Es ist wieder soweit. Ein Jahr Wartezeit hat endlich ein Ende. Die sieben Sachen sind gepackt und in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag geht’s los Richtung Ferropolis. In der Stadt aus Eisen im tiefsten Sachsen-Anhalt wird hier zum 17. Mal das populärste und traditionsreichste Hip Hop Festival Deutschlands veranstaltet: Das splash! Festival.
Donnerstag: Die Azzlacks übernehmen
Bereits vor Festivalantritt auf der 5-stündigen Fahrt macht sich der Schlafmangel bemerkbar, schließlich wollte man noch unbedingt den deutschen Finalgegner live im TV beobachten. Angekommen, wird erst einmal drei Stunden in der Schlange gewartet. Es ist spürbar, dass Hip Hop in Deutschland (wieder) boomt und die Massen anzieht – radiotaugliche Rapper wie Cro, Marteria oder Casper haben dazu beigetragen. Ferropolis gehört sicherlich zu den schönsten Festival Locations in Deutschland. Direkt am Gremminer See liegt die „Stadt aus Eisen“, die früher zum Kohleabbau genutzt wurde. Noch heute stehen drei gigantische Kräne auf dem Gelände und versprühen gerade bei Nacht einen tollen Flair.
Nachdem die Zelte endlich aufgebaut sind, kann es losgehen mit dem Festival. Am Abend gibt es direkt das erste Highlight. Celo & Abdi entern die Nebenbühne. Der Auftritt der Frankfurter ist insofern bereits im Vorfeld etwas Besonderes, als dass der Straßenrap, für den die beiden stehen, lange Jahre vom splash! in seinen Bookings ignoriert wurde. Die Azzlacks liefern jedoch eine solide Show. Zum Ende des Konzerts bringt Haftbefehl höchstpersönlich als Gast mit einem Remix seines Songs „Chabos wissen wer der Babo ist“ die Menge zum Kochen.
Freitag: Urlaub fürs Gehirn
Der zweite Tag des splash! beginnt sonnig und warm. Der Nachmittag wird wie üblich mit schwimmen und Bier trinken verbracht. Insgesamt fällt auf, dass der Altersschnitt in den letzten Jahren rapide gesunken ist und auch das Verhältnis von Männern und Frauen hat sich zur Mitte hin verschoben. Hip Hop ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Am frühen Abend gibt es Newcomer wie den 17-jährigen Sierra Kidd zu bestaunen oder auch SSIO aus dem Azzlack Umfeld, der mit seinem Album letztes Jahr in der Szene für Begeisterung gesorgt hatte. Die schwüle, trockene Hitze tut der Stimmung keinen Abbruch. Als die Sonne sich verabschiedet beginnt
der eigentliche Teil des Abends. Zunächst gibt die britische Sängerin M.I.A. ihre Kunst zum Besten. Ihr Mega Hit „Paper Planes“ dürfte jedem ein Begriff sein, der innerhalb der letzten sechs Jahren ein Radio angestellt hat. Anschließend folgt der Headliner Auftritt von K.I.Z.. Die selbsternannten Kannibalen in Zivil brennen ein wahres Feuerwerk ab, bei dem das Rappen von Hebebühnen in geschätzten 15 Metern Höhe, Pyrotechnik sowie das obligatorische Pogo nicht fehlen dürfen. Zitat: „Seid ihr bereit euch gegenseitig weh zu tun, ihr Schweine?“ Nach dem Konzert stoße ich bereits zum ersten Mal an meine körperlichen Grenzen. Aber wie immer ist es das wert.
Samstag: Never meant to make your daughter cry
Am Samstag ist die Euphorie über das WM-Finale, das am Sonntag stattfinden wird, auf dem Zeltplatz greifbar. Viele tragen Deutschland Trikots oder haben ihre Camps ins Schwarz Rot Gold geschmückt. Am Abend schaue ich mir das Konzert des charismatischen Prinz Pi an, der seine Show mit reichlich Pyrotechnik untermalt. Danach folgt für viele DAS Highlight des Festivals. Outkast feiern nach langer Abstinenz ihr Comeback und enttäuschen nicht. Andre 3000 und Big Boi liefern ein tolles Konzert. Die Dichte an Welthits ist außergewöhnlich und es fühlt sich an, als wären Outkast nie weg gewesen. „Ms. Jackson“, „Roses“ oder „Hey Ya“ sind Songs, von denen es unmöglich ist, sie nicht zu kennen, wenn man in den Neunzigern oder früher geboren ist. Der groovige Auftritt des Duos aus Atlanta animiert zum Tanzen und hebt die Stimmung für den nächsten Tag noch einmal weiter an.
Sonntag: Finale Oh Oh Oh
Der Sonntag steht ganz im Zeichen des WM-Finals. Es wurde sogar der Auftritt von Cro auf 1 Uhr nachts verschoben, weil er sonst zeitgleich mit dem Finale gewesen wäre. Gegen 19 Uhr pilgern wir zur Samoa Stage, auf der mit Eko Fresh eine weitere Legende des Hip Hop an diesem Wochenende auftritt. Die Bühne steht direkt am See und bietet wie das gesamte Gelände eine tolle Atmosphäre. Zur Einstimmung lädt Eko Die Atzen auf die Bühne, die mit „Hey das geht ab“ die Stimmung an den Siedepunkt treiben. Konfetti, Fahnen und bunte Luftschlangen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Danach heißt es endlich Finale. Nach nervenaufreibenden 120 Minuten ist es endlich soweit. Deutschland hat den Pott! Wildfremde Menschen liegen sich in den Armen und die Stimmung ist fantastisch. Der letzte Abend wird von „Weltmeister Weltmeister“-Rufen begleitet. Nach dem Finale gibt es u. a. noch die Auftritte von Wiz Khalifa und Cro, sowie das jährliche Feuerwerk zu bestaunen. Dass Deutschland tatsächlich den Titel in der Tasche hat und soeben 25.000 Menschen auf dem splash! Festival Zeuge wurden, scheinen die wenigstens begreifen zu können. Vielleicht liegt es auch an der angestauten Müdigkeit. Das splash! ist schließlich nichts für Langschläfer und Warmduscher. Einen perfekteren Abschluss für das Festival hätte es jedoch nicht geben können. Man wird sich noch lange an diese Nacht auf dem Zeltplatz erinnern. Die Nacht in der Deutschland den Pott nach Hause holte. Bis zum nächsten Jahr, splash!
Daniel Sprauer