Maike Schaefer (Bündnis 90/Die Grünen) ergreift als Biologin mit politischem Kampfgeist Partei für den Umweltschutz und die kommende Generation. Nach dem Abgang von Karo Linnert leitet sie die Partei in eine neue, abermals “urgrüne“ Richtung der Politik.
Die Hände wurden geschüttelt, die Getränke eingegossen. Maike Schaefer ist scharf darauf, endlich über Inhalte zu reden. Der Wahlkampf scheint anstrengend zu sein, jedoch wirft sich Schaefer freudig in jedes Thema, das wir an diesem Morgen in der Cafeteria der Bremer Bürgerschaft aufbringen.
Erstmal herzlichen Glückwunsch von uns zur Wahl als Spitzenkandidatin. Die Bürgerschaftswahlen rücken immer näher. Haben Sie mit dem Wahlergebnis gerechnet – und auch damit, dass Sie Karoline Linnert übertreffen würden?
Nein, das konnte man gar nicht sehen. Klar, habe ich mich der Urwahl gestellt. Setzt man
weiter auf Finanzpolitik, oder setzt man in Zukunft wieder auf Klimaschutz und
Umweltpolitik? Und das hat die Grünen-Mitglieder am Ende zu einer Entscheidung bewogen.
Und diese Entscheidung ist dann für Erneuerungen, einen Generationswechsel, und auch eine
Rückbesinnung auf unsere Kernthemen, ausgefallen. Die Partei war vorher eher gespalten.
Und dadurch, dass es jetzt einen urdemokratischen Prozess gab, war das jetzt ein
superdemokratisches Ergebnis. Das hat die Partei zusammengekettet, eine klare
demokratische Entscheidung.
Was für Ziele und Veränderungen würden Sie sich denn erhoffen, wenn Sie in der kommenden Bürgerschaftswahl gewählt werden?
Ganz sicherlich mehr Power in Sachen Klimaschutz und Umweltschutz. Wir finden ja, dass
Klimawandel eins der wirklichen größten globalen Probleme ist. Jetzt geht es darum, wirklich
konsequent zu handeln. Wir wollen, dass in Bremen bis 2023 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen.
Wir wollen eine echte Verkehrswende, also eine autofreie Innenstadt bis 2030. Den ÖPNV
und Fahrradverkehr stärken, Car-Sharing, weg von dem eigenen Auto. Wir wollen alles andere
so attraktiv machen, dass die Menschen sehen, dass ein Auto, welches 23 Stunden pro Tag irgendwo
rumsteht und die Straße blockiert, nicht unbedingt sein muss.
Wir wollen den KiTa- und Ganztagsschulausbau vorantreiben. Die Bildungsfrage in Bremen
ist einfach eine ganz entscheidende. Deswegen wollen wir, dass alle Kinder, unabhängig vom
Elternhaus, die gleichen Chancen haben. Wir haben eben in Bremen eine hohe Armutsquote,
und am meisten sind davon alleinerziehende Frauen betroffen. Indem man die
Kinderbetreuung verbessert, haben diese Frauen eine höhere Chance einem Beruf oder einer
Ausbildung nachzugehen. Das sind so die wichtigsten Projekte, denen wir nachgehen wollen.
Sie haben bereits Plätze für Mitglieder der Grünen Jugend in der Bürgerschaft reserviert. Sehen Sie das als Möglichkeit, junge Menschen für Ihre Partei zu gewinnen?
Genau. Platz 5 und 6, also sehr prominent, haben wir für die Grüne Jugend reserviert. Und es
geht eben darum, dass wir finden, dass in einem Parlament alle Gesellschaftsschichten, alle
Geschlechter, und alle Altersgruppen abgebildet werden sollen – damit es repräsentativ ist.
Frauen sind in allen Parlamenten, auch hier in der Bürgerschaft, unterrepräsentiert. Wir
Grünen sind streng quotiert, wir werden mit 50 Prozent Frauen vertreten sein. Die anderen
Parteien sind das nicht. Es geht nicht nur darum mehr Frauen in das Parlament reinzubringen,
sondern die Entscheidungen, die wir treffen, haben Auswirkungen auf das Leben der
Menschen in Bremen. Jugendliche haben nochmal ganz andere Bedürfnisse, ganz andere
Ansprüche: Gibt es genug Wohnraum, auch für junge Menschen? Und, und, und. Dafür
braucht es eben junge Menschen, die sagen: „Hey, das sind die Probleme, und dafür gibt es
Lösungen.“
Christian Lindners Kommentar zu den Fridays For Future- Demonstrationen war: “Von
Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.”
Ich finde das ziemlich arrogant, und das ist noch diplomatisch ausgedrückt. Die Schülerinnen
und Schüler haben sehr viel besser verstanden, was Klimawandel ausmacht. Man kann nicht
mehr lange rumreden und abwägen und Wirtschaftsinteressen nach vorne stellen, was die FDP
nämlich tut. Die Jugendlichen haben verstanden, dass wenn man ihre Zukunft retten will, man
jetzt handeln muss, dass man sich eben auch radikaler für Klimaschutz einsetzen muss. Ich
glaube es täte allen Politikern gut, gerade auch Herrn Lindner, sich mit den Demonstrierenden
auseinanderzusetzen. Die FDP rühmt sich ja immer eine Wirtschaftspartei zu sein, sich
anzugucken wie teuer heute schon der Klimawandel ist. Es ist teurer, nichts gegen den
Klimawandel zu tun, als Klimaschutzmaßnahmen jetzt umzusetzen. Es ist monetär
wirtschaftspolitisch schlau, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Insofern ist es gut, dass
Schülerinnen und Schüler demonstrieren. Ich finde, die Antwort von Herrn Lindner ist wenig
professionell.
Im zweiten Teil des Interviews erzählt Schaefer von ihren Lösungsansätzen für eine erfolgreiche Immigration, für die steigende Wohnungsnot, und für eine Wiederbelebung der Bremer Innenstadt.
von Bona Hyun und Lillith Dörsch