Mit Markus Lanz ist das so eine Sache. Seit seiner letzten Talkshow „Markus Lanz“ vom 16. Januar 2014, in der er der Politikerin Sahra Wagenknecht (Die Linke) stetig ins Wort fiel, ist sein Name Quotengarant für die gesamte Medienwelt. Jeder hat eine Meinung über Lanz, meist eine schlechte – aber seien wir doch mal ehrlich: Wirklich neu ist das Gemecker über Lanz nicht.
Es sollte wieder einer diese Abende werden: Markus Lanz lädt mehr oder minder spannende Gäste in sein Studio, fällt ihnen gelegentlich und scheinbar willkürlich ins Wort, die Zuschauer applaudieren an den vorgegeben Stellen, der Moderator selbst lächelt Schwiegersohn-gemäß in die Kamera und vergisst hier und da, dass er der Gastgeber und nicht Gast ist.
Und obwohl vorige Woche alles wieder genauso war, war irgendwie doch alles ganz anders – aber warum?
“Die wohl schönste Linke aller Zeiten”
Als Markus Lanz am 16. Januar die Politikerin Sahra Wagenknecht (Die Linke) in seiner Sendung empfing, begrüßte er sie mit den schmeichelnden Worten „Die wohl schönste Linke aller Zeiten“. Was sie allerdings anschließend inhaltlich zu sagen hatte, wollte er nicht wissen: In seiner Show fiel er ihr immer wieder ins Wort und stellte völlig unpassende Fragen an völlig unpassenden Stellen. Solidarische, ja fast freundschaftliche Unterstützung, erfuhr der begnadete Plauderer Lanz von „Stern“-Redakteur Jörges, der ebenfalls als Gast geladen war. Und während Sahra Wagenknecht souverän und ruhig blieb, die Atempausen des Moderators nutzte, um noch schnell eine Antwort dazwischen zu schieben, entfachte sich online eine Welle der Empörung in zahlreichen Foren, Blogs und Zeitungen.
Petition mit 230.000 UnterzeichnerInnen
Der Leipziger Zuschauerin Maren Möller war wohl sogar so gehörig der Geduldsfaden gerissen, dass sie kurzerhand eine Online-Petition startete mit der Überschrift „Raus mit Lanz aus meiner Rundfunkgebühr“, die nach nur wenigen Stunden mehr als 50.000, dann 100.000 und bis zum heutigen Tage sogar mehr als 230.000 UnterzeichnerInnen fand. Der Petitionstext kritisiert den „miserablen Stil im Umgang mit Sahra Wagenknecht“, der deutlich mache, dass „politische Neutralität für Lanz ein Fremdwort“ sei. Außerdem fordert Möller das ZDF auf, sich von Markus Lanz zu trennen.
Und nun ebbt und ebbt er einfach nicht ab, der Streit um Markus Lanz und seinen Job bei den Öffentlich-Rechtlichen. Neben die große „Anti-Lanz“-Bewegung gesellen sich nun auch einzelne „Pro-Lanz“-Petitionen dazu, teilweise sogar mit prominenter Unterstützung, wie beispielsweise die des Kabarettisten Dieter Nuhr. Das Komische ist nur: Gezeter über Lanz gibt es schon seit Jahren, warum um alles in der Welt entlädt sich die Wut erst jetzt?
Lanz’ langer Weg von RTL zu den Öffentlich-Rechtlichen
Blicken wir ein paar Jahre zurück: Der adrette Südtiroler verdankt seinen Durchbruch als Moderator seiner Kollegin Barbara Ehligmann, die er 1998 in ihrer Babypause vertrat. Schnell mauserte sich Lanz vom Aushilfs-Moderator zum Gesicht des RTL Formats „Explosiv – das Magazin“ und übernahm sogar kurz darauf die Redaktionsleitung der Sendung. Hier bestach der gebürtige Italiener mit aufreibenden und bahnbrechenden Themen wie „Wie gefährlich sind Feuerkörper wirklich?“ und der allerersten Live-Übertragung einer Brust-OP, die er selbst und direkt am Operationstisch moderierte.
Doch dabei sollte es nicht bleiben: 2001 führte er uns durch weitere richtungsweisende RTL-Formate wie „Outback“ oder „Der Hochzeitsplan“ und brachte allerspätestens 2004 mit seinem Einsatz in „Ich bin ein Star – holt mich hieraus“ auch den letzten Lanz-Kritiker zum Erliegen.
Als Johannes B. Kerner 2008 dann mit seiner gleichnamigen Talksendung im ZDF in die Sommerpause verschwand, lag es daher nur nahe, den kompetenten und smarten Erfolgsmoderator Markus Lanz zum Nachfolger der Politsendung zu ernennen. Und da man gerade schon dabei war, die Kerner-Sommerlücke zu füllen, übernahm er auch dessen Kochsendung, die kreativ von „Kerner kocht“ in „Lanz kocht“ umbenannt wurde.
2011 zeichnete sich nach dem schweren Unfall des Schauspielers Samuel Koch das Ende einer Moderatoren-Legende ab. Thomas Gottschalk, der Showmaster der Nation, suchte plötzlich händeringend nach Nachwuchs für „Wetten, dass …?“ und als nach und nach alle Wunschkandidaten dankend ablehnten, erbarmte sich Lanz und Gottschalk nahm nach nunmehr einem Jahr Suche erleichtert an. Markus Lanz, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt und sich in klassischer Tellerwäscher-Manier mit viel Fleiß und Geschick den Weg bis nach ganz oben hart erarbeitet hat, ging im Oktober 2012 mit seiner wohlverdienten ersten „Wetten, dass…?“-Show endlich live auf Sendung.
Und das ist die Geschichte, wie der Schwiegersohn-Talkmaster den Absprung von dem „Unnützes Wissen“-Sender RTL zum sagenumwobenen „Erwachsenen“-Fernsehen ins ZDF schaffte. Und zeitgleich ist es aber auch der Ursprung des Problems. Denn so richtig würdigen die Zuschauer seine hart erkämpfte und steile Karrierelaufbahn plus Beförderung von Privat zu Öffentlich-Rechtlich irgendwie nicht. Dabei hat er hat sich doch gemacht, der Lanz: Vom unauffälligen Moderator in die Fußstapfen einer Moderationslegende – und kaum einer will es sehen.
Seine Politsendung „Markus Lanz“ wird regelmäßig von den Medien zerrissen, seine Kochsendung wurde sogar Lanz abgesetzt und „Wetten, dass…?“ ist nur noch wegen des Einschaltquoten-Rekordtiefs oder aber des Ausschaltquotenhochs in den Medien. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich die Wut irgendwann ihren Weg nach draußen bahnt, denn manche Dinge passen wohl einfach nicht zusammen.
Mensch Markus, … wärste doch besser bei RTL geblieben…
Anna Siewert