Interaktivität, die Möglichkeit ein Spiel aufgrund eigener Entscheidungen vollkommen anders zu erleben. Spiele wie „Heavy Rain“ und „Life Is Strange“ lassen den Spieler viel mehr als bloß Spieler sein. Doch wie viel Freiheit steckt tatsächlich in den Entscheidungen und wie groß sind die Konsequenzen? Dieser Artikel soll kein Test sein, sondern meine persönliche Erfahrung beschreiben.
Gamer bin ich seit ich denken kann. Angefangen mit Atari, über Nintendo, bis zur PlayStation 4. Interaktive Spiele interessieren mich jedoch erst seit 2010, als ich in die Welt von „Heavy Rain“ eintauchte und erst beim Abspann die Finger vom Controller lassen konnte. Es gibt mehr als bloß 3 solcher Spiele, doch da ich nur über jene schreibe, welche ich durchgespielt habe, konzentriere ich mich in diesem Artikel auf „Heavy Rain“, „Life Is Strange“ und „Until Dawn“.
Ein Spiel setzt neue Maßstäbe
„Heavy Rain“ hat 2010 einen deutlichen Eindruck hinterlassen. Das Spiel ist und bleibt ein Meilenstein der Videospielgeschichte. „How Far Will You Go To Save Someone You Love?” Mit diesen Worten suggeriert das Spiel, dass es um nichts anderes, als Leben und Tod geht. Um Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Und das ist es, was das cineastische, interaktive Drama ausmacht. Ich hatte jederzeit spürbar an die Konsequenzen gedacht. Falsche Entscheidungen führten dazu, dass sich die Story verändert hat. Doch was sind überhaupt falsche Entscheidungen, wenn man versucht, alles für ein anderes Leben zu riskieren? Mit solchen moralischen Fragen sah ich mich ständig konfrontiert. Quantic Dream hat mit Heavy Rain ein Spiel geschaffen, das als Film inszeniert wird, bei dem der Spieler den Storyverlauf mitbestimmt und das Spiel verschiedene Enden, je nach Spielweise, bereitstellt.
Der „Butterfly Effect“ in Videospielen
Wie bereits erwähnt möchte ich hier keinen Test beschreiben. Für mich stellt Heavy Rain jedoch ein Musterbeispiel in diesem Genre dar. In diese Kategorie fallen auch das Mystery-Krimi-Drama „Life Is Strange“ von Dontnod und das Survival-Horror-Game „Until Dawn“ von Supermassive Games.
All diese Spiele arbeiten mit dem Prinzip der Interaktivität. Der sogenannte „Butterfly Effect“ macht dem Spieler deutlich, dass jede noch so kleine Entscheidung, weitreichende Folgen verursachen kann. Hier knüpfe ich an meine Eingangsfrage an: Wie viel Freiheit steckt tatsächlich in den Entscheidungen und wie groß sind die Konsequenzen?
[Achtung! Die Konsequenz-Betrachtung kann Spoiler enthalten, welche jedoch nicht auf die Story bezogen sind!]
Überlebe die Nacht
Wie bereits erwähnt, sehe ich „Heavy Rain“ als Musterbeispiel. Die Konsequenzen sind spürbar, da sich hier die Szenarien der 4 spielbaren Charaktere bei unterschiedlichen Entscheidungen ändern. Es wird bis zum Schluss versucht, den Origami-Killer zu entlarven und das kann auf ganzer Ebene scheitern. „Until Dawn“ spielt sich ähnlich und baut auf das Prinzip des “Butterfly Effects”. Die Kulisse startet mit Sätzen wie „Your actions will shape how the story unfolds“. Und ja, das funktioniert!
Dieses Horror-Game überzeugt mit tollen Schauspielern, großartigem Sound und gut inszenierten Schockmomenten. Es geht letztlich darum, die Nacht zu überleben. Dabei spielt man abwechselnd mit 8 Jugendlichen und versucht keine falsche Entscheidung zu treffen, um nicht, wortwörtlich, den Kopf zu verlieren. Doch leider (!) funktioniert das Spiel für mich, aus diesem Grund, nur ein einziges Mal. Obwohl die Möglichkeit gegeben ist, dass jeder sowohl überleben als auch sterben kann, ist allein dies die Bezogenheit auf den “Butterfly Effect”. Letztlich bestimmt der Spieler durch seine Entscheidungen also nur, wer am Ende der Nacht noch den Morgen sehen kann. Die Story bleibt nahezu unverändert. Genreliebhabern kann ich dieses Game jedoch wärmstens empfehlen.
Der Schmetterling und seine Folgen
Leicht anders spielt sich „Life Is Strange“. Es ist weitaus ruhiger und lässt dem Spieler mehr Zeit bei seinen Entscheidungen. „This action will have consequences…“, in Verbindung mit einem Schmetterlings-Symbol macht stets deutlich, dass man eine spielbestimmende Entscheidung getroffen hat. Interessant ist hier jedoch, dass die Zeitsprung-Funktion mit der die Protagonistin Max die Zeit zurückspulen kann dem Spieler erlaubt seine Entscheidung erneut zu überdenken. Das kann zur Folge haben, dass man eine schwierige Entscheidung mehrfach überdenkt, bis man sich letztlich doch voran wagt.
Da „Life Is Strange“ in fünf Episoden geteilt erschien, hatten alle Entscheidungen auch stets Konsequenzen für die darauffolgenden Episoden. Das ist es, was den Reiz des Spiels ausmacht! Dass das Spiel nun als Limited Edition inklusive allen fünf Episoden erschienen ist, macht es jedoch nicht schlechter. Dennoch war ich am Ende der letzten Episode nicht zufrieden. Da ich an dieser Stelle storytechnisch nicht spoilern möchte, ist es schwer meine Unzufriedenheit in Worte zu fassen. Die Konsequenzen der einzelnen Entscheidungen hätten ein größeres Gewicht tragen und eine größere Auswirkung auf die letzten Entscheidungen des Spiels bieten können bzw. müssen. Nichtsdestotrotz sieht man mit diesem Spiel ein emotionales Abenteuer, dass mit ein paar zu langen Erzählpausen auf eine andere Art zu unterhalten weiß. Wer sich lieber zurücklehnt und ein Drama genießen möchte, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren!
Fazit
Schlussendlich kann ich sagen, dass mich interaktive Spiele begeistern. Die Möglichkeit spielbestimmende Entscheidungen zu treffen reizt mich bis zum Abspann. „Heavy Rain“ bleibt bisher mein Favorit. Spiele wie „Until Dawn“ und „Life Is Strange“ zeigen aber, dass es auch anders, neuartig und dennoch erfolgreich geht, trotz kleiner Schwächen. Und ich bin mir sicher, dass ich einige Meisterwerke noch gar nicht gespielt habe. Ihr könnt mir welche empfehlen? Dann meldet euch bei mir!
Andy Koch