Donnerstag, 9. Juli. Es ist wieder soweit. Ich mache mich auf den Weg nach Ferropolis in Sachsen Anhalt, wo zum 18. Mal das Splash Festival stattfindet. Jedes Jahr finden sich hier Hip-Hop-Begeisterte aus ganz Deutschland ein um die Musik und die Kultur zu zelebrieren. Es ist für mich das fünfte Jahr in Folge, dass ich die Reise in den Osten antrete. Nur dieses Mal bin ich alleine unterwegs. Der Entschluss war spontan, aber die Leidenschaft für dieses besondere Festival zieht mich in diesem Jahr auch ohne Freunde in den Osten von Deutschland.
Die Ankunft in der Stadt aus Eisen
Nach knapp vier Stunden Fahrt erreichen mein Mitfahrer und ich die Stadt aus Eisen. Auf dem Parkplatz trennen sich unsere Wege. Das macht aber nichts, denn bereits vor dem Zelt mit der Bändchenvergabe für die Gästelisten und Akkreditierungen treffe ich auf die ersten bekannten Gesichter aus Hamburg. Man hat sich lange nicht gesehen und kurz nach der Begrüßung wird mit dem ersten Bier angestoßen. Die Feier auf dem Parkplatz zieht sich knappe drei Stunden hin, ehe ich losziehe und mein Zelt aufschlage. Dieses Jahr campiere ich zum ersten Mal auf dem VIP-Zeltplatz, der im Vergleich zur normalen Behausung der Splasher einige hundert Meter weiter ein Ort der Idylle ist. Hier kann der Splash-Besucher die Seele baumeln lassen. Die Parkplatz-Session hat ihre Spuren hinterlassen. Dementsprechend sieht auch mein Zelt aus, als ich es fertig aufgebaut habe. Aber es steht und das ist die Hauptsache. „Was solls, Splash ist nur einmal im Jahr“, denke ich mir und mache mich auf den Weg rund um den Greminger See zum Festivalgelände.
Auf dem Weg zum Gelände treffe ich zufällig meine Hamburger Freunde wieder. Der Donnerstagabend ist gerettet. Es fühlt sich gut an, wieder hier zu sein. Das Splash erinnert mich an ein Klassentreffen von Gleichgesinnten und die Atmosphäre ist wie immer familiär. Hip-Hop boomt in Deutschland und das tut auch dem Festival gut. Da ich erst spät am Gelände ankomme, sehe ich lediglich den Auftritt des Bonner Rappers Xatar, der im vergangenen Jahr nach fünf Jahren aus der Haft entlassen wurde und seitdem einen großen Hype auslösen konnte. Danach wird noch ein bisschen zu den Tunes des amerikanischen Producers RL Grime das Tanzbein geschwungen, bevor ich mich auf den Weg zurück zum Zelt mache. Reicht für heute.
Der Freitag im Zeichen der Musik
Der nächste Tag beginnt entspannt. Erst einmal aus dem Zelt krabbeln, sich um die Körperhygiene kümmern und danach eine ruhige Kugel schieben. Meine schwäbischen Nachbarn braten sich am Mittag Spätzle in der Pfanne. Mehr Klischee geht nicht. Aber was für Gourmets! Der Geruch lockt einige weitere neugierige Nachbarn an. Gegen 16 Uhr mache ich mich erneut auf den Weg zum Festivalgelände. Bei sonnigem Wetter steht mir ein Konzert-Marathon bevor, wie ich ihn selten zuvor erlebt habe. Ich beginne meine Tour an der Mainstage, wo Zugezogen Maskulin sich die Ehre geben. Das Duo aus Berlin ist bekannt für seine energetischen Live-Shows und auch dieses Mal enttäuschen die beiden nicht. Politischer Rap ohne den viel zitierten Zeigefinger. Ein toller Start in den Abend. Danach schaue ich mir die Show von Chefket an. Der Rapper aus dem Dunstkreis von Marteria ist ein absolutes Live-versiertes Talent und sorgt für beste Stimmung beim immer mehr anwachsenden Publikum. Später wechsele ich zur Nebenbühne, um mir die Underachievers anzuschauen. Das amerikanische Duo steht stellvertretend für die neue Generation von Rappern aus New York. Ob Jay-Z, 50 Cent, Mobb Deep oder Nas. Die Liste von legendären MCs aus der Mutterstadt des Hip-Hops könnte ewig weitergeführt werden. Auch die Underachievers und der „new New York Sound“ kommen beim Publikum gut an. Im Anschluss betritt G-Eazy die Bühne. Der smarte Kalifornier steht größtenteils für einen smoothen Sound und Westcoast-Mentalität. Auf seinen Auftritt habe ich mich im Vorfeld besonders gefreut und ich genieße ihn in vollen Zügen. Danach wechsele ich wieder auf die Hauptbühne, wo Samy Deluxe und Afrob nach 12 Jahren ihr gemeinsames Bühnen-Comeback als ASD geben. Die Stimmung nähert sich hier bereits dem Siedepunkt. Nach dem ASD Konzert lerne ich eine Gruppe netter Leute kennen und zusammen schauen wir uns den letzten Auftritt des Abends an. Marsimoto, seines Zeichens grüner, kiffender Alien und alter Ego von Marteria, entert die Bühne. Das Gelände wird in grünen Rauch getaucht und die Stimmung ist fantastisch. Nach acht Stunden Konzerten am Stück endet der Freitag an dieser Stelle für mich.
Der Samstag wird heiß
Den Samstag beginne ich mit einer warmen Dusche und einem Frühstück mit meinen schwäbischen Nachbarn. Die Sonne brennt uns bereits am frühen Morgen auf den Pelz. Später pilgere ich auf den normalen Zeltplatz zu meinen Bekanntschaften vom Vorabend und verbringe den Nachmittag dort. Zwischenzeitlich begeben wir uns zum nahe gelegenen See um uns dort zu erfrischen und zu entspannen. An jeder Ecke auf dem Zeltplatz erschallen Songs von K.I.Z und das, obwohl diese nicht im diesjährigen Line-up aufgeführt sind. Die Liebe der Splash-Besucher für diese Band ist einzigartig. Dass die Kannibalen in Zivil später am Abend einen Auftritt als Secret Headliner haben werden, ahnen zu dem Zeitpunkt die wenigsten.
Gegen Abend geht es wieder auf das Gelände. Hier treffe ich einen alten Jugendfreund und seine Freundin. Es werden eine Menge alter Geschichten ausgepackt. Die Stimmung ist ausgelassen und wir beginnen den Abend mit dem Auftritt der Orsons, der von dem ohnehin umstrittenen Moneyboy gestört wird, der während des ersten Songs ungebeten auf die Bühne kommt und zwei Flaschen Fanta verschüttet. Die Orsons finden das gar nicht witzig. Das Publikum hingegen amüsiert sich. Danach begibt sich unsere Gruppe zum Auftritt des Wahl-Berliners Karate Andi. Der Musik wird jedoch nur nebenbei gelauscht, denn alle unterhalten sich angeregt und haben Spaß. Danach entspannen wir uns an der Samoa Stage und genießen das Panorama, das die Seebühne direkt am Wasser bietet. Ein Jahr zuvor feierten an selber Stelle 10.000 Menschen den Weltmeistertitel der Nationalmannschaft. Ein Hauch von Nostalgie kommt auf. Mit einbrechender Dämmerung startet auf der Hauptbühne der Auftritt von Genetikk. Die Stimmung ist unglaublich und die ständigen Pyroshows im Publikum sorgen bei mir zum ersten Mal an diesem Wochenende für Gänsehaut. Abgerundet wird der Samstag vom New Yorker Headliner A$ap Rocky. Auch wenn ich eigentlich kein großer Fan des Künstlers bin, gefällt mir seine Show an diesem Abend ganz ausgezeichnet und dementsprechend zufrieden mache ich mich später gemeinsam mit meinen neuen Freunden auf den Weg zurück zum Zeltplatz.
Reicht für dieses Jahr
Mir steht eine volle Woche bevor und deshalb beschließe ich, mich bereits am Sonntag Mittag aus Ferropolis zu verabschieden. Im Nachhinein eine gute Entscheidung, denn eine halbe Stunde nachdem ich mich auf den Rückweg gemacht habe, fängt es an zu regnen und es hört bis zum nächsten Tag nicht mehr auf. Ich verpasse unter anderem Kool Savas und Nicki Minaj aber das kann meiner guten Laune keinen Abbruch tun. Zuhause wird erst einmal gemütlich Pizza bestellt und im eigenen Bett der Rest des Festivals im Livestream verfolgt. So lobe ich mir das.
Fazit
Auch in diesem Jahr hat sich die Fahrt nach Ferropolis gelohnt. Nicht nur eingefleischte Rap-Fans, zu denen ich mich zähle, kommen hier auf ihre Kosten. Das Festival versprüht nach wie vor einen besonderen Vibe und alle haben eine gute Zeit miteinander. Die Hip-Hop Kultur ist hier allgegenwärtig. Der Rap ist nur eines von vier Elementen (Breakdance, DJing und Graffiti gehören genauso dazu wie die Musik) und das Splash deckt das gesamte Spektrum ab. Auch alleine fühlte ich mich nach anfänglicher Skepsis wohl, jedoch werde ich im nächsten Jahr wieder meine Rap-begeisterten Freunde um mich scharen, damit auch das splash 19 zu einem unvergesslichen Erlebnis wird.
Daniel Sprauer