Ihr kennt das: Man sitzt gemütlich in der Cafeteria der Universität, bemüht sich im Small Talk und plötzlich kommt ein Dozent mit heruntergelassener Cordhose aus der Toilette gestürmt. Sein Lachkrampf gibt dem Gesamtbild eine noch erbärmlichere Note. Sein Zeigefinger tut das, was sein Name impliziert und deutet auf den WC-Eingang.
Alle wissen auf Anhieb, was gemeint ist und rollen lächelnd mit den Augen: Auf der Herrentoilette ist anscheinend eine neue lustige Schmiererei angebracht worden. Eine kleine Zeichnung, ein juveniler Witz, ein kerniger Spruch, eine derbe Beleidigung. Ob Universität oder Hauptschuhle: Postpubertäre Pipi-Kaka-Sprüche und fragwürdige Gedächtniszeichnungen weiblicher und männlicher Anatomie gehören zur Toilettenkultur wie Haider in die Hölle. Is´ so. Muss wohl so. War immer so. Lange vor Facebook und anderen Posting-Formaten erfanden die ersten Höhlenmenschen den ulkigen Zeitvertreib bei der teilweise wohl anstrengendsten Nebensache der Welt. Hier gibt es keine Zensur, hier fühlt sich niemand beobachtet. Hier darf man sein. Im ewigen Beichtstuhl werden dementsprechend zügellose Gedanken zu Tage gefördert. Sieht man sich einmal in den Naßzellen um, kristallisieren sich schnell vier Grundthemen heraus: Kontaktanzeigen à la „Jung, lederig, sucht“, politischer Populismus, Alltagsphilosophie und Sex, Sex, Sex. Muss man nicht gut finden, aber wenigstens geht die Zeit schneller rum.
Wem nach Genuss der Bilder nicht nach Händewaschen zumute ist, kaut auch nach dem Zähneputzen noch Toblerone und ist allgemein völlig hinüber. Muss dringend nochmal los und das Toffifee-Torten-Rezept auf dem Spülkasten im GW-2 abschreiben. Weiteres auf Twitter, Hashtag: #abziehen .
Übrigens:
Während der Bild-Recherche auf den Unitoiletten wurde ich sechs Mal tätlich angegriffen, obwohl ich immer geklopft habe, bevor ich die Kamera über die Toilettentür hielt. Ich denke Deutschland hat ein Problem mit investigativem Journalismus.
Hannes Rademacher