Wir befinden uns in den USA, es ist 1962. Zu dieser Zeit ist das Reisen für Afroamerikaner eine reine Tortur. Anlässlich des Martin Luther King Days, welcher 2019 auf den 21. Januar fiel, beschäftigten sich viele Medien mit dem „Negro Motorist Green Book“, welches auch die beiden Protagonisten des Films „Green Book – Eine besondere Freundschaft“, auf ihrer Reise durch die USA benutzen müssen. Wie die Reise verläuft erfahrt ihr hier.
The Negro Motorist Green Book
Der Reiseführer, speziell für afroamerikanische Autofahrer gedacht, erschien von 1936 bis 1966. Er fand vor allen in der Zeit der Jim-Crow-Gesetze bei der Planung von Reisen mit dem Auto durch die USA eine Verwendung. Die Jim-Crow Gesetze dienten der Aufrechterhaltung der „Rassenhierarchie in allen Bereichen der Südstaaten“. Diese bewusste Abwertung führte dazu, dass Afroamerikaner während ihrer Reisen zahlreiche Unannehmlichkeiten auf sich nehmen mussten. So war es geradezu selbstverständlich, sie an Tankstellen, Werkstätten und Hotels abzuweisen. Ebenso wurden Reisende in Restaurants ignoriert oder es gab Schilder, die darauf verwiesen, dass sie im jeweiligen Betrieb nicht erwünscht seien.
Aus diesem Grund verfasste der New Yorker Postangestellte Victor Hugo Green ein Buch mit Namen und Anschriften von Institutionen, die bereit waren, auch Afroamerikaner während ihrer Reise zu bedienen und aufzunehmen. Durch die Veröffentlichung des Civil Rights Acts im Jahr 1964 wurde die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung per Gesetz verboten.[1] Heute beschäftigen sich zahlreiche Ausstellungen und Filme erneut mit der „Rassentrennung“ in den USA während der 1960er Jahren. So auch der am 31. Januar in deutschen Kinos angelaufene Film „Green Book – Eine besondere Freundschaft“.
Handlung
Der Film „Green Book“ basiert auf der wahren Geschichte des italienisch-amerikanischen Türstehers Tony Lip, der in den 1960er Jahren zum Chauffeur eines berühmten, afroamerikanischen Jazz-Pianisten wird. Tony Lip stammt aus der Arbeiterklasse. Da das Casablanca, der Club, in dem er arbeitet, für mehrere Monate aufgrund von Renovierungen geschlossen wird, muss Tony sich eine neue Arbeit suchen und trifft so den Afroamerikaner Don Shirley. Dieser ist das komplette Gegenteil von Tony. Don ist gebildet, hochtalentiert, kultiviert und zudem ein begnadeter Pianist. Er ist ein Freund der Kennedy-Familie und bewohnt in New York ein großes Appartement, welches sich über der Carnegie-Hall befindet. Don sucht mehr als nur einen Fahrer, er braucht einen persönlichen Assistenten, welcher ihn auf seiner Konzerttournee von New York bis in die Südstaaten begleitet. Tony Lip lehnt zuerst aus Stolz ab, nimmt schließlich aber doch an.
Das Don Shirley Trio, welches aus Don, dem Bassisten George und dem Cellisten Oleg besteht, reist in zwei getrennten Autos. Das Management des Trios gibt Tony ein Exemplar des „Negro Motorist Green Books“ mit, mit dem Hinweis es bitte zu nutzen und nicht in Schwierigkeiten zu geraten, da die Tournee nur dann ein finanzieller Erfolg für alle wird, wenn der Terminplan genau eingehalten wird. Während des zweimonatigen Roadtrips quer durch die Staaten erleben Don und Tony immer mehr Höhen und Tiefen, je weiter sie in den Süden vordringen. Sie müssen bei ihrer Reise, trotz Dons Status als Bühnenstar, auf das Buch zurückgreifen, da Don an vielen Unterkünften abgelehnt wird. Anfänglich erträgt Don die Demütigungen, nicht dort essen, schlafen oder auf Toilette gehen zu dürfen, wo sein Fahrer und seine Musikerkollegen ohne Probleme akzeptiert werden. Schließlich aber geht er eines Abends alleine in eine Bar in Louisville. Dort wird er, weil er schwarz ist, von Rednecks verprügelt. Kurz darauf wird Don festgenommen, weil er in der Schwimmbaddusche mit einem Mann erwischt wird. Tony besticht die Polizisten und kann Don so einen größeren Skandal ersparen. Nach und nach nähern sich die beiden grundverschiedenen Männer an und entwickeln eine echte Freundschaft. Tony steht immer wieder für Don ein und setzt sich für die Gleichbehandlung des Starpianisten ein.
Fazit
Der Film beginnt mit einer Vorstellung des Protagonisten Tony Lip. Man lernt ihn als liebevollen Familienvater und Ehemann kennen, welcher jedoch auf der Arbeit Probleme gerne mit der Faust löst, anstatt sie mit Worten aus der Welt zu schaffen. Bei der Vorstellung des zweiten Protagonisten, Don Shirley, gewinnt man zuerst den Eindruck eines versnobten, überheblichen Mannes, welcher sich für etwas Besseres hält. Er empfängt Tony in seiner Wohnung auf einem Thron sitzend, in ein prächtiges Gewand gehüllt. Beide Protagonisten wirken also zu Beginn wenig sympathisch. In einer der ersten Szenen nimmt man Tony zudem als rassistisch war, da er zwei Gläser in den Müll schmeißt, nachdem seine Frau Dolores zwei farbigen Handwerkern in ihrer Wohnung darin etwas zu trinken angeboten hat. Sowohl Don als auch Tony haben es nach dem anfänglichen Kennenlernen schwer, Sympathiepunkte beim Publikum zu sammeln.
Der Erwartung nach verläuft ein Roadmovie, immer so, dass sich die Protagonisten einander annähern und schließlich erkennen, dass sie gar nicht so verschieden sind. Auch bei diesem Film erfüllt die Story die Erwartungen. Sowohl Don als auch Tony geben immer mehr von sich preis und lassen sich aufeinander ein. Der Zuschauer lernt die beiden sehr gut kennen. Don vollzieht eine Wandlung vom arroganten Snob hin zu einem „Normalo“, der sich darüber freut, an einer Kentucky Fried Chicken Keule herum zu knabbern. Man erfährt in einer Schlüsselszene gegen Ende, dass er für sich keinen Platz in der Welt sieht, da er weder zu den Weißen gehört noch zu den Schwarzen. Für den Zuschauer wird er immer sympathischer und man schließt ihn ins Herz, weil er an einigen Stellen im Film sehr einsam und traurig erscheint, was natürlich Mitleid bei einem auslöst. Tony macht im Verlauf der Reise auch eine Wandlung durch und man lernt ihn als loyalen, ehrlichen und liebenswerten Kerl kennen. Er setzt sich für Don ein und sieht es als Selbstverständlichkeit an, für ihn da zu sein. Durch seine direkte Art und Weise Sachen anzugehen und auch auszusprechen schafft er es immer wieder das Publikum zum Lachen zu bringen. Don reagiert auf Tonys direkte und leicht dümmliche Art zu Beginn stets mit Sarkasmus oder Ironie, was Tony gar nicht merkt. Dadurch wird das Publikum ebenfalls oft zum Lachen gebracht.
Auch Tony schließt man im Laufe des Films ins Herz und man ärgert sich mit beiden zusammen über die ungleiche Behandlung einer Bevölkerungsgruppe. Der Regisseur Peter Farrelly, eher für Komödien bekannt, schafft mit seinem Film „Green Book“ den Spagat zwischen Kritik und Komik und nimmt sein Publikum mit auf eine emotionale, berührende und immer wieder humorvolle Reise. Es handelt sich dabei um eine durchaus sehenswerte Roadtrip-Komödie, die man auf jeden Fall anschauen sollte.
von Isabell Haugwitz
Bildquelle: KROSSE
[1] https://digitalcollections.nypl.org/collections/the-green-book#/?tab=about ; http://publicdomain.nypl.org/greenbook-map/ ; http://americanhistory.si.edu/blog/negro-motorists-green-book