„Containern“: Immer mehr Studenten durchforsten die Mülltonnen der Supermärkte, um Lebensmittel vom Abfall auf den heimischen Küchentisch zu bringen. Was treibt sie an und wie ist die rechtliche Lage?
Supermärkte wie Rewe, Edeka, Penny und Co. sind schon lange nicht mehr nur Anlaufstellen für kaufwütige Konsumenten, die brav an der Kasse Schlange stehen, um ihre ergatterten Waren einzeln über das Band gleiten zu sehen, behutsam vom Einkaufswagen in ihr Auto zu verfrachten und stolz in der heimischen Wohnung zu platzieren. Dem entgegen formiert sich ein ganz neues Klientel, das den Supermarkt aus ähnlichen Motiven, aber aus anderen Überzeugungen aufsucht. Sie betreten diese Huldigungstempel des westlichen Kapitalismus nicht etwa durch die großen elektrischen Schiebetüren am Eingang, nein, sie suchen gezielt den Weg über den Parkplatz. Objekt der Begierde für die meist jungen Menschen mit akademischem Hintergrund sind die großen, sich im Hinterhof befindenden Container. In diesen vermuten sie die wahren Schätze der großen Discountermärkte. Sie hoffen auf kostenlose Lebensmittel, ausrangierte Blumen und ähnliche Dinge, die im normalen Verkauf der Geschäfte keinen Platz mehr finden und aus unterschiedlichsten Gründen auf dem Müll landen. Man könnte schon fast von der neuen Volkssportart sprechen, wenn man sich einmal anguckt, wie viele Menschen dem Jagdfieber bisher verfallen sind. Stellt man sich zum Beispiel einen Tag lang auf den Parkplatz eines Rewe, wird man an vermeintlich günstigen Tagen sicherlich so einige Kleingruppen von Studenten sehen, die sich enthusiastisch durch die Mülltonnen der Großkonzerne wühlen.
Ist das überhaupt erlaubt?
Aber ist das überhaupt rechtens? Die Antwort ist eindeutig. Nein, das sogenannte “Containern”, auch “Dumpstern” genannt, ist in Deutschland, anders als z.B in Österreich, nicht erlaubt und steht sogar unter Strafe. Nach deutschem Recht, zählt der Abfall, der sich in den Mülltonnen einer Privatperson sowie der Supermärkte und anderer Läden befindet, zu deren Eigentum. Demnach ist das Entwenden von entsorgten Artikeln aus Abfallcontainern nichts anderes als Diebstahl. Es gibt zwar viele Ausnahmeregelungen und meist wird gegen die von Mitarbeitern des Supermarktes auf frischer Tat Ertappten auch nur eine Verwarnung ausgesprochen. Doch wird einmal Strafanzeige von Seiten des „Geschädigten“ gestellt, kann es ernst werden. Je nachdem, wo sich die Abfalleimer der Supermärkte befinden, kann eine zusätzliche Anzeige wegen Hausfriedensbruch folgen. Oftmals werden die Strafverfahren eingestellt. Es gibt jedoch auch Fälle von Verurteilungen, im Zuge derer Geldstrafen oder das Ableisten von Sozialstunden verordnet werden.
Warum sucht man seine Lebensmittel aus dem Müll?
Was treibt also so viele junge Menschen trotz dieser Gefahr immer wieder zu den Containern der Supermärkte ihrer Stadt? Zum einen gibt es moralische Gründe. Viele Menschen sind davon überzeugt, dass die Lebensmittel, die im Container landen, teilweise durchaus noch genießbar sind. Es wird von Verschwendung gesprochen. Tatsächlich ist es so, dass Lebensmittel, die kurz vor dem Ablaufdatum stehen, nicht mehr ansehnlich genug aussehen – durch zum Beispiel Druckstellen, beschädigte Verpackung oder Ähnliches – oder einfach aus dem Sortiment genommen werden, also Überschussware sind, im Abfall landen. Dies ist ein Phänomen, das unsere westliche Überflussgesellschaft, in der vieles in Massen vorhanden ist, prägt. Zum anderen gibt es aber auch Menschen, die zum Containern gezwungen sind. Menschen, die nicht genug Geld zum Leben haben oder gar auf der Straße hausen, bekommen so ihr täglich Brot. Letztere scheinen jedoch den kleineren Teil des Containerklientels auszumachen. Studenten und junge Menschen in der Ausbildung, die eigentlich genug Geld fürs Nötigste haben, bedienen sich dieser Form der Nahrungsmittelbeschaffung. Sei es aus ideellen oder rein zweckmäßigen Gründen, um ein Zeichen zu setzen, oder Geld zu sparen. Tatsächlich könnte man fast ausschließlich von dem ergatterten Containerfood leben. Eines ist auf jeden Fall sicher: Solange die Großmärkte weiterhin ihre Waren quasi aus dem Fenster werfen, wird es immer Menschen geben, die dies nicht akzeptieren wollen und gegen die Verschwendung protestieren.
Weitere Informationen zum Thema Containern könnt ihr hier finden!
Christian Hannken