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Hannes Rademacher: „Grillmaster Flash – der Deutsche Kanye West“

6. März 2014

Zugfahrten – ich hasse Zugfahrten. Aber es bleibt nicht aus. Wenn man schon einmal die Chance auf ein Gespräch mit jemandem bekommt, den der als genial, aber exzentrisch verschriene Grillmaster Flash in seinem Dunstkreis agieren lässt, fällt die Entscheidung eben leicht. Auch wenn das bedeutet, dass man hierfür tief in die abgelegenste Pampa reisen muss. Dort treffe ich nämlich den Regisseur eines der meist gehypten Musikvideos der letzten Monate.

Es ist Montagvormittag, 12:00 Uhr. Die kecke Frühlingssonne hat sich bräsig ins blassblaue Firmament gepflanzt und verhagelt dem Winter sein Comeback. In einem kleinen Caféverschlag wird erfolglos versucht, französisches Flair durch kleinmöblierte Sitzfazilitäten und rotkarierte Tischdecken zu suggerieren – aber Mate schmeckt überall. Mir gegenüber sitzt ein gut gelaunter junger Mann mit blonder Trendfrisur und nippt an einem Glas Caro-Kaffee. Es ist Hannes Rademacher, Gründungsmitglied der KROSSE-Redaktion und mittlerweile erfolgreicher Jungregisseur. Thema des Gesprächs wird sein neuestes Werk sein, das die Netzlandschaft derzeit im Sturm erobert. Ein viraler Geniestreich, initiiert von Bremens derzeit größtem Wahrzeichen neben dem Knipprollo: Grillmaster Flash. Eine Ikone, um die sich die Mythen ranken. Hannes Rademacher wurde auserkoren, für den Boss aus Blumenthal einen Videoclip zu drehen. Grund genug für KROSSE, mal auf Tuchfühlung zu gehen …

Wie bist du zu dem Projekt gekommen?

„Das war nicht ganz so einfach. Wir, also der ebenfalls Kommunikations- und Medienwissenschaften studierende Christoph Dohne und ich, hatten uns für ein Musikvideo bei Grillmaster Flash beworben. Er hatte einen Aufruf gestartet, dass man seine Videoideen einsenden konnte und mit viel Glück als Produktionsteam seines neuen Musikvideos fungierte. Wir glaubten von Anfang an nicht wirklich daran, genommen zu werden. Wer Grillmaster Flash kennt, weiß, dass hinter ihm eine ganze Entourage an Entscheidungsträgern und Image-Optimierern steht, die penibel darauf achten, wer ihn wie in Szene setzen darf. Wir schrieben dennoch rund vier Wochen an einem losen Skript und hatten viel Glück, dass wir uns am Ende gegen Größen wie Spike Jonze, Quentin Dupieux und Uwe Boll durchsetzen konnten. Woher stammen die Ideen? Als erstes muss man sich die Frage stellen: Wer ist dieser Künstler Grillmaster Flash eigentlich und wohin will er? Dieser Baum von einem Kerl, was will ein Popstar wie er noch mit einem furzkurzen Musikvideo? Ist das Format überhaupt noch gültig bei seiner Größe? Die Antwort lag ziemlich schnell auf der Hand: Jein. Wir waren uns sofort einig, dass es zu diesem Song einer Art Kurzfilm bedurfte, ein Intro und ein Outro, mit dem man sanft hinein gleitet in die Rockstarwelt des Flash. Wir wollten ihn so darstellen, wie viele Menschen da draußen glauben ihn zu kennen: Als leicht angeranzten, ungehobelten Unterhemdträger mit gecasteter Miet-Kapelle. Das ist witzigerweise sehr weit entfernt von seinem eigentlichen Leben, denn Grillmaster Flash lebt das vielzitierte Leben auf der Überholspur. Ich sag’ nur: Wahlheimat Monaco. Per Du mit Donald Trump. Exklusivvertrag mit Abercrombie & Fitch. Chef zweier Großraumdiskotheken im Raum Bremen-Hamburg. Der Typ ist so abgehoben, dass er teilweise Wörter wie „Guten Tag“ oder „Wie geht’s?“ durch Zungenschnalzer ersetzt hat! Oder auch beim Videodreh: Während sich das gesamte Team – Kameraleute, Licht, Band, usw. – beim REWE für 10 € etwas zu Mittag aussuchen durften, fuhr er, von zwei Bodyguards in einem Bollerwagen gezogen, zum nächstgelegenen Griechen. Ich möchte hier keinesfalls über ihn herziehen, denn ich liebe ihn ja für seine Kunst, aber er wirkt unter Ottonormalverdienern doch etwas fremd (lacht). Für mich er sowas wie der deutsche Kanye West – ein bisschen großspurig, aber für die Kunst unersetzlich und dringend nötig.“

Habt ihr schon andere Vorerfahrungen im Bereich Videodreh/Regie gesammelt?

„Ja, Christoph und ich – wir firmieren mittlerweile unter RANDOM EPICS – haben schon mehrere Videoproduktionen hinter uns. Einen Imagefilm zum Firmenjubiläum von Mercedes Benz, ein Musikvideo für POOLBOY, Kurzdokumentationen über den Endless Grind-Skateboard-Contest, eine BEYOND V.I.P-Personality-Show-Persiflage usw.“

Wie kam der Kontakt zu Grilli eigentlich zustande?

„Das ist eine wirklich witzige Geschichte: Wir waren auf einem seiner Konzerte und standen in der dritten Reihe. Der gesamte Raum war extrem überfüllt, weil die Security am Eingang von den Fans einfach eingerannt wurde. Ich habe später nachgefragt: Statt 8.000 befanden sich 10.000 Personen im Konzertsaal! Keiner bekam so recht Luft, aber ich war überglücklich, Grillmaster Flash live zu sehen. Damals übrigens noch solo, ohne Band. Die ersten drei Stunden waren der pure Wahnsinn! Bei „(Ich war noch nie) Rock’n’Roll“ wurde Flash dann übermütig und versuchte ins Publikum zu stagediven, kam aber nicht über den vier Meter breiten Bühnengraben und lag dort eine Zeit lang bewusstlos rum. Die Security war längst eingeschlafen oder Kaffee trinken. Ich habe mich dann durch die Leute gekämpft und ihn ins Krankenhaus gebracht. Seitdem kennen wir uns. Er darf mich duzen, ich ihn leider noch nicht.“

Werden noch weitere Grilli-Videos kommen, bei denen du Regie führst?

„Wir sind derzeit am überlegen, ob man sich so eine Schmach überhaupt ein zweites Mal antut. Die Rahmenbedingungen bei Grillmaster Flash sind, wie vorhin erwähnt, leider etwas daneben. Andererseits zahlt niemand so gut wie dieser Rockstar-gewordene Neuzeit-Krösus. Wir haben bereits ein weiteres Angebot für eins seiner nächsten Videos bekommen. Ich denke, wir machen ihm noch eins, dann haben wir genug Geld, um unsere Eigentumswohnungen mit einem Schlag abzubezahlen.“

Interview geführt von Marian Rossol

 

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