen, auf denen so ziemlich alles zum Besten gegeben wird, was die aktuelle und vergangene Musikwelt zu bieten hat. Das Schöne: Man kann einfach zur nächsten Bühne ziehen, wenn einem die Musik nicht gefällt. Uns gefiel sie, wir blieben bei der Valkhof-Bühne, die direkt am gleichnamigen, schönen Park angrenzt und auf der anderen Seite mit Blick auf den nächtlichen Rhein glänzen kann. Gespielt wurde Dubstep unter anderem von „Hi5Ghost“, einem Künstler von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Doch es hat sich gelohnt.
Die eingefleischten Fans vorne, direkt vor der Bühne. Die interessierten dahinter. Und die zufälligen Zuhörer noch weiter hinten. Selten erlebt man ein solch harmonisches Miteinander und eine so lockere Stimmung. Keine pöbelnden Besoffenen, keine Aggressionen. Sondern Feiern, Musik hören und Tanzen. Im nächsten Jahr heißt es dann vom 18. bis zum 24. Juli wieder „Auf geht’s, ab geht’s, vier Tage wach“. Und das Beste ist, es kostet nichts.
Mehr Informationen inklusive einem Counter zum Vierdaagsefeesten 2015 findet Ihr auch auf der offiziellen Seite und auf Twitter
Lukas Lorenz