Beim Tag der Luft- und Raumfahrt in Osterholz-Scharmbeck war der eindeutige Höhepunkt der Besuch von Star-Astronaut Alexander Gerst, der seinem sehr interessierten Publikum in einer knappen Stunde von seinen beiden Weltraummissionen Blue Dot und Horizon im Jahr 2014 und 2018 auf der ISS erzählte.
Zum Einstieg machte Astro-Alex seinen Zuschauern ein Bild davon, wie klein die Erde im Gegensatz zum gesamten Universum ist. „Man fliegt dort oben hoch und das erste was man sieht ist… tatsächlich nichts.“, erzählt er schmunzelnd. Meistens sei es dunkel, wenn man auf der ISS ankommt. Aber wie kommt man dort eigentlich genau hin? Wie viele von euch sicherlich wissen, klar, mit einer Rakete. Die wird mit 28.000 km/h in die Umlaufbahn der Erde, den Orbit, befördert. Die drei Dinge, die man dort oben als Erstes üben müsse, seien schlafen, auf Toilette gehen und selbstverständlich, das Schweben. Das macht man ja auch nicht gerade jeden Tag und Übung macht bekanntlich den Meister. Für das Gewohnheitstier Mensch also viele Alltagstätigkeiten, die schnell geändert werden müssen, um sich den Lebensumständen dort oben anzupassen. Natürlich gehört ein tägliches Fitness-Programm auch zum Astronautenleben dazu: 2,5 Stunden jeden (!) Tag! Ok, für die Pumper unter euch mag das okay sein, aber ich denke die Mehrheit hält das schon für sehr extrem. Aber das sind selbstverständlich alles Vorsichtsmaßnahmen, damit man nicht wie ein ausgeleiertes Kaugummi zurück auf die Erde kommt.
Perfektes Zusammenspiel über Ländergrenzen hinweg
Aber nicht nur auf die körperliche Fitness komme es an, besonders die Teamfähigkeit der jeweiligen Crews auf der ISS sei besonders wichtig. Die Astronauten verschiedenster Nationen lernen sich schon Jahre im Voraus kennen und pflegen eine intensive Freundschaft miteinander. Dabei sei es wichtig, unterschiedliche Erfahrungen und Persönlichkeiten zu vermischen, um als Team bestmöglich im Weltraum funktionieren zu können. Ein weiterer, nicht unwichtiger Aspekt im Weltraum seien das Zusammenspiel von menschlicher und künstlicher Intelligenz. Alexander Gerst bezeichnet die Raumfahrt in diesem Zusammenhang als „Synergie“ zwischen den beiden. Aber nicht nur Teamwork zwischen den Astronauten selbst, sondern „die Kooperation über die Ländergrenzen hinweg“, seien ein Zeichen für die friedliche und ziemlich gut funktionierende Zusammenarbeit weltweit, egal ob Russland, die USA, Deutschland oder China. An diesem Punkt hatte ich übrigens kurz mal Gänsehaut. Schön, dass die Zusammenarbeit der Weltmächte in der doch oft so traurigen Welt wenigstens in einem Punkt nicht völlig zu versagen scheint. „Man sieht von dort oben tatsächlich Raketen und Bomben auf der Erde explodieren und da fragt man sich dann doch, ob der Mensch wirklich so ein intelligentes Lebewesen ist, für das er sich hält.“, betont Gerst.
Von Klimawandel bis hin zu Heimatgefühlen
„Die Chance, einen bewohnbaren Platz im Weltraum zu finden, liegt bei 0,000.000.000.000.000.00.000.000.000.000.000.0,1% (34-Nullen)“, hält Gerst fest. So appelliert er daran, dass wir gut Acht auf uns Menschen und unsere Erde geben sollten. Nicht nur die Argumente des Promi-Astronauten, auch selbstgemachte Fotos aus dem All untermalen dies während seiner Präsentation. Er zeigt Bilder von ausgetrockneten Seen, schmelzenden Gletschern oder von Naturkatastrophen. Der Klimawandel betreffe eben uns alle und unsere Spezies beeinflusse die Welt so maßgeblich, dass Gerst dies mit seinen Bildern zeigen möchte. „Es sollte einen immer interessieren, was wo auf der Welt gerade passiert“, sagt Alexander Gerst. Heimat sei für ihn nicht zur sein Zuhause oder seine Region, sondern der gesamte Planet Erde.
Fun-Facts und die Wichtigkeit der Experimente im Weltall
Einen seiner persönlichen Fun-Facts hat Alexander Gerst während seines Vortrags natürlich auch nicht ausgelassen. Er gab zu, dass er selbst nicht im Stande war, seinen Heimatort Köln von der ISS aus zu entdecken und schlussendlich auf Google Maps zurückgreifen musste um Köln aus der All-Persepktive zu finden. Ein noch viel größerer Fun-Fact ist jedoch, dass die ISS ohne vorherige Montage im Weltraum bei einer Geschwindigkeit von 28.000 km/h zusammengebaut wurde, ohne dass vorher jemals ein (physischer) Prototyp auf der Erde existierte. Somit waren über 100.000 Menschen aus über 16 Nationen dafür verantwortlich, dass sich jedes dieser Teile fehlerfrei im Weltraum zusammensetzen ließ. Auf die Frage, was für Experimente dort oben im Weltraum durchgeführt werden, antwortete Gerst, dass dort Versuche gemacht werden, die auf der Erde sehr schwer oder gar nicht umsetzbar sind. Beispielsweise zur Gewinnung von Stoffen, die sich im All schneller züchten lassen als auf der Erde. Als Beispiel nannte er Forschungen für die Behandlung verschiedenster Krankheiten, wie Krebs, Alzheimer oder Parkinson. Während seiner zweiten Mission habe er ca. 300 Experimente durchgeführt und wenn er könnte, in Zukunft mit Sicherheit noch viele weitere. Neue Weltraummissionen schließt Astro-Alex also nicht aus und wir dürfen auf weitere Geschichten gespannt sein!
von Franziska Salewski
Bildquelle: Our Planet Earth from Space (www.satellite.ehabich.info – Lizenzcode: CC BY-NC-SA 2.0 DE)