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Emile Bernard – Am Puls der Moderne

18. April 2015

Am Puls der Moderne

Vincent Van Gogh beschreibt den Preis von künstlerischer Unabhängigkeit als Schicksal, dass dem einer Hure gleichkommt: Ausgestoßen und abgelehnt von der Gesellschaft zu sein. Für einen der schillerndsten, aber unbekanntesten Künstler war dies Realität: Emile Bernard, ein Kunstschaffender im Schatten der (eigenen) Kunst. Dem Zeitgeist trotzend gebührt diesem Kunst-Rebell und seinem eigenwilligen, unabhängigen Künstlerdasein jedoch mehr Sympathie als Mitleid. Mit der aktuellen Ausstellung „Emile Bernard – Am Puls der Moderne“ , welche vom 07. Februar bis zum 31. Mai 2015 in der Kunsthalle Bremen ausgestellt wird, wird ihm sein rechtmäßiger Platz in der Geschichte der modernen Malerei nun zuteil.

Das kreative Leben und Schaffen

„Besagter unterwürfiger Hure gehört mehr meine Sympathie als mein Mitleid. Ausgestoßen und abgelehnt von der Gesellschaft, wie Du und ich es als Künstler sind, ist sie gewisslich unsere Freundin und Schwester. Und in dieser Stellung als Auswurf findet sie – wie auch wir selbst – eine Unabhängigkeit, die, genau betrachtet, auch ihre Vorteile hat.“ Dies schrieb Van Gogh in einem Brief an seinem Künstlerkollegen und Freund Emile Bernard.

 

Emile Bernard – Ein Name, der bisweilen keine große Bekanntheit genossen hat. Als junger Kunststudent wegen seiner rasanten stilistischen Entwicklung aus dem Atelier verwiesen, lebt Bernard daraufhin ein Leben als unabhängiger Künstler. Eine Besonderheit, die er als Andersdenkender wohl sein eigen nennen kann: Das Wiedererkennungsmerkmal seiner künstlerischen Unabhängigkeit. Bernard gilt als Sinnsucher, der seine eigenen Ideale formuliert und in seinen Kunstwerken konkretisiert hat. Ausdruck dieser Unabhängigkeit sind seine rebellischen, stilistischen Wandlungen, durch die er sich jedweder Wiedererkennung entzieht. Denn die Handschrift Bernards trägt viele Gesichter: Sein künstlerisches Spektrum umfasst den Pointilismus mit seinen farbigen Flächen und Konturen, seiner eigenen Stilrichtung, dem Cloisonismus, welcher die Synthese des Geschehens und die Reduktion auf das Wesentliche miteinander verbindet und die Kunstrichtung des Symbolismus, bei dem die Idee des Gegenstandes und die Gestaltung aus der Erinnerung für die damalige Kunst als revolutionär galt. Er beherrschte das künstlerische Handwerk der Ölmalerei, Kunstdrucke und Schnitzerei. Kreide- und Aquarellzeichnungen, Stift- und Tinteskizzen sowie Zinkwerke finden sich in seiner künstlerischen Ansammlung wieder. Zudem zählen verschiedenste Materialien wie Visitenkarten, Kunstgewebe, Leinwände oder Holzmöbel ebenfalls zu seinem Sortiment. Die Kunst Emile Bernards ist eine unabhängige, vielfältige Kunst, die sich durch künstlerische Freiheit in Unabhängigkeit vom Kunstbetrieb, Stil und Material ausdrückt.

Schillernde Künstlerfigur

Einen Einblick in das Leben und die Werke der dynamischen Künstlerpersönlichkeit Emile Bernard bieten zahlreiche Landschaftsskizzen der Bretagne, Auftragsportraits, Illustrationen aus dem anrüchigen Abendmilieu sowie aussagekräftige Stillleben. Skizzen und Entwürfe sind auf unzähligen Vorder- als auch Rückseiten von Malbüchern, Notizen und raus gerissenen Blättern zu erkennen. Dabei liegt keine Ordnung vor, vielmehr sind die Datierungen seiner Kunstwerke chaotisch und nicht chronologisch angelegt. Von ägyptischen Alltagsszenen über mittelalterliche Heiligenmotive bis hin zu verträumten Odalisken. Einflüsse und Inspiration aus Frankreich, Italien oder Ägypten sowie handwerkliche Arbeiten, Möbelwerk, Darstellung alter Meister oder realistischer Gemälde und spanische Farbigkeit: Das vielfältige Oeuvre vermittelt Unabhängigkeit und entzieht sich durch den facettenreichen Wandel jedweder Wiedererkennung. Gerade in diesem Entzug der Wiedererkennung liegt das Wiedererkennungsmerkmal des Künstlers: (S)Eine unabhängige Kunst. Bernads ideale Schönheit besticht durch dunklen Umrisslinien, harte Ausschnitte und eigene Farbig- und Flächigkeit. Gleichzeitig ist dies sein Bekenntnis zur radikalen Avantgarde: Anspielungen und Kritik von Gesellschaft, Glaube, Spannungsverhältnissen von Geschlechtern und dem Leben selbst.

 

Ebenso vielseitig wie die Motive und stilistischen Merkmale Emile Bernards sind bekannte Namen, mit denen der Künstler im freundschaftlichen und künstlerischen Dialog stand:Vincent Van Gogh, Paul Cézanne und Paul Gauguin. Klare Bezüge zu Van Gogh sowie die Zusammenarbeit mit Paul Cézanne sind in seinen Werken ersichtlich. Trotz seiner bemerkenswerten künstlerischen Schaffenskraft führte Emile Bernard sowie seine eigene Kunst ein Schattendasein in der Kunst. Unter anderem schrieb der Kunstkritiker Albert Aurier einen Artikel über Gauguin als Erfinder der symbolischen Malerei. Dabei fand Bernard keine Erwähnung und Gauguin selbst revidierte nie, dass Emile Bernard Wegbereiter und Erfinder des Symbolismus war. Eine künstlerische Kränkung und gleichzeitig eine Aberkennung seines Künstlerdaseins. Doch trotz der fehlenden Anerkennung spricht die Besonderheit von Bernards Pinselstrich durch seine Derbheit und Monumentalität seiner eigenen Kunst für sich selbst. Stilistische Entwicklungen und Experimente sowie die generelle Sinnsuche in verschiedenen Lebenslagen, Glaubensfragen und symbolische Andeutung von Gefühlen und Sehnsucht ebenso wie konkrete Erzählungen, unterstreichen dies. Denn der Entzug der Wiedererkennung ist gleichzeitig das Identifizierungsmerkmal: Die stetige künstlerische und ästhetische Neuorientierung.

 

Der ewige Rebell

Kunst ist die Suche und das Finden von Schönheit. Für Bernard bedeutet dies jedoch mehr als das. Als geistiges Ideal vollkommener Schönheit sei die Kunst selbst ein Glaubensbekenntnis zu Gott. Dies ist Bernards Ausdruck einer neuen Kunst: Eine eigensinnige Suche und Darstellung idealer Schönheit. Ein Bekenntnis zur Natur, zum Glauben – eine Hommage an das Leben selbst. Emile Bernard schafft es durch seine ständige, ästhetische Erneuerung eine eigene Ausdrucksweise zu kreieren. Eine Ambivalenz von Wiedererkennung und gleichzeitigem Entzug dieser Wiedererkennung schafft: Eine sich wandelnde, unabhängige Kunst.

 

Von Flächigkeit und Abstraktion, variierenden Naturmotiven und Landschaftsskizzen über anrüchige Lokale, dem Mittelalter inspirierten Primitivismus bis hin zur Rückkehr zur Klassik und somit zur Ordnung: Emile Bernards Visionen und Brüche trotzen dem Zeitgeist. Als unabhängiger Künstler, dessen Stil und Werke stets den akademischen Leitbildern und Kunstbetrieb entgegengesetzt waren, schuf er als Impulsgeber durch und mit seinem Leben nicht nur Kunstwerke und Stilrichtungen, sondern ein Lebenskunstwerk, welches nur schwer zu fassen ist. Dennoch ist er ein Schöpfer, dessen Kunst und Künstlerdasein größtenteils unbekannt blieb. Wie ein altbekanntes Sprichtwort besagt: Künstler werden erst nach ihrem Tod berühmt.

Emile Bernards künstlerische Laufband und einmalige, ästhetische Ausdrucksweise brillieren allerdings durch eine unabhängige Handschrift. Dadurch, dass sie sich der Wiedererkennung entzieht, wird sie zu einer eigenständigen Kunst mit Wiedererkennungscharakter: Einer unabhängigen Kunst im Wandel. Denn wie schon der Maler Paul Gauguin über das Spiel mit der Kunst des ewigen Rebellen schrieb: „Hier ist jemand, der vor nichts zurückschreckt.“

#EmileBernard

Anlässlich der aktuellen Ausstellung „Emile Bernard – Am Puls der Moderne“ findet in der Kunsthalle Bremen eine außergewöhnliche, interaktive Selfie-Mitmach-Aktion statt. Mit MuseumSpiegelSelfies mit #EmileBernard Motiven erfindet sich die Kunsthalle Bremen im Sinne Bernards neu und setzt sich kreativ mit beiden Thematiken auseinander. Hierfür sind Motive aus Emile Bernards Gemälden als Zeichnungen an zwei Spiegeln im Haus angebracht. Besucher können dadurch in die Gemälde eintauchen und sich mit ihnen inszenieren. Die kreativen Museum-Spiegel-Selfies können dabei mit dem Hashtag #EmileBernard auf sozialen Netzwerken geteilt werden. #MuseumSpiegelSelfie, #Artselfie, #Museumselfie oder #Mirrorsme – der Kreativität des Hashtags sowie der Selfie-Inszenierung ist dabei keinerlei Grenzen gesetzt. Gleichzeitig dient die Aktion als als zeitgenössische Form der Auseinandersetzung mit dem Selfie und Spiegel-Selfie Phänomen sowie der Auseinandersetzung mit Kunstwerken.

In diesem Sinne: Seien sie am Puls der Moderne mit #EmileBernard.

 

Dana Bolloff

Abbildungen:
In der Sammlung der Kunsthalle Bremen finden sich Arbeiten von Bernards Zeitgenossen Henri Toulouse-Lautrec, Louis Anquetin, Paul Gauguin und Vincent van Gogh. Die genutzen Bilder im Beitrag werden gemäß der Rahmenbedingungen veröffentlicht. Abbildungen von Gemälden bzw. Skulpturen finden Sie zudem in dem Onlinekatalog der Kunsthalle Bremen: http://www.kunsthalle-bremen.de/sammlung/online-katalog/
Abb. 1: Emile Bernard, Die Weizenernte, 1888, Öl auf Leinwand, 56,4 cm x 45,1 cm, Musée d’Orsay, Paris © RMN-Grand Palais (musée d’Orsay) / Jean-Gilles Berizzi
Abb. 2: Emile Bernard, Die Stunde des Fleisches, 1885/86, Pastell und Gouache auf Packpapier, aufgezogen auf Leinwand, 125 cm x 170 cm Privatbesitz / Foto: Gérard Dufrène
Abb. 3: Emile Bernard, Die blaue Kaffeekanne, 1888, Öl auf Leinwand, 55,2 cm x 45,8 cm
© Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen / Foto: Lars Lohrisch
Abb. 4: Emile Bernard, Madeleine im Bois d’Amour, 1888, Öl auf Leinwand, 137 cm x 163 cm, Musée d’Orsay, Paris
© RMN-Grand Palais (musée d’Orsay) / Patrice Schmidt
Abb. 5: Emile Bernard MuseumSpiegelSefie, Kunsthalle Bremen
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