Die Gruppenphase der Fußball-Europameisterschaft 2016 ist vorbei. Für Deutschland lief sie, wie bei den letzten großen Turnieren, äußerst erfolgreich – sie beenden ihre Gruppe auf Platz eins. Gleichwohl gab es die immer wiederkehrenden Schwierigkeiten.
Gruppenphase nach Muster
Ein klarer Auftaktsieg (2:0 gegen die Ukraine), ein schwaches zweites Spiel (0:0 gegen Polen) und ein knapper Sieg zum Schluss (1:0 gegen Nordirland). Die Gruppenphase der Deutschen liest sich ähnlich wie beim letzten großen Turnier, der Weltmeisterschaft 2014. Damals hießen die Gegner zwar Portugal (4:0), Ghana (2:2) und USA (1:0), doch das Muster war das Gleiche. Auch die öffentlichen Diskussionen unterscheiden sich nicht sonderlich. Wer soll in der Abwehr spielen? Wie soll das Mittelfeld aussehen? Und wer soll die Tore schießen? Zugegeben: Vor zwei Jahren hatte Trainer Joachim Löw noch Miroslav Klose zur Verfügung – einen klassischen Stürmer. Diese Rolle soll wohl nun Mario Gomez einnehmen, der beim Turnier in Brasilien nicht berücksichtigt worden war, jetzt aber gegen Nordirland den entscheidenden Treffer erzielte. Deutschland braucht einen Torschützen, zumal Thomas Müller und Mario Götze das Ziel in Regelmäßigkeit verfehlen. In der K.o.-Runde trifft Deutschland auf die Slowakei (Sonntag, 18 Uhr). Gegen diesen Gegner unterlag die Nationalelf in einem Testspiel vor der EM mit 3:1. Allerdings ohne Manuel Neuer, Thomas Müller und Mesut Özil – dafür aber mit unwetterartigen Hagelschauern, die einen Spielfluss unmöglich machten. Deutschland ist natürlich Favorit.
Es gibt keine Kleinen mehr
Die Slowaken haben sich dank des neuen Modus’ qualifiziert. Als einer von vier besten Gruppendritten erreichten sie die K.o.-Runde. Die weiteren Nachrücker sind Nordirland, Irland und Island. Erst kam große Kritik darüber auf, dass dieser Modus das Turnier unnötig aufblähen würde, doch mit ihren Leistungen zeigen diese Mannschaften, dass sie es allemal verdient haben bei der EM dabei zu sein. Auch wenn Mannschaften wie Albanien von dem Modus benachteiligt wurden. Vor allem die Fans der Underdogs sorgten für viel Stimmung und das ein oder andere virale Video. Ob der (jetzt schon) legendäre „Will Grigg’s On Fire“oder ein Schlaflied für ein Baby – je länger diese Fans bei dem Turnier dabei sind, desto besser. „Es gibt keine Kleinen mehr“, sagte einst der ehemalige deutscher Nationaltrainer Berti Vogts, doch mit Blick auf den Turnierbaum wird schon ein Ungleichgewicht erkennbar. Rechts: Unter anderem Italien, Spanien, England, Deutschland und Frankreich. Links: Unter anderem Ungarn, Nordirland, Wales, Polen und die Schweiz. Um am Ende den Pokal zu gewinnen, müsse man ohnehin jeden schlagen, ist die Standardphrase in solchen Fällen.
Ausblick
Dass jeder jeden schlagen muss, ist natürlich Quatsch, aber eine Überraschung à la Griechenland 2004 ist bei diesem Turnier mehr als nur möglich. Eine günstige Position im Turnierbaum ist die halbe Miete, um weit zu kommen. Das erfuhr auch Deutschland bei der WM 2002. Die Gegner auf dem Weg ins Finale hießen Paraguay, USA und Südkorea. Nur so war es möglich mit Spielern wie Lars Ricken und Carsten Jancker in ein WM-Finale einzuziehen. Doch zurück zur heutigen Zeit: Hätte Italien am letzten Spieltag gegen Irland etwas höher verloren als 1:0, würden sie jetzt anstatt auf Belgien, auf Ungarn treffen. So müssen die Italiener gegen Spanien ran. Darüber hinaus befinden sich die Gastgeber aus Frankreich auch auf der rechten Turnierseite. Sie überzeugten zwar kaum spielerisch, doch sie gewannen bisher jedes Spiel, was auf ihren ausgewogenen breiten Kader zurückzuführen ist. Ein klarer Kandidat für das Finale. Auch Deutschland kann es wieder schaffen im Finale zu stehen, allerdings treffen sie bei einem Sieg gegen die Slowakei auf Italien oder Spanien – die beiden Angstgegner. Auf der linken Turnierseite könnte Kroatien überzeugen. Ihr Einzug ins Finale kann allerdings durchaus von Belgien oder Wales gestoppt werden.
Maximilian Kamp
Bildquelle: UEFA