Tatkräftige junge Menschen wandeln einen Biogärtnerhof in eine solidarische Landwirtschaft um und tragen somit zu einer faireren und nachhaltigeren Landwirtschaft bei. Krosse erzählt die Geschichte des Gärtnerhofs Riede.
Nahe der Bremer Stadtgrenze befindet sich ein kleiner Gärtnerhof mit Ackerflächen, Gewächshäusern, Tieren und Obstbäumen. Am Eingangstor verkündet ein buntes Schild, dass dies der Gärtnerhof Riede ist – und außerdem eine solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) mit dem Namen Das grüne Zebra. Auf dem Hof stehen viele alte Gerätschaften, es türmen sich Kisten und Schubkarren. Es gibt ein großes Gebäude, das als Werkstatt dient, einen Unterstand mit einem Traktor, ein kleines Häuschen, einen Wohnwagen, Gewächshäuser und natürlich ganz viel Ackerfläche.
Dieser kleine Betrieb im Bremer Umland gehörte einst dem Ehepaar Schmidt, die hier einen klassischen Biohof betrieben. Sie verkauften ihr geerntetes Gemüse auf Märkten und gaben Überschüsse an den Großhandel ab. Vor vier Jahren wollten sich die Besitzer zur Ruhe setzten und den Betrieb verkaufen. Die ursprünglich geplanten Käufer sprangen allerdings kurzfristig ab und so stand der Hof plötzlich mit erntereifen Salaten auf dem Acker allein da. Das Ehepaar Schmidt musste trotz geplanten Ruhestands nun doch noch einmal ran.
Vom Biogärtnerhof zur solidarischen Landwirtschaft – die Umwandlung
Als Marlene Vondran davon erfuhr, ist die Bremerin sofort zu dem Hof gefahren und hat den Schmidts geholfen, diesen weiter zu bewirtschaften. Marlene war selbst ehemalige Biogärtnerin, ihr Traumberuf, wie sie sagt. Sie gab den Job aber auf, da sie mit dem Gehalt ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren konnte. Marlene hat damals auch ihre Freund*innen mit zu dem Gärtnerhof in Riede gebracht, um den Schmidts zu helfen. Es wurden im Laufe der Zeit immer mehr und mehr Menschen, die den Hof unentgeltlich mit ihrer Arbeit unterstützen.
„Ich hatte dann schon die ganze Zeit von solidarischer Landwirtschaft gesprochen. Ich bin ein großer Fan davon und hab immer gesagt: Hier müsste man das mal machen!“, erzählt Marlene, als sie an diese Zeit zurückdenkt. Gesagt, getan. Die Gruppe von Helfer*innen tat sich zusammen und gründete den Verein Das grüne Zebra e. V. und verwandelte den Hof in Absprache mit den Schmidts in eine SoLaWi. Somit sind sie Teil der mittlerweile insgesamt 426 SoLaWis in Deutschland, Tendenz steigend laut der offiziellen Webseite des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft. Den Namen verdankt der Hof einer speziellen Tomatensorte, die grün gestreift ist und somit an ein grünes Zebra erinnert.
Das Konzept der solidarischen Landwirtschaft
Marlene erklärt leidenschaftlich, was genau eine SoLaWi ist: Eine Gruppe von Menschen ist solidarisch mit einem Bauer oder einer Bäuerin und umgekehrt sind diese solidarisch mit der Gruppe. Die Parteien schließen einen Vertrag, der besagt, dass die Gruppe monatlich einen festen Betrag an die Landwirt*innen zahlt und diese dann ihre gesamte Ernte unabhängig von der Menge an diese Menschen weitergeben. Einmal die Woche wird die Ernte in Depots in die Stadt gefahren, wo sich die Mitglieder*innen ihren bereits gezahlten Anteil dann abholen können.
Durch den festen monatlichen Betrag haben die Landwirt*innen eine Planungssicherheit. Sie können für ein Jahr genau kalkulieren, womit sie wirtschaften können. Außerdem werden die Risiken der Landwirtschaft abgemildert, denn wenn die Ernte durch Witterungsbedingungen teils misslingt, wird dies im Solidarprinzip abgefangen. Bei der klassischen Marktwirtschaft würde eine teils misslungene Ernte zu einem finanziellen Einbruch führen. Außerdem sorgt die garantierte Abnahme der gesamten Ernte bei der SoLaWi dafür, dass es keinen Überschuss an Gemüse gibt, der bei klassischer Landwirtschaft häufig auf dem Kompost landet.
So läuft es beim Grünen Zebra
Auf dem kleinen Hof in Riede kommen seit der Umwandlung in eine SoLaWi einmal im Jahr alle ca. 100 Mitglieder*innen des Grünen Zebras zusammen, also Gärtnerinnen und Abnehmerinnen, um in einer Bietrunde die monatlichen Beiträge zu ermitteln. Die Landwirt*innen legen alle Zahlen offen und zeigen, was sie an Geldern für ein Jahr benötigen. Es wird ein Richtwert aufgestellt, der den monatlichen Beitrag angibt. Dieses Jahr liegt der zum Beispiel bei 103€ pro Monat. Anschließend gilt auch hier das Solidarprinzip: Alle schreiben auf einen Zettel auf, was sie in der Lage wären, für ihren Anteil zu bezahlen. So übernehmen manche Mitglieder*innen einen größeren finanziellen Anteil und manche einen kleineren. Die Anteile können in diesem Verein statt durch Geld auch durch die eigene Arbeitskraft auf dem Hof erworben werden. Das hält Marlene für ein bisher einzigartiges Konzept, was das Grüne Zebra als SoLaWi besonders macht. Dem Verein und vor allem auch Marlene ist sehr wichtig, dass die Gärtner*innen fair für ihre Arbeit bezahlt werden, denn sie selbst weiß, wie es ist, durch diesen Job unterfinanziert zu sein. Die Mitglieder*innen sollen sich mit den Gärtner*innen solidarisieren und diesen ein geregeltes und angemessenes Einkommen ermöglichen.
Die Mitglieder*innen sind aber mehr als reine Abonnent*innen eines Gärtnerhofes. „Man hat als SoLaWi Mitglied auch einen Ort, an dem man sein kann, mitwirken kann“, sagt Marlene. Die Mitglieder*innen des Grünen Zebras kommen regelmäßig auf dem Hof vorbei, packen bei der Ernte mit an oder misten den Kuhstall aus – alles freiwillig. Man erkennt schnell: Der Verein geht weit über ein Produzent*innen-Abnehmer*innen-Verhältnis hinaus. Der kleine Hof lädt mit einer Lagerfeuerstelle, gemütlichen Sitzgelegenheiten und einem Wohnwagen mit Übernachtungsmöglichkeit dazu ein, zusammenzutreffen, sich auszutauschen und zu verweilen. Der klassische Biohof in Riede ist erfolgreich zu einer SoLaWi geworden, hat eine neue Gemeinschaft entstehen lassen und trägt zu besseren Arbeitsbedingungen der Gärtner*innen und einer gesicherten nachhaltigen Landwirtschaft bei.
Das Grüne Zebra nimmt für diese Saison noch weitere Mitglieder*innen auf. Bei Interesse kann eine E-Mail an mitglieder@das-gruene-zebra.de geschrieben werden.
von Luise Mosebach