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They shall not grow old – Der Erste Weltkrieg in Ton und in Farbe

4. November 2019

„They shall not grow old“ ist eine Dokumentation des Produzenten Peter Jackson und handelt von dem Ersten Weltkrieg. Er wird durch die Augen britischer Soldaten erzählt und erweckt diese durch modernste Filmtechnik zum Leben. Die erzählten Geschehnisse auf dem Schlachtfeld ereignen sich von Beginn des Krieges bis hin zum Waffenstillstand 1918 und wirken so nah und real wie noch nie zuvor.

Peter Jackson feiert mit „They shall not grow old“ sein Doku-Debüt. Der Film gilt als gelungene Hommage an die Opfer des Krieges und bekommt viel Anerkennung, was wohl vor allem an dem großen technischen Aufwand liegt, den Jackson in den Film gesteckt hat. Er hat Originalaufnahmen koloriert, sie geschärft, in 3D konvertiert und mit Tonspuren unterlegt. Für das Voice-Over wurden Lippenleser beauftragt, um herauszufinden, was die Männer in den Original-Filmen wirklich sagen. So konnten real geführte Gespräche rekonstruiert werden, die dann von Schauspielern eingesprochen wurden. Menschen und Szenen des Films wirken so sehr viel näher und realer, als bei stummen, Charlie Chaplin artigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Geschichten aus dem Schützengraben

Die Dokumentation beginnt mit Erzählungen von den Kriegsvorbereitungen und zeigt noch unbearbeitete Aufnahmen in Schwarz-Weiß, die dann in das kolorierte Material übergehen. Verschiedene ehemalige britische Soldaten erzählen von ihren Erlebnissen an der Front, von Kämpfen in den Gräben, aber auch von alltäglichen Situationen zwischen den Schlachten, wenn die Soldaten sich mit Musik und Spielen von dem Krieg ablenken. Der Film begleitet sie von England nach Belgien, wo die Soldaten sich in Schützengräben zwischen Ratten und Senfgas wiederfinden. Die anfängliche kindliche Aufregung der jungen Männer weicht nun der nüchternen Erkenntnis, wie Krieg wirklich aussieht. Durch die restaurierten Videoaufnahmen teilt der Zuschauer dieses Gefühl mit den erzählenden Stimmen, die über 100 Kriegsveteranen gehören, deren Beiträge Peter Jackson aus einer BBC-Doku aus den Sechzigerjahren übernommen hat.

They shall not get too emotional

Die Trailer und Kritiken versprachen ein Meisterwerk mit emotionalem Feuerwerk, vor allem begründet mit der komplexen Restaurierung der Aufnahmen. Leider bleibt das emotionale Feuerwerk eher auf dem Level einer einzelnen Wunderkerze. Peter Jackson präsentiert restaurierte Archivaufnahmen gespickt mit Stimmen von Kriegsveteranen aus einer alten Dokumentation. Er konnte in seinem Dokumentarfilm machen was er wollte, solange er ausschließlich das ihm zur Verfügung gestellte Archivmaterial benutzte. So wirkt der Film an manchen Stellen wie ein Puzzle. Die Protagonisten werden zu Beginn mit bestimmten Soldaten aus den Aufnahmen durch Close-Ups in Verbindung gebracht, allerdings trägt sich diese Verbindung nicht durch den Film, wodurch sich aufkeimende Emotionen in leichte Verwirrung wandeln. Außerdem recycelt der Film einige Szenen und spielt sie an verschiedenen Stellen immer wieder ein, was die Atmosphäre etwas ernüchtert. Die gesichtslosen Stimmen berichten sehr glatt und sachlich von ihren Erlebnissen und lassen ihre Gefühlswelt dabei aus dem Spiel. Selbst wenn das Material Gefühle wecken könnte, verzichtet der Film auf Tränen. An einer Stelle erzählt einer der Veteranen davon, wie er einen sterbenden Kameraden erschießen musste, allerdings werden die sich ankündigenden Emotionen durch einen scharfen Schnitt mitten im ersten Schluchzen vertrieben. Die schlimmen Geschichten von Tod, Krankheit und Angst, aber auch die Geschichten von Freundschaft und Hoffnung bleiben unter ihren Möglichkeiten.

Eine Reise in die Vergangenheit

Trotz der Nüchternheit begeistert die Dokumentation mit ihrer unglaublichen Technik und Nähe zu den Soldaten. Peter Jackson zeigt, wozu Filmtechnik mittlerweile in der Lage ist. Er holt die Männer in die Gegenwart, gibt ihnen eine Stimme und Menschlichkeit. Die Bilder für sich genommen haben schon eine gewaltige Kraft und machen den Ersten Weltkrieg zu einem greifbaren Ereignis. Die Brutalität und rohe Gewalt bekommen durch die Bearbeitung eine bedrückende Realität, was noch untermalt wird von den Erzählungen aus erster Hand. Man fühlt sich den Soldaten nah und bekommt eine Ahnung davon, wie tief traumatisierend und schwer die vier Jahre Krieg gewesen sein müssen. Auch ohne große Wellen von Emotionen schafft die Dokumentation ein Verständnis für die Soldaten dieser Zeit, was distanziertere Dokumentationen oder Geschichtsbücher nicht erreichen können.

„They shall not grow old“ ist kein Film, der die historischen Ereignisse des Ersten Weltkrieges chronologisch wiedergibt und erklärt. Peter Jackson hat eine persönliche Dokumentation erschaffen, die das Leben an der Front zeigen will. Er hat nicht nur Gandalf und Frodo zum Leben erweckt, sondern auch die britischen Soldaten zurück in unsere Realität geführt.

von Merle Oßmer

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