Der Sommer steht in den Startlöchern, der Osterdeich füllt sich, die Fahrräder werden entstaubt. Und vor allem: Das Open-Air-Kino am Schlachthof öffnet wieder seine Pforten. Wie ist das so – ein Kino unter freiem Himmel?
Die erste Aufführung sollte der absolute 70er-Jahre-Filmklassiker „Rocky Horror Picture Show“ sein. Zu meinem Beschämen muss ich zugeben, diesen Film vorher noch nie gesehen zu haben und mir daher dessen Kultstatus und der „Tradition“ des Mitmachens seitens des Publikums nicht bewusst war. Ich bin also mit nicht allzu großen Erwartungen los – und zu meiner Überraschung, völligem Übertreffen dieser wieder nach Hause gegangen. Aber dazu später.
Das Open-Air-Kino
Zum dritten Mal veranstaltet die Schlachthofkneipe in Findorff die Open-Air-Kinoreihe mit einem vollen Programm, das sich von Juni bis Anfang August über 30 Termine plus Public Viewing für die EM-Spiele erstreckt. Außer dutzender Filme bietet das Programm etliche weitere Angebote, wie das „Vegane Sommerfest“ oder die Poetry Slam Veranstaltung „Slammerfilet“ an. Die Sommertage sind also vollgepackt mit coolen Events und Veranstaltungen für jedermann.
Der Einlass der Kinoevents ist jeweils 15 Minuten vor Filmstart und der Eintritt kostet, außer einiger Ausnahmen, 5€ und geht größtenteils direkt an die Filmverleiher. Die Veranstalter der Open-Air-Events weisen auf ihrer Internetseite Schlachthofkneipe Open Air Kino darauf hin, dass das Projekt ausschließlich über den Getränkeverkauf finanziert werde. Weiterhin gibt es neben den Getränken auch einige Snacks und Speisen zu moderaten Preisen.
Die Arena, in der die Veranstaltungen stattfinden, bietet durch ihren Aufbau viele Sitzmöglichkeiten. Die Schlachthofkneipe stellt aber noch weitere Sitzgelegenheiten, sodass jeder einen Platz finden sollte. Wem im Verlauf des Abends kalt wird, der kann sich eine Decke schnappen oder sich mit warmen Speisen versorgen.
„Passiert das gerade wirklich?“
Ich saß also völlig ahnungslos auf meinem Platz und wartete auf den Start des Filmes. Nach einiger Wartezeit ging es dann los und während der ersten Szene, einer Hochzeit, flogen auch schon die ersten Reiskörner durch die Luft. Ich war etwas verwirrt, dachte mir aber nicht viel dabei – bis zu dem Zeitpunkt an dem die Hälfte der Zuschauer aufsprangen und zu dem Lied „Time Warp“ sangen und tanzten.
Etliche weitere Szenen wurden durch Antworten auf Dialoge und immer wiederkehrende Zurufe kommentiert. Neben Klopapierrollen flogen u.a. Toastscheiben und Konfetti durch die Gegend.
Meine Begleitung und ich, völlig ahnungslos was gerade um uns herum passierte, waren bis zur letzten Sekunde unsicher, ob das gerade wirklich einfach so abgelaufen oder vielleicht im Vorhinein abgesprochen war und wir einfach nur nichts davon mitbekommen hatten. Die andauernde Stimmung und lockere Atmosphäre vor, während und nach dem Film war jedoch so ansteckend, dass wir neben anhaltender Verwirrung wirklich begeistert waren.
Nach dem Film hörte ich noch ein Gespräch zweier Frauen an, die darüber sprachen, dass – glücklicherweise – scheinbar nicht nur meine Begleitung und ich perplex von den vielen Aktionen des Publikums waren. Sie wurden gefragt, ob alles von den Organisatoren im Vorhinein geplant worden war. Sie lachten herzhaft, denn das war es nicht.
Fazit
Alles in allem war der Abend für mich ein wirkliches Erlebnis, über das ich danach schon mit vielen Leuten gesprochen habe. Stimmungsmäßig kann ich mir kaum vorstellen, dass dieser Abend noch getoppt werden kann – was sicherlich auch an dem Filmklassiker und dessen Kultstatus liegt.
Der Eintritt und die Getränkepreise sind auch für kleinere Geldbeutel und eine Studentin wie mich gerechtfertigt, gerade weil man merkt, dass hinter dem Projekt viel Herzblut steckt und die Organisatoren sich sehr über positive Resonanz freuen. Im Vergleich zu einem „normalen“ Kinobesuch kommt man hierbei außerdem recht günstig davon. Die Verspätung des Filmstarts – zumal dies das erste Kinoevent der Saison war – ist absolut verzeihbar und ich denke, es wird mich diesen Sommer das ein oder andere Mal zum Open-Air-Kino ziehen. Eine absolute Empfehlung!
Das komplette Programm des Kinosommers findet ihr hier: Programm Open Air Kino.
Kristin Jagels
Bildquelle: Lars Neumann