Ralph Brose ist leidenschaftlicher Skater. Doch die Liebe zu den Boards beschränkt sich nicht nur aufs Fahren. Zusammen mit seinem Kumpel Kristian Kolsch stellt Ralph seine Kunst in der Friesenstraße 109 in Bremen aus. Über die Entstehung einer in Deutschland einzigartigen Kunstform.
Es ist Samstagnachmittag. Die Sonne scheint schräg in das kleine Schaufenster des Ateliers in der Friesenstraße 109. Vor der Tür sitzen Menschen mit Bier und Bionade – unter ihnen ein paar Urgesteine der Bremer Skater und Sprayerszene. Hier findet heute die Ausstellungseröffnung von Ralph Brose und Kristian Kolsch statt.
„Ich habe dann nur noch mit der Stichsäge gearbeitet, die Ränder bemalt, sodass man gar nicht mehr erkennen konnte, dass das Skateboards sind.“
Ralph ist 45 Jahre alt, gebürtiger Bremer und macht Kunst aus gebrauchten Skateboards. Seine Leidenschaft für diese ungewöhnliche Kunstform entdeckte er vor ein paar Jahren, als ein Freund Geburtstag hatte und Ralph kein Geld für ein Geschenk besaß. Im Keller des verstorbenen Opas eines Freundes entdeckte er alten Farben und entschied sich spontan dazu, mit kaputten Skateboards aus seiner Wohnung kreativ zu werden.
Mit einer Stichsäge begann Ralph, Wale aus den Skateboards auszuschneiden. „Ich habe dann nur noch mit der Stichsäge gearbeitet, die Ränder bemalt, sodass man gar nicht mehr erkennen konnte, dass das Skateboards sind“, erzählt er. Seine Inspiration nimmt er aus dem Tierreich. Die Boards gehen von Reptilien, über Insekten bis hin zu Fischen. Mit Night-Glow-Effect- oder Neonfarben erschafft Ralph auch Tiefseefisch-Boards, die im Dunkeln leuchten. „Durch die Form des Skateboards an sich, wirkt das sehr lebendig.“
Neben tierischen Motiven inspirieren Ralph auch Motive aus der Musik. Vor allem Bands aus dem Hiphop und Punk, die er mag. Seine Kunstwerke bestehen oft aus Serien von fünf bis sieben Bildern, bevor er zu neuen Themen und dann wieder zu den Tieren zurückfindet.
Um die Skateboardteile für seine Kunstwerke vorzubereiten, schleift Ralph sie mit einem Schleifgerät ab. Er betont jedoch, dass ein bisschen Gebrauchsspuren den Werken einen besonderen Charme verleihen. Anschließend arbeitet er mit Stiften, trägt Skizzen auf und verwendet dann erneut die Stichsäge, um die Formen auszuschneiden. Nach dem Schneiden werden die Werke nachgeschliffen und mit Details versehen. Für manche Fische verwendet er Ölfarben, während er für feinere und detailliertere Motive Acrylfarben passender findet.
Für die Zukunft plant Ralph, seine Kunst auf verschiedenen Ebenen darzustellen und möchte dafür mehrdimensional mit Skateboards und Holzplatten arbeiten. Er arbeitet zudem gerne in Kollaboration mit anderen KünstlerInnen aus den Bereichen Graffiti und Musik an Projekten.
„Alles klar, da muss ich hin.“
Zu seiner ersten Leidenschaft, dem Skaten, kam Ralph schon in jungen Jahren. Das Hocken vor dem Computer mit dem Nachbarsjungen wurde ihm irgendwann zu langweilig. Als er dann das Skateboard in der Garage entdeckte, begann er zu üben. Wenn er damals andere Jungs gesehen hat, die die Boardsteine hochgesprungen sind, bekam er jedes Mal großeAugen und wusste: „Alles klar, da muss ich hin.“
2002 zog Ralph nach Göttingen, wo er in einem Skateshop arbeitete, für den er auch gefahren ist. Vier Jahre später zog er wieder zurück nach Bremen. Hier hatte er noch Bekannte, welche bei dem Skategeschäft Titus arbeiteten und ihn dann für die nächsten zehn Jahre sponserten. „In der Zeit war meine intensivste Skatephase, da bin ich auch Wettbewerbe gefahren“, erzählt Ralph mit strahlenden Augen.
Mittlerweile versucht der 45-Jährige noch mindestens einmal die Woche zu fahren, selbst wenn es nur für eine Stunde ist. „Durch meine Rückenprobleme geht’s eh nicht länger.“
„Generell suche ich keine Motive, sondern Vibes.“
Ralph macht einmal im Jahr eine Ausstellung im Steintor in der Friesenstraße 109. Meist im Frühling für einen Monat. Für die Jetzige Ausstellung hat er sich einen Freund mit ins Boot geholt: Kristian Kolsch.
Kristian ist 35 Jahre alt und skatet schon seit über zehn Jahren. Daher kennen sich die Beiden auch. Ähnlich wie Ralph, brauchte er vor ein paar Jahren ein Geburtstagsgeschenk und fing an Boards, zu bemalen. Neben seinen bemalten Skateboards hängen im Atelier aber zudem auch Fotos. „Das fing an mit diesen Einwegkameras von Rossmann“, erzähltKristian und beginnt von seiner Reise zur Fotografie zu erzählen. Vor sechs bis sieben Jahren hat ein Freund ihm eine analoge Kamera geschenkt: „Ab da ging es richtig los.“
Heute fotografiert Kristian mit seiner Fujifilm xt20 vor allem die Bremer Architektur in schwarz-weiß. Bilder von besonderen Motiven oder Plätzen hängt er, oft in Nacht und Nebel Aktionen, auch gerne an entsprechende Wände, an den entsprechenden Orten auf. In der Neustadt hängt beispielsweise ein Bild am Leibnitz-Platz und ein anderes am Kiosk auf der Pappelstraße. „Generell suche ich keine Motive, sondern Vibes. Vibe beschreibt eher eine Momentaufnahme. Wenn ich ein Foto von einer Straßenlaterne mache und das hat einen guten Vibe, dann bin ich zufrieden.“
Die Ausstellung von Ralph und Kristian in der Friesenstraße geht noch bis Mitte Juni. Danach sind aber schon neue Möglichkeiten in Sicht, die Kunst der Beiden zu bestaunen. Ralphs nächste Ausstellung gibt es ab dem 10.06.2023 im Kunstverein in der Humboldtstraße 67. Und auch Kristian möchte als nächstes eine Fotoausstellung mit zwei Freunden machen, genaue Termine sind allerdings noch nicht bekannt.
Bis dahin gibt’s die Werke der Beiden aber auch bei Instagram zu bestaunen (und zu kaufen): @dr.bruce_jones3 und @kzudemris.
Von Amina Kraifa