Maike Schaefer (Bündnis 90/Die Grünen) ergreift als Biologin mit politischem Kampfgeist Partei für den Umweltschutz und die kommende Generation. Nach dem Abgang von Karo Linnert leitet sie die Partei in eine neue, abermals “urgrüne“ Richtung der Politik.
Dies ist eine Fortsetzung einer zweiteiligen Interviewserie mit Maike Schaefer (Bündnis 90/Die Grüne). Hier geht es zum ersten Teil.
Gerade für Studierende wird es immer schwerer, bezahlbare Wohnungen und WG- Zimmer zu finden, da die Mieten immer teurer werden. Hätten Sie eine Lösung für das Problem?
Ein Riesenthema für uns Grüne ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, aber auch Grünflächen zu erhalten. Wir haben große Gebiete identifiziert, wo wir neuen Wohnraum schaffen wollen. Das sind zum Teil auch ehemalige Gewerbegebiete, aber auch die Galopprennbahn, wo wir bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen. Wir wollen die Sozialwohnungsquote von 25% auf 30% erhöhen. Wir haben auch viele neue Studentenwohnheime, auch das Papageien-Haus, das als Wohnheim für Studierende umgebaut werden soll. Und zwar nicht nur bei der Uni, sondern auch dezentral in der Neustadt. Ob es nun Familien, ältere Leute oder Alleinerziehende sind: Es ist wichtig, für alle bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Dann liegt also der Fokus darauf, dass es bereits genutzte beziehungsweise momentan nicht mehr genutzte Flächen sind?
Genau, wir haben geschaut, wo es inzwischen aufgegebene Gewerbeflächen gibt. Dort soll dann ein Mix entstehen: Geschäfte, Handel, Handwerksbetrieb, aber eben auch Wohnen. Natürlich ist es unser grüner Anspruch, dort Wohnraum zu schaffen, wo bereits besiedelt ist, anstatt auf der grünen Wiese zu bauen.
Sie sind damals zum Studieren nach Bremen gekommen. Wann und warum haben Sie
angefangen, sich politisch zu engagieren?
Ich bin ‘91 nach Bremen gekommen, um Biologie zu studieren. Danach habe ich im Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnologie gearbeitet und hatte eine Kollegin, die schon aktiv bei den Grünen war. Da habe ich gedacht: Überleg‘ mal, was am Ende von der Wissenschaft im Alltag ankommt. Wir brauchen eigentlich mehr Umweltexperten in der Politik. Für mich war das damals eine schwierige Frage – mache ich das wirklich? Weil dann klar war, dass ich meine wissenschaftliche Karriere aufgebe. Ich habe dann für mich entschieden: Wenn ich es schaffe, mit einem Beschluss viele Hektar unter Naturschutz zu stellen oder dass Mikroplastik in Kosmetik verboten wird, dann habe ich viel für die Umwelt erreicht. Das schien mir effektiver zu sein, als mit langwierigen Untersuchungen herauszufinden, wie ich die Schadstoffe wieder aus der Natur herauskriege. Der Hebel für Veränderungen ist oft die Politik. Das ist der Grund, warum ich da gelandet bin.
Sie plädieren für die Etablierung von „gemischten Quartieren“ als eine Form des Umgangs mit Geflüchteten in Bremen. Könnte dieses gezielte ‘Durchmischen’ nicht gerade pessimistische Einstellungen gegenüber Flüchtlingen verstärken?
Das glaube ich nicht, und zwar aus eigener Erfahrung: Ich wohne in Vegesack bei der Grohner Dühne. Da findet wenig Integration statt, trotz aller Bemühungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass durch diese Wahrnehmung von außen viele Vorurteile entstehen. Die sehen anders aus, die sprechen anders, die sind in Gruppen anzutreffen. Und für diejenigen, die wenig Erfahrung mit Menschen mit Migrationshintergrund haben, kommt schnell das Gefühl von Überfremdung auf. Also muss man positive Erfahrungen sammeln. Das geht nur, indem man in den Kontakt mit den Menschen kommt. Und deswegen sind wir überzeugt, dass eine gute Durchmischung in den Stadtteilen genau das fördert. Je enger und persönlicher diese positiven Erfahrungen sind, desto eher gelingt Integration. Indem man miteinander redet, sich gegenseitig die Sprachen beibringt, die unterschiedlichen Kulturen versteht.
Für die Bremer Innenstadt ist ein kompletter Neubau geplant. Was halten Sie davon?
Ich finde das gut, absolut. Alle Innenstädte werden sich in Zukunft wandeln müssen. Es ist eben nicht mehr das gleiche Kaufverhalten wie vor 20 Jahren, sondern viele Menschen bestellen im Internet. Der Onlinehandel ist eine große Konkurrenz für die Geschäfte in der Innenstadt. Und deswegen wollen wir herausfinden, wie wir diese attraktiver gestalten können. Das hat ganz viel mit Aufenthaltsqualität zu tun. Wir überlegen, ob man die Straßenbahn aus der Obernstraße rausholt und in die Martinistraße verlegt. Die verläuft dann immer noch entlang der Fußgängerzone, aber man könnte hier in der Obernstraße mehr Tische aufstellen. Individuelle Geschäfte müssen geschaffen werden, die es nicht überall gibt und die Leute anziehen. Wichtig ist es, das manchmal mit irgendwelchen Verwaltungsakten zu verbinden. Ich brauche einen neuen Pass, also gehe ich in die Innenstadt. Wenn ich schonmal da bin, trinke ich noch einen Kaffee und sehe mir etwas im Schaufenster an – eine gute Kombination.
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben!
Es hat mir viel Spaß gemacht!
von Bona Hyun und Lillith Dörsch