Während andernorts an Christi Himmelfahrt mit Familie und Freunden gerne Fahrradtouren unternommen werden, vollziehen manche Studenten der Universität Bremen bereits seit einigen Jahren ihre ganz eigene Tradition: Das Bremer Bierkistenrennen. Zwei Redakteurinnen von KROSSE sind dort ebenfalls angetreten und haben zumindest an Erfahrung gewonnen.
„Es ist die perfekte Synthese aus Leistungssport, Kampftrinken und Teamgeist“ heißt es in der Veranstaltungsbeschreibung. „Es wird euch an eure Grenzen bringen“ wurde uns gesagt, nachdem wir uns zur Teilnahme entschlossen hatten. Nach diesen Aussagen kamen leise Zweifel an unserem Vorhaben auf, doch wir waren fest entschlossen, trotz allem anzutreten, es ging uns schließlich nur darum, dabei zu sein. Nachdem am Vortag das Bier eingekauft und spontan noch zwei trinkfeste Mitglieder rekrutiert worden waren, starteten wir pünktlich um 15 Uhr gemeinsam mit ungefähr 100 anderen Studenten in das Rennen um den Bremer Unisee.
Die Regeln des Bierkistenrennens sind einfach: In Vierer-Teams soll ein Kasten mit dreißig Bierflaschen ca. 2,5 Kilometer um den See getragen und währenddessen geleert werden. Außerdem ist das Verschütten von Bier „auf Tod und Teufel verboten und ist eine niemals wieder gutzumachende Schande“, genauso wie sich von anderen unterstützen zu lassen oder den Kasten mit Hilfsmitteln zu transportieren. Sogar der Umweltschutz wurde im Reglement bedacht, denn jedes Team musste am Ende nicht nur die Kiste mitsamt Bierflaschen ins Ziel bringen, sondern auch die dreißig Kronkorken, denn die durften nicht einfach achtlos weggeworfen werden. Hat man alle Regeln eingehalten und den Gerstensaft komplett geleert, muss nur noch dreimal einen Baum beim Startpunkt umrundet werden, um das Rennen zu beenden.
Zwischen Schaulustigen und Schlagern
Abhängig davon, wie ernst die Gruppen das Rennen nahmen, fielen die Vorbereitungen sehr unterschiedlich aus. Manche kauften sich die Kästen einen Tag vorher und präparierten die Griffe, um ihn besser tragen zu können, andere gingen spontan ohne Team und Bier zum Startpunkt und organisierten sich alles Nötige vor Ort. Diejenigen, die erbittert um den Sieg kämpften, hatten sogar ausgeklügelte Taktiken, beispielsweise mit dem Kasten zum Ziel zu joggen und dort das Bier auszutrinken. Doch der Großteil der Teilnehmer ging gemütlicher an die Sache heran. Auf unserem Weg um den See trafen wir mehrere Gruppen, die Pausen einlegten, die Spielplatzgeräte testeten, oder ihre Bierkästen in Bollerwägen hinter sich her zogen und dabei sogar an Musik gedacht hatten. Hits wie „Atemlos“ von Helene Fischer oder „Schatzi schenk mir ein Foto“ von Mickie Krause wurden lautstark abgespielt, sehr zum Grauen manch anderer. Das richtige Rennen sollte dann doch den Ehrgeizigen überlassen werden.
Die Erstplatzierten drehten sich nach knapp 25 Minuten dreimal um den Baum, unser Team hingegen landete vermutlich im vorderen Mittelfeld und erreichte das Ziel nach einer halben Stunde. Dort hatten wir allerdings noch die Hälfte des Kastens vor uns. Nach zwei Stunden war auch das endlich geschafft und wir gesellten uns zu den anderen Gruppen und Schaulustigen, die sogar Picknickdecken mitgebracht hatten und eifrig am Grillen waren oder Flunkyball spielten. Während die Bierkästen zu einem hohen Turm aufgestapelt wurden, saß man noch bei der spontan organisierten Party bis spät in die Nacht hinein zusammen. Leider ergab sich dabei irgendwann das Problem, dass das Bier leer war.
Nach dem Bierkistenrennen ist vor dem Bierkistenrennen
Natürlich ist solch exzessiver Alkoholkonsum kritisch zu hinterfragen, aber genau genommen unterscheidet sich das Bremer Bierkistenrennen nicht sehr von anderen Vatertagstouren. Einige Gruppen, größtenteils älterer Leute, standen sogar mit ihren Fahrrädern am Wegesrand und feuerten uns begeistert an. Andere hingegen schauten uns eher verdutzt hinterher, weil sie vermutlich nicht wussten, was all diese Studenten da trieben. Bei dem Rennen ging es uns nicht nur darum, zu beweisen, dass man zu viert einen Bierkasten leeren kann, sondern um den Spaß und das Gemeinschaftsgefühl. Nächstes Mal werden wir vermutlich wieder antreten, auch wenn das diesjährige Rennen für uns genau genommen noch läuft, weil wir vergessen haben, den Baum zu umrunden.
Lisa Henn und Marleen Janzen