Jeder kennt sie, jeder hat sie schon mal gesehen, aber nur die wenigsten nehmen sie so richtig wahr: Die Leute, die in Filmen und Serien im Hintergrund herumlaufen und die Szenen füllen, damit sie lebendiger und realistischer aussehen.
Aber woher kommen diese Leute eigentlich? Sind das ganz gewöhnliche Passanten, die einfach mit aufgenommen werden? Nein, natürlich nicht. Wie jedes Detail in einer Szene eines Films oder einer Serie wird auch das Nebengeschehen im Hintergrund durchgeplant. Um dies umzusetzen, werden Komparsen und Statisten eingesetzt. Genau genommen sind Komparsen und Statisten nicht das Gleiche, denn Statisten sind diejenigen, die tatsächlich nur im Hintergrund stehen oder gehen, während Komparsen direkt in die Handlung einbezogen werden. Die müssen dann beispielsweise aus der Tür gehen, wenn ein Schauspieler hereinkommt oder dürfen mal einen Satz sagen.
Ein Bedarf an Leuten, die in Film und Fernsehen den Hintergrund füllen ist immer da
Wie die Leute aber zum Film oder zur Serie kommen, hatte ich mich eigentlich nie gefragt. Das habe ich dann herausgefunden, als ich vor ein paar Jahren erfuhr, dass man als Komparse einfach und relativ entspannt nebenbei Geld verdienen kann. Man muss sich nur bei einer oder mehrerer Agenturen anmelden und wird dann, je nach Bedarf, gebucht. Also habe ich mich kurzerhand bei einer dieser Agenturen angemeldet, die regelmäßig die Statisten für diverse deutsche Serien und Filme in und um Berlin, organisiert und bin zum Casting gegangen. Ein richtiges Casting? Nun ja, im Grunde bedeutete das nur, ein paar Fotos machen zu lassen. Aufgenommen wird man sowieso, denn: der Bedarf an Leuten, die in Film und Fernsehen den Hintergrund füllen, ist immer vorhanden und so breitgefächert, wie man sich nur vorstellen kann. Egal ob jung oder alt, dick oder dünn, egal welcher Style – jeder kann irgendwann mal bei einem Dreh gebraucht werden.
“Komparse die Erste” bei GZSZ
Meine erste Anfrage war dann kurze Zeit später für einen Dreh am Außenset bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten – eine der häufigsten Anfragen bei dieser Agentur, weil GZSZ durch die täglichen Drehtage einen besonders hohen Bedarf an Komparsen hat. Das wusste ich von befreundeten Komparsen allerdings schon vorher und konnte mir daher gründlich überlegen, ob die Bezahlung einen eventuellen Imageverlust in meinem Freundeskreis durch ein paar Auftritte in der Daily Soap wettmachen könnte. Ja, könnte sie. Mein erster Komparsenjob führte mich also zum Filmpark Babelsberg. Nachdem die selbst mitgebrachten Klamotten von den ziemlich genervt wirkenden Damen in der Garderobe abgesegnet worden waren, habe ich mir einen ersten Eindruck vom Außenset gemacht. Auf dem Weg dorthin haben wir noch ganz nebenbei Mando Diao gesehen, die am selben Tag auch bei GZSZ aufgetreten sind.
Der erste Eindruck war wirklich nicht überwältigend, denn das Set besteht praktisch nur aus einer Kreuzung mit den Fassaden des Clubs „Mauerwerk“, des Spätkaufs, der Schule und ein paar anderer „Gebäude“. Nach kurzer Einweisung hieß es dann erst einmal warten. Ich merkte ziemlich schnell, dass dies die Hauptbeschäftigung eines jeden Komparsen ist: warten, dass die Szene vorbereitet ist, warten bis die Kameraeinstellungen stimmen, warten bis die Schauspieler fertig sind. Mit denen hat man übrigens recht wenig zu tun. Abgesehen davon, gemeinsam vor der Kamera zu stehen oder hier und da zwischen den Takes ein paar Worte zu wechseln, verbringen Schauspieler und Komparsen den Drehtag getrennt. Wer also als Komparse mal seine „Soap-Idole“ kennenlernen möchte, ist hier nicht unbedingt an der richtigen Adresse.
Ein herzhaftes “Und bitte!”
Als das Warten endlich vorbei war, wurden einige Komparsen ausgewählt und jedem erklärt, wo er stehen soll und wann er wohin laufen soll. Nach einem herzhaften „Und bitte!“ von der Regieassistenz ging es los: über die Straße spazieren, in ein Schaufenster gucken, jemanden an der U-Bahn treffen, sich wieder trennen, wieder zurück über die Straße gehen usw. Laufwege, die man im wahren Leben wahrscheinlich niemals machen würde, aber im Fernsehen fällt das niemandem auf. Oberstes Gebot ist dabei stets, so still wie möglich zu sein. Das fällt natürlich nicht leicht, denn bei diesen stummen Dialogen kommt man sich doch ziemlich dumm vor und die bösen Blicke von der Regie- oder Tonassistenz sind vorprogrammiert. Diesen Weg lief ich dann aber nicht einmal, sondern zehn oder 15 Mal und tat das gleiche dann auch bei den darauffolgenden vier oder fünf Szenen. Hier eine Änderung am Ablauf, da eine neue Kameraeinstellung, hier ein Versprecher im Dialog, dort ein Flugzeug über dem Set – Gründe für einen neuen Take gibt es reichlich. Es kam dann auch nicht selten vor, dass man als Komparse genervt war, wenn die Szene nach fast zwei Stunden immer noch nicht im Kasten war und es wieder einmal hieß „Alles auf Anfang“. Insgesamt hat der Dreh dann tatsächlich zehn Stunden gedauert. Das ist bei GZSZ am Außenset Usus und ein Grund, warum sich Komparsen nicht gerade die Finger danach lecken, denn man wird für jeden Auftrag pauschal bezahlt. Je länger der Drehtag also dauert, desto geringer ist der Stundenlohn.
Abgesehen davon war es aber tatsächlich ein entspannter Arbeitstag. Die ganze Zeit, die man zwischen den Szenen gewartet hat, konnte man damit verbringen ein Buch zu lesen, Aufgaben für die Uni zu erledigen oder sich mit den anderen Komparsen unterhalten.
Meine „Kollegen“ waren alle sehr nett und haben dafür gesorgt, dass die Zeit sehr schnell vorbeiging, denn viele, die schön länger dabei waren, hatten interessante Geschichten von anderen Aufträgen zu erzählen: ein Musikvideodreh von Silbermond mit Matthias Schweighöfer, eine kleine Rolle bei Keinohrhasen oder Statist bei Das Bourne Ultimatum. Und wenn nicht darüber erzählt wurde, dann wurde ausgiebig über die Produktionsgepflogenheiten bei GZSZ hergezogen. Einigkeit herrschte darüber, dass die Komparsen bei GZSZ ohne Verpflegung in einem sehr minimalistisch eingerichteten Warteraum ziemlich schlecht behandelt werden und einige der Schauspieler – vor allem die neueren in der Besetzung – unangenehm hochmütig wirken, während die alten Hasen „Leon“ oder „Joe Gerner“ überraschenderweise sehr nett und witzig sind.
Resümee: Eine angenehme Art, Geld zu verdienen
Nach meinem ersten Einsatz bei der wohl immer noch beliebtesten deutschen Daily Soap, hat mich mein Nebenjob noch zu Anna und die Liebe, Doctor’s Diary und Eine wie keine – eine Sendung, die ziemlich schnell wieder abgesetzt wurde – geführt. Dabei war ich mal ein gewöhnlicher Passant am Wannsee, mal ein Hochzeitsgast auf einem Dorf in der Nähe von Potsdam und mal eine Clubbesucherin in Kreuzberg. Es stimmt tatsächlich, dass Statist sein eine angenehme Art ist, Geld zu verdienen, bei der man auch ganz nebenbei noch erfährt, wie Fernsehproduktionen ablaufen. Übrigens habe ich meinen ersten Auftritt bei GZSZ, der circa drei Monate später ausgestrahlt wurde, sogar selbst per Zufall im Fernsehen gesehen und wurde auch zwei oder drei Mal von Freunden angesprechen, die mich erkannt haben. Von Imageverlust aber keine Spur
Sophia Schulze
Bildquelle: Paul-Georg Meister (pixelio.de)