Im Bremer AufLADEN werden Kunstwerke von 51 Künstlerinnen für den guten Zweck verkauft. Kunstwerklotterie statt Auktion, das ist das Motto. Die Erlöse sollen ukrainischen Geflüchteten zugutekommen. Bis zum kommenden Sonntag lässt sich die Ausstellung noch besichtigen.
BREMEN, Das Viertel – Der AufLADEN hat seine Türen weit geöffnet. Mit dem ersten Schritt in die Räume, kommt einem der Geruch von Espresso entgegen. Bohnen werden in der Kaffeemühle zermürbt, die Siebträgermaschine steht unter Druck und die Stimmen der Besucher:innen hallen im Raum. Zur Linken stehen vereinzelt Holzstühle und -tische. Zur Rechten ist der Boden leer geblieben. Dafür sind die Wände mit Kunstwerken behangen. Menschen stehen vor den weißen Mauern, lehnen sich mit verschränkten Armen zurück und betrachten die Malereien, Drucke und Figuren.
51 Kunstwerke von ebenso vielen Künstlerinnen sind seit Mittwoch im Ostertorsteinweg ausgestellt. Die Veranstaltung wurde von dem Künstlerinnenverband Bremen der GEDOK – Gemeinschaft der Bildenden Künstlerinnen in Deutschland und Österreich – organisiert. Gegründet worden sei der Verband im Jahre 1926 mit dem Ziel Frauen, die in jeglichen Formen Kunst betreiben, zu vernetzen, zu unterstützen und zu fördern, so Ilka Rautenstrauch. Aber diese Veranstaltung ist besonders. „Es ist keine Ausstellung in dem Sinne sondern eine Charity-Veranstaltung, dessen Idee im Verein entstanden ist“, sagt sie.
Der Ukraine-Krieg als Auslöser
Hintergrund ist der Krieg, den Russland seit dem 24. Februar diesen Jahres gegen die Ukraine führt. Der Künstlerinnenverband Bremen wollte sich nicht nur zur Unterstützung der Ukrainischen Flüchtenden bekennen. Sie wollten Gelder sammeln und spenden. Die Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „EOTO e.V.“ (Each One Teach One) sollen damit finanziell unterstützt werden. „Es ging zackig rund“, sagt Friederike Torney. Räumlichkeiten wurden gesucht, die Künstlerinnen und Presse informiert. „Und dann war da natürlich auch die Frage, ob sie spenden können. Wenn ja, was sie schicken konnten, wie groß das Kunstwerk ist, wie wir das hinkriegen und ob es überhaupt in den Raum passt.“
Noch bis zum Sonntag, den 22. Mai ist es möglich ein Los oder mehrere zu kaufen und sie in die Dose zu stecken. Per Nummerierung ist jedem Kunstwerk eine Dose zugeordnet. Mit Glück wird das eigene Los gezogen und man gewinnt sein Lieblingsstück. Wenn nicht, hat man immerhin für den guten Zweck gespendet. Denn alle Gelder fließen ohne Umwege zu den Organisationen. Wie viel die Fotografien, Siebdrucke und Acrylmalereien sonst kosten, spielt bei diesem Event keine Rolle. „Es sind aber teilweise Arbeiten von Künstlerinnen dabei, die sehr gut im Geschäft und auch international unterwegs sind. Deren Arbeiten liegen im 10, 20 oder 30 Tausend Euro Bereich“, sagt Ilka Rautenstrauch.
Bremen statt New York
Bekannt ist beispielsweise Sibylle Springer. Eine Malerin aus Münster, die an der Hochschule für Künste in Bremen studierte. Derweil ist sie nicht nur national sondern auch international auf Ausstellungen vertreten. Selbst in Übersee, in der Weltstadt New York war ihre Kunst schon zu sehen gewesen. Jetzt hängt eine gerahmte Blaupapierzeichnung von ihr aus dem Jahre 2013 an der weißen Wand des Altbaus im Bremer Viertel. Einen thematischen Schwerpunkt haben die Arbeiten nicht gemein. „Es sind Werke, die in den Ateliers der Künstlerinnen sowieso schon da waren und die sie eben entbehren konnten“, sagt Ilka Rautenstrauch.
Dass die Auswahl der Bilder jedoch nicht rein willkürlich passierte, wird durch das Werk von Annemarie Strümpfler deutlich. Schwarzes Graphit dominiert die bearbeitete Fotografie. Aus dem Dunkeln taucht ein Frauenoberkörper auf. Mit Großbuchstaben steht über und unter der Brust geschrieben: „Woman ≠ War“. Zu deutsch – Frauen entsprechen nicht dem Krieg oder widersetzen sich diesem. Das Gesicht und der rechte Arm, welcher scheinbar in die Höhe gestreckt wurde, sind übermalt.
Hoffnung auf Widerstand
Die Künstlerin mit grau melierten Haaren steht hinter dem Tresen. Sie verkauft die Lose und beobachtet die Besucher:innen aufmerksam. Zugleich erklärt sie, wie das Werk entstanden ist: „Es hat einen direkten Bezug zu dem Sinn der Ausstellung und der Verlosung. Eben diese aktuelle Lage in der Ukraine und der Ohnmacht, die uns in dieser Situation auch begegnet. Das wollte ich mit dieser Arbeit aufgreifen“, so Annemarie Strümpfler.
Sie habe noch die Hoffnung, dass es Kräfte gibt, die sich vereinen und in der Lage sind, das Sterben und Leiden durch den Krieg, aufzuhalten. Der Krieg sei ein männlicher Akt, so die Künstlerin. Strümpflers Meinung nach seien es die Frauen, die mit ihrer Kraft das Aufhalten des Krieges schaffen könnten.
In den kommenden Tagen ist es für Kunstinteressierte aber auch all jene, die einen Beitrag leisten möchten, möglich mit einem Los die Hilfsorganisationen zu unterstützen. Die Ziehung der Lose findet am Sonntag um 15 Uhr statt. Dabei wird die Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz in die Dosen greifen. „Sie ist eng mit dem Verband in Kontakt und der Kunst sehr nahe“, erklären die Organisatorinnen Ilka Rautenstrauch und Friederike Torney mit Euphorie.
von Anne-Kathrin Oestmann
AufLADEN im Ostertorsteinweg 40
Öffnungszeiten: Freitag von 15 – 22 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 – 19 Uhr