Der auffällige Geruch, der vielen in die Nase steigt, wenn sie an einem lauen Sommerabend durch den Park spaziert, könnte allseits bekannt sein. Aber auch wenn dem nicht so ist, haben die meisten sicherlich schon mal einen der Begriffe Marihuana, Cannabis, Haschisch, Weed, Gras, Pot oder ganz exotisch Mary Jane gehört. Was steckt hinter diesen Begriffen und was ist ihre aktuelle Relevanz?
Auf der Suche nach Literatur stößt man auf Vieles, was auf mögliche negative Folgen von Cannabis hinweist: akute Psychosen oder psychotische Symptome, die Gefahr im Straßenverkehr, welche von Menschen mit THC im Blut ausgehen soll und im schlimmsten Falle Todesfällen aufgrund körperlicher Folgen vom Konsum.
Also was hat es mit dem Konsum von Cannabis auf sich, welche Gefahren gehen mit dem Konsum einher und wie kann dieser sicherer für einen selbst und für die Umwelt gestaltet werden?
Der praktizierende Arzt und Autor sowie Cannabis-Befürworter Dr. med. Fanjo Grotenhermen hilft nun, ein paar Fragen in die Fakten einzuordnen.
Zur politischen Debatte über Cannabis
Durch das Opiumabkommen vom 19. Februar 1925 wurde Cannabis noch im selben Jahr verboten. Dieses Verbot ist ein soziales Konstrukt und beruht auf politischen, ökonomischen, globalen und nationalen Machtstrukturen, fern von wissenschaftlich fundierten Gründen. Die Hippiebewegung kämpfte ab Ende der 1960er gegen das Verbot an.
Die Legalisierung von Cannabis ist für die aktuelle Legislaturperiode vorgesehen. Es gibt viele unterschiedliche Meinungen ausgehend von wissenschaftlichen und politischen Institutionen zum Konsum von Cannabis und zum möglichen Zeitpunkt einer Legalisierung.
Christian Lindner behauptete beispielsweise, Cannabis soll noch dieses Jahr legal werden, während Experten vom frühen Jahr 2024 ausgehen.
Die jetzige Cannabis-Politik wird von großen Teilen der Bevölkerung nicht ernst genommen. Das zeigt sich beispielsweise, indem das Verbot von 25 % der 18 bis 25-Jährigen im Jahr 2021 nicht beachtet wurde. Der Schwarzmarkt artet aus und der Konsum nimmt zu. Im Jahr 2022 wurde noch mehr konsumiert als im Vorjahr. So haben mindestens 10,7% der Männer sowie 6,8% der Frauen einmal in diesem Zeitraum Cannabis konsumiert. Die Zahlen machen deutlich, dass sich etwas verändern muss.
Wie wird die Legalisierung aussehen?
Im Zuge einer möglichen Legalisierung wird als Bedingung für den legalen Konsum und Verkauf ein Mindestabstand zu Schulen und Kindergärten genannt und das Mindestalter von 18 vorausgesetzt. Für Minderjährige gilt aktuell, dass es einen Jugendschutz im Sinne einer verpflichtenden Suchtprävention für diejenigen geben soll, die beim Konsum oder Besitz von Cannabis erwischt werden. Die Angebote für Frühinterventions- und Präventionsmaßnahmen sollen ausgebaut werden.
Zudem werden sogenannte „soziale Clubs“ gebildet, die die Abgabe von Cannabis an ihre Mitglieder regulieren. Auch der Eigenanbau wird unter der Bedingung des gemeinschaftlichen Nutzens in diesen sozialen Clubs möglich. Der Besitz, sowie alle anderen Aspekte der Legalisierung sind streng begrenzt. Nach aktuellem Stand sollen diese Regelungen bereits Ende diesen Jahres in Kraft treten.
Cannabis in der Medizin
Grundsätzlich ist es so, dass der Konsum von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Aufsicht bereits seit 2017 genutzt wird und als sicher gilt. Gründe für die Verschreibung von medizinischem Cannabis können palliativer Natur sein oder bei ADHS, chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose und Paraplegie, Epilepsie, bei Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie sowie zur Appetitsteigerung bei HIV oder AIDS erfolgen.
Unter klinischer Aufsicht ist bisher noch keine Psychose aufgetreten (Stand 2018), nur bei jungen Proband*innen gab es lediglich psychotische Symptome. Medizinisches Cannabis wird in der Regel nur bei Personen angewandt, die kein erhöhtes Risiko für eine Psychose oder Ähnliches durch ihre Vorgeschichte haben.
Es ist zwar so, dass das Gehirn von Kinderm und Jugendlichen noch nicht ausgereift ist, „das bedeutet allerdings nicht, dass THC-reiche Medikamente nicht bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden dürfen. Man muss eine strengere Risiko-Nutzen Abwägung treffen. Wenn die Erkrankung schwerwiegend ist, ist auch im Kindes- und Jugendalter eine Therapie sinnvoll und möglich“, verdeutlicht Dr. med. Franjo Grotenhermen.
Das „Straßencannabis“
Da es noch keine legalen Möglichkeiten gibt, an Cannabis zu gelangen, existiert derzeit noch ein großer Schwarzmarkt. Bei unkontrolliertem Konsum vom sogenannten „Straßencannabis“ geht ein hohes Risiko mit einher. So erleiden etwa 2,6% der Konsument*innen eine Psychose, wobei andererseits nur 21% Patient*innen mit einer Psychose vorher Cannabis konsumiert haben.
Dr. Franjo Grotenhermen sagt Folgendes dazu: „Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und der Entwicklung von Psychosen. Das Problem besteht darin, dass unklar ist, ob Cannabis Psychosen auslösen kann oder ob es andere Gründe für diesen Zusammenhang gibt.“
Diese Fakten sollen die Gefahren von Cannabis nicht: herunterspielen: Studien zeigen, dass der Konsum sowohl körperliche als auch mentale Folgen haben kann. Vor allem, wenn dieser im jüngeren Alter, für eine lange Zeit oder sehr häufig stattfindet. Mögliche Folgen können gestörte motorische Funktionen, Übelkeit, Panikattacken oder psychotische Symptome, beeinträchtigte Aufmerksamkeit und mangelnde Konzentration sein.
Des Weiteren kann Cannabis aus nicht-kontrolliertem Anbau, also vom Schwarzmarkt, verunreinigt durch andere Stoffe und somit höchst gefährlich sein. Der Schwarzmarkt würde durch die Legalisierung starke Beeinträchtigungen in Form von einer Art „Sinnbefreiung“ erfahren.
Schulen und Aufklärung
Klar ist: Es gab in der Schule im Biologieunterricht oder auch in anderen Fächern Präsentationen über verschiedene Drogen, aber diese waren meistens von Schüler*innen auf Basis von unzuverlässigen oder unbekannten Quellen.
Für eine Aufklärung zum Thema Cannabiskonsum und auch vielen anderen Rauschmitteln wird aktuell zu wenig getan. Das Bundesgesundheitsministerium erwähnt Schulen mit keinem Wort. Aber sollte diese Aufklärung nicht (auch ohne anstehende Legalisierung) im Auftrag des Bildungsministeriums eine Aufgabe aller Schulen sein?
Ziel sollte sein, dass gerade jetzt, wo die Legalisierung von Cannabis ansteht, auch über Tabak, Koffein und Alkohol aufgeklärt wird, um einen sichereren Konsum zu ermöglichen.
Wann Bubatz legal?
Die Fakten machen deutlich, dass die Cannabis-Politik nicht ernst genommen wird und die Legalisierung so früh wie möglich stattfinden sollte. Dabei scheinen alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens berücksichtigt. Cannabis als Medizin und auf der Straße sollte unterschiedlich betrachtet werden, insbesondere Risikogruppen sollten immer einzeln betrachtet werden. Fakt ist: Risiken gibt es immer, aber je mehr konsumiert wird, desto mehr Risiken entstehen.
„Es hat sich schon viel getan, braucht aber noch mehr Zeit, bis wir von einer befriedigenden Akzeptanz sprechen können. Es gibt einerseits Unwissen und andererseits grundsätzliche Ablehnung. Beides braucht Zeit, bevor diese Probleme überwunden sind. Zum Teil ist es auch einfach ein Generationsproblem“ so Dr. Grotenhermen in Bezug auf Ärzte und deren Umgang mit der Cannabis-Thematik.
Von Emily Siegel
Quellen
Biesinger, Rainer. Klute, Max. 2020. Cannabis. Toxisch, S. 141-168.
Böllinger, Lorenz. 2018. Aufstieg und Fall des Cannabis-Verbots. Neue Kriminalpolitik, 30(3). S. 281-289.
Hermann, Derik. 2015. 1.4| Aktuelle neurobiologische Studien zu gesundheitlichen Folgen von Cannabiskonsum mit Fokus auf Psychosen und neuropsychologischen Defiziten. Drogen- und Suchtbericht.
Volz, H. P. 2016. Cannabis und Psychose—ein kausaler Zusammenhang?
Webseite des Bundesgesundheitsministeriums (stand 14.06.2023)
2. Alternativer Drogen- und Sichtbericht (2015). aktzept e.V. Bundesverband Deutsche AIDS-Hilfe JES Bundesverband. Pabst Science Publishers. Lengerich.
https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/cannabis-legal-deutschland-2023-ab-wann-26-7-2023-id61128726.html (stand 26.07.2023)
https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/indikationeb-cannabis-medizin-2032610?tkcm=aaus (stand 03.08.2023)