Alle Jahre wieder findet sie in Norddeutschland zum Jahresbeginn statt: die Kohlfahrt, der Kohlmarsch oder auch die Kohltour. Freunde des Grünkohls ziehen mit ihrem Bollerwagen los und werden am Ende ihres Marsches mit Grünkohl und allem was dazu gehört belohnt. Aber warum macht man das eigentlich? Krosse hat sich mal hingesetzt und recherchiert, was eigentlich hinter der Kohltour steckt.
Wie läuft so eine Kohlfahrt ab?
Während man mit seinen Freunden oder Kollegen bollerwagenziehend eine Route abläuft, werden nebenbei ein paar Schnäpse getrunken und Spiele gespielt und das bei jedem Wind und Wetter. Da die Grünkohlsaison von November bis Februar andauert, ist die Wetterlage meistens nicht unbedingt angenehm für einen solch langen Spaziergang. Aber echte Kohlfans stört das natürlich nicht. Um den langen Marsch etwas spaßiger zu gestalten, werden Spiele gespielt bei denen beispielsweise an jeder Kreuzung ein Schnaps getrunken, ein Sackhüpfrennen veranstaltet, oder das vor allem in Ostfriesland beliebte Boßeln gespielt werden kann.
Nachdem die Route abgelaufen ist und man bei der Location, in der das Kohlessen stattfindet angekommen ist, wird erst einmal gegessen, bis alle Mägen voll sind. Das kann in einer Gaststätte oder aber auch bei dem/der Organisator*in zuhause. Fast immer wird am Ende ein/e Kohlkönig*in gewählt, welcher dann im darauffolgenden Jahr eine Kohlfahrt organisieren muss. Das ist dann meistens die Person, welche die meisten Teller geleert hat und somit den meisten Kohl in sich reinstopfen konnte. Ein/e Kohlkönig*in kann aber auch durch verschiedene Spiele gewählt werden. Wenn das Kohlessen dann vorbei ist, wird meistens noch mit Musik und Tanz gefeiert, um den Tag ausklingen zu lassen und die deftige Mahlzeit verdauen zu können.
Woher kommt der Brauch?
Eine Kohlfahrt ist vor allem ein norddeutscher Brauch, welcher besonders im oldenburgischen, ostfriesischen und bremischen Raum zelebriert wird. Natürlich besitzt jede Region auch ihre eigenen Rituale.
Zu Beginn der Kohlfahrten durften nur wohlhabende Männer an diesen teilnehmen, denn damals waren Kohlfahrten nämlich etwas Luxuriöses! Satt eines Bollerwagens, wurde damals ein Pferdespannwagen genutzt, um seine Getränke und weiteres Hab und Gut zu transportieren. Kurz gesagt, es wurden darauf die „schweren Sachen“ transportiert, weshalb das Ziehen als große Ehre galt.
Ziel einer Kohltour ist ja bekanntlich so viel Kohl wie nur möglich zu essen. Um dem großen Hunger etwas entgegen zu kommen ist Bewegung deshalb durchaus hilfreich. Durch den langen Marsch, die vielen Spiele und die im Winter herrschende Kälte zusammen mit etwas Schnaps wird also die Grundlage für einen hungrigen Magen geschaffen.
Wohin die Reise geht darf der Kohlkönig den Mitlaufenden nicht verraten, er soll sie sogar in die Irre führen, indem die Route nicht direkt zum Essen führt, sondern viele Umwege gelaufen werden.
Meistens finden die Touren im Januar oder Februar statt, da der Dezember eher der Weihnachtszeit gewidmet ist. Traditionell ist die Saison am Gründonnerstag beendet. Deshalb munkelt man, der Kohl habe daher seinen Namen. Ein weiterer Fun Fact: Über die Kohlfahrt wurde sogar mal eine Doktorarbeit geschrieben.
Last but not least: So sieht ein typisches Kohlessen aus
Natürlich besteht das Speiseangebot nicht nur aus Grünkohl. Man kann sich auch an den zum Grünkohl typisch servierten Beilagen satt essen. Dazu zählen Pinkel, was eine grobkörnige, geräucherte Grützwurst ist, welche meist im Grünkohl gegart wird sowie Kartoffeln in gekochter – oder aber auch in Bratkartoffelform. Zu weiteren Fleischbeilagen zählen Kasseler, Kochwurst, Rauchwurst und Mettwurst, oder die traditionelle Schweinebacke, welche alle auch oft direkt im Kohl mitgekocht wird. Nicht nur bei der Tour, auch beim Essen wird oftmals viel Alkohol ausgeschenkt, wie zum Beispiel Bier oder Korn.
Grünkohl ist zwar Geschmackssache, dennoch ist es spannend mal an einer Kohlfahrt teilgenommen zu haben. Heutzutage kann man sich in den Gaststätten auch oft etwas anderes bestellen, wenn man kein Fan des Kohls ist, aber gerne die lustige Tour mitlaufen will. Von den kalten Temperaturen sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn durch das lange laufen, die Getränke und den Spaß, wird einem sowieso warm ums Herz. Ein Brauch, den jeder einmal ausprobiert haben sollte!
von Mascha Küker