Die Gruppe D ist sicherlich eine der interessanteren der Vorrunde der Weltmeisterschaft 2014. Mit England und Italien stehen zwei europäische Vertreter in den Startlöchern. Die südamerikanische Konkurrenz kommt aus Uruguay und Costa Rica.
Der Favorit
Sicherlich werden bei den meisten Experten die Italiener ganz oben auf dem Zettel stehen, wenn es darum geht, den Gruppensieger vorauszusagen. Italien ist eine klassische Turniermannschaft, die es wie kaum eine zweite versteht, dem Gegner das Spiel aus einer abwartenden und defensiven Haltung heraus zu überlassen und trotzdem die wichtigen Spiele für sich zu entscheiden. Die Deutschen fielen den italienischen Defensivkünstlern bei den letzten großen Turnieren gleich mehrfach zum Opfer. Sicherlich wird sich jeder noch an die tragische Nacht am 04.07.2006 in Dortmund erinnern, als Italien den deutschen Traum vom Titel im eigenen Land im Halbfinale Sekunden vor dem Ende der Verlängerung mit einem Doppelschlag beendete. Am Ende hieß es 0:2 aus deutscher Sicht. Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine waren es wieder die Italiener, an denen die Deutschen im Halbfinale mit 1:2 scheiterten. Mario Balotelli erledigte den Finaleinzug damals im Alleingang. Obwohl der Gruppenkonkurrent Uruguay (Position 7) in der offiziellen Fifa Weltrangliste besser positioniert ist als die Italiener (Position 9), gehen die „Azzurri“, angeführt von ihrem genialen Spielmacher Andrea Pirlo, als Favorit in der Gruppe D an den Start.
Diana (23, aus Mailand) glaubt daran, dass sich ihre Italiener in der Gruppenphase durchsetzen werden. Sie erwartet, dass das erste Spiel gegen England schwierig werden wird. Sollte Italien dies bestehen, würden sich ihrer Meinung nach die Spiele gegen Costa Rica und Uruguay deutlich leichter angehen lassen. Ihre Hoffnung setzt die sympathische Frohnatur aus der Stadt der Designer vor allem in junge Spieler wie den 22-jährigen Lorenzo Insigne (SSC Neapel) und Ciro Immobile (FC Turin), den man vielleicht nach der WM in der Bundesliga bestaunen kann, wenn der Deal mit Borussia Dortmund eingetütet wird. Auch Mario Balotelli sieht sie als Leistungsträger im Team. Ihr Kommentar zum Enfant Terrible: „Er wird der Mannschaft weiterhelfen … wenn er sich benimmt.“
Der Geheimtipp
Geheimtipp in Gruppe D ist Uruguay. Zwar liegt der letzte Weltmeistertitel der Südamerikaner so weit zurück, wie es nur geht (1930 gewannen sie die erste Weltmeisterschaft der Geschichte im eigenen Land), doch verfügt die Mannschaft heute über zum Teil überragende Einzelspieler, die in den großen europäischen Ligen unterwegs sind. Das Prunkstück der von Óskar Tabárez trainierten Mannschaft ist sicherlich die Offensive: Neben Edison Cavani (Paris St. Germain) und Luis Suarez (FC Liverpool) stürmt auch noch Alt-Star Diego Forlán (Cerezo Osaka). Es gibt sicherlich wenige Mannschaften bei der Weltmeisterschaft, die im Sturm auf zwei so grandiose Spieler wie das Duo Cavani/Suarez zurückgreifen kann. Wenn sich dazu die Defensive stabil hält, traue ich Uruguay über die Gruppe hinaus Größeres zu. Dass die Mannschaft das Zeug hat, um bei einer Weltmeisterschaft weit zu kommen, konnte sie bereits 2010 unter Beweis stellen. Dort schaffte man überraschend den Durchmarsch bis ins Spiel um Platz 3, das nach leidenschaftlichem Kampf mit 2:3 gegen, na wen wohl?, Deutschland verloren ging.
Der Star-Spieler der Gruppe
Wie fast alle Gruppen bei der WM ist auch die Gruppe D gespickt mit Spielern von internationalem Weltklasseformat. Trotz großer Namen wie Wayne Rooney, Andrea Pirlo oder Steven Gerrad, hat ein Spieler den Titel des Star-Spielers der Gruppe aufgrund seiner grandiosen Leistungen in der vergangenen Saison wie kein anderer verdient: Er kommt weder aus England, noch aus Italien. Die Rede ist von Luis Suarez, seines Zeichens Stürmer von Uruguay. 31 Tore in 33 Ligaspielen. So lautet die beeindruckende Bilanz des Rekordtorschützens Uruguays aus der vergangenen Saison, in der er mit seinem Verein FC Liverpool in England die Meisterschaft wenige Spieltage vor Schluss auf tragische Art und Weise verspielte. Leider zog sich der Stürmer kurz vor dem Beginn der WM eine Verletzung im Knie zu. Die Verantwortlichen sind jedoch zuversichtlich, dass er im Aufgebot stehen wird. Ob der 27-Jährige zur Topform der vergangenen Monate zurückfinden kann, bleibt indes fraglich. Suarez ist der Beweis dafür, dass bei hochbegabten Fußballern der Grat zwischen Genie und Wahnsinn oft sehr schmal ist. Er machte in der Vergangenheit nicht nur durch sportliche Leistungen Schlagzeilen, sondern musste auch mehrfach lange Sperren absitzen, weil er unter anderem einen Gegenspieler ins Gesicht biss und einen anderen rassistisch beleidigt haben soll. Wenn er sich in Brasilien im Griff hat und sich seine Beißkünste auf die Mahlzeiten vor und nach den Spielen beschränken, könnte er zum Schlüsselspieler für sein Team am Zuckerhut werden. Das Knie muss natürlich auch mitspielen.
Daniel Sprauer