Viele Menschen reagieren auf den Montag mit blankem Entsetzen, Übelkeit oder mit chronischer Unlust. Umso besser erscheint es, wenn das deutsche Fernsehprogramm am späten Montagabend für eine kurze Zeit ein wenig bunter und frecher wird. In der Manege des Wahnsinns brennt das Moderatoren-Duo Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf Woche für Woche ein regelrechtes Gag-Feuerwerk ab, das sich qualitativ zwischen primitivem Schulhofscherz und wahrhaftig großartiger TV-Unterhaltung bewegt.
Das Erfolgsrezept
Der ganze Schlamassel begann mehr oder weniger bei MTV Home, wo bereits der Grundstein für das gesamte Showkonzept gelegt wurde. Man nehme zwei junge Moderatoren, die sich für keinen Spaß zu schade sind und gerne an ihre physischen, wie auch psychischen Grenzen gehen möchten. Hinzu kommt noch ein halbwegs gut möbliertes Studio, ein bekannter Studiogast und eine Prise musikalische Untermalung – et voilà! Ein neues Format im Bereich des modernen Trash-TV war erfunden und sollte auch in der Zukunft für Furore sorgen. Selbstverständlich wurde das Rezept über die Jahre immer wieder vielfältig verfeinert, was spätestens der Wechsel von ZDF.neo zum Privatsender ProSieben zeigte. Ein nahezu gigantisches Studio, das durch eine harmonisch gestaltete Zirkusdekoration äußerst eindrücklich auf den Betrachter wirkt und zwei Moderatoren, die offenbar immer noch nicht genug vom sinnlosen Schlagabtausch gegeneinander haben.
Warum „Circus HalliGalli“ gegenwärtig so erfolgreich ist, kann mit großer Wahrscheinlichkeit niemand ganz genau sagen. Ist es die konstruierte Anarchie, die das Format so besonders macht? Brauchen junge Leute eine Fernsehsendung, bei der sie sich einfach nur berieseln lassen können? Für die meisten Zuschauer ist es wohl das bunte Gesamtpaket, das „Circus HalliGalli“ zu einer einzigartigen Show macht.
Der Hauptgang
Wenn es Momente gibt, auf die der leidenschaftliche HalliGalli-Zuschauer bei jeder Sendung hinfiebert, dann sind es vor allem die altbekannten Rubriken aus MTV Home und neoPARADISE Zeiten. Nichts geht über eine spontane Runde „Wenn ich Du wäre“, „Aushalten“, der „Longest Day“ oder einen perfekt durchgeplanten „Buddytach“. In jeder dieser Rubriken, ausgenommen dem „Buddytach“, treten Joko und Klaas in einen scheinbar unerbittlichen Zweikampf gegeneinander, bei dem weder Kosten, noch Schmerzen gescheut werden. Kreative Spiele, die meistens durch einen bitteren Beigeschmack ergänzt werden. Trotz aller Strapazen gehen die beiden immer wieder an ihre Grenzen, was dem Zuschauer oftmals feinstes Entertainment verspricht. Dass Joko und Klaas eine Art Hassliebe füreinander empfinden, wird dem Zuschauer bereits nach wenigen Minuten klar. Unvergessen bleibt auch die Wichtigkeit von gesellschaftlichen Themen, die in regelmäßigen Abständen in kleinen Rechercheübungen aufgearbeitet werden. Wie das in etwa aussieht, seht ihr hier.
Das Dessert
Damit Circus HalliGalli nicht irgendwann im Nachmittagsprogramm von RTL landet, legt man großen Wert auf möglichst ausgewogene Inhalte. Neben nationalen Bekanntheiten kommen auch immer wieder internationale Stars, die sich den scharfsinnigen Fragen von Joko und Klaas stellen müssen – und dürfen . Dabei entsteht meistens ein sehr lockeres Gespräch, das statt Informationen eher Unterhaltung bietet. Garniert wird das Ende der Sendung dann mit einem Musikact, der vor Berühmtheit nur so strotzt – ganz im Gegenteil zur Schrankband, die vor jeder Werbung einen Playback-Auftritt hinlegen darf. Alle Auftritte findet ihr hier in einer Übersicht.
Der Nachschlag
Welche Zielgruppe „Circus HalliGalli“ möglichst ansprechen will, muss aufgrund der Inhalte eher nicht diskutiert werden. Was allerdings auffällt ist, dass ProSieben sich die neuen Möglichkeiten des Social-TV spielend zunutze macht. Während jeder Sendung treten tausende Zuschauer über soziale Netzwerke in Dialog miteinander und tauschen sich über die Sendung aus, was nicht zuletzt an der großen Präsenz auf Seiten der HalliGalli-Redakteure liegt. Auf Facebook und Twitter wird fleißig vor, während und nach der Sendung gepostet und die besten Momente der Sendung werden bildlich festgehalten. Auf dem von ProSieben eingerichteten Livestream werden während der Sendung zusätzliche Inhalte präsentiert, wie Umfragen oder Bildergalerien. Diese Form der Interaktivität gibt dem Zuschauer das Gefühl, die Sendung hautnah mitzuerleben, obwohl es sich lediglich um eine Aufzeichnung handelt.
„Circus HalliGalli“ läuft nach wie vor jeden Montag ab 22.10 Uhr auf ProSieben.
Marian Rossol & Jean-Luc Pignon