Die Freude war groß, ungefähr so groß wie das riesige Plakat am Mehrzweckhochhaus der Universität. „Universität Bremen – Gewinnerin der Exzellenzinitiative“ prangte dort in großen weißen Lettern auf rotem Hintergrund. Was war passiert? Die Bremer Uni hat sich nach mehreren Runden in einem langen, komplizierten Bewerbungsverfahren durchgesetzt und darf sich die nächsten fünf Jahre mit dem Titel „Exzellenzuniversität“ schmücken.
Wie gesagt: die Freude war groß. Der damalige Rektor der Universität Wilfried Müller machte keinen Hehl aus seiner Freude. Fotos von der offiziellen Bekanntmachung im Juni 2012 zeigen ihn euphorisch jubelnd. Wilfried Müller ist heute nicht mehr Rektor. Der Titelgewinn war der Schlussakkord seiner Amtszeit. Sein Nachfolger Bernd Scholz-Reiter hat nun die Aufgabe, das schwere Erbe zu verwalten. Auf seinen Schultern lasten große Erwartungen, die sich kaum erfüllen lassen. Ein genauerer Blick offenbart, warum nicht.
Die Summe, die der Universität Bremen in den nächsten Jahren dank drei gewonnener Anträge zu Gute kommen soll, beträgt 100 Millionen Euro. Das klingt nicht nur beachtlich, das ist es auch. Zum Vergleich: Der jährliche Etat der Uni Bremen liegt bei 280 Millionen Euro. Allerdings darf die Uni dieses Geld nicht nach Belieben ausgeben. Ein Großteil dieser Förderung ist zweckgebunden. So sind es vor allem exzellente Forschungsbereiche, die mit finanzieller Unterstützung rechnen können. Ein Beisiel ist das MARUM, ein kürzlich ausgezeichnetes Institut für Meeresbiologie. Ein anderes Beispiel sind die Graduiertenschulen für Doktoranden. Hier finden Veranstaltungen in Kleinstgruppen statt, die Betreuung durch Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter ist sehr intensiv. So soll für die Post-Docs ein optimales Arbeitsklima entstehen.
Auf der anderen Seite fehlt das Geld an vielen Stellen sichtbar.
Zahlreiche Gebäude sind baufällig, einige Fachbereiche müssen mit immer weniger Lehrenden auskommen. Es macht den Anschein, als würden einige geisteswissenschaftliche Studiengänge Stück für Stück abgeschafft. Wie dramatisch die Zustände teilweise sind, zeigt eine Stellungnahme des akademischen Mittelbaus des Instituts für Soziologie. In den nächsten fünf Jahren sollen fünf Millionen Euro eingespart werden, was vor allem über Personalkürzungen geschehen soll. Rund 80 wissenschaftliche Mitarbeiter sollen demnach entlassen werden. Was neben der Debatte über die Exzellenz-Initiative oft vergessen wird: Die Universität Bremen befindet in einer defizitären Haushaltslage. Wieso also nicht Geld aus dem Exzellenz-Topf nehmen und damit andere Löcher stopfen? Wie oben schon angedeutet, geht das nicht. Die Exzellenz-Gelder kommen vom Bund und sollen für die Forschung genutzt werden. Bildung ist allerdings Ländersache. So ist das Land Bremen für die Lehre verantwortlich. Das Land Bremen ist aber ziemlich pleite, der Uni geht es nicht anders. Die Uni-Leitung hat kürzlich eine Prioritäten-Liste aufgestellt. Die TOP 10 der dringlichsten baulichen Maßnahmen sozusagen. Ganz oben steht ein reines Lehrgebäude, das allein soll circa 200 Millionen Euro kosten. Wie notwendig dieser geplante Bau ist, zeigen Entwicklungen aus den letzten Wochen. Es herrscht akute Raumnot an der Uni. Im April diesen Jahres wurde ein Saal im Atlantic-Hotel angemietet, um dort Lehrveranstaltungen stattfinden zu lassen. Das kostete die Uni immerhin 3000 Euro – pro Tag.
Trotzdem soll die Exzellenz-Initiative positive Auswirkungen auf die Lehre haben.
Das wiederholt Rektor Bernd Scholz-Reiter ständig. Alle neuen Wissenschaftler werden dazu angehalten, nicht nur zu forschen, sondern auch zu lehren. So könnten am Ende doch noch alle was davon haben.
Dennoch ist gerade eine neue Ausrichtung der Uni zu erkennen. Es macht den Anschein, als würden Studiengänge bevorzugt, die sich lohnen, die sich wirtschaftlich lohnen. Das hängt zum einen mit Drittmittelförderung zusammen, zum anderen mit den Konsequenzen des Elite-Status. Die Auszeichnung und damit verbundene Konsequenzen lassen sich zumindest nicht auf die ganze Uni übertragen. Es handelt sich bei dem Gewinn eben nicht um einen großen Topf, bei dem sich jeder bedienen kann. Spitzenbereiche werden ausgebaut und finanziell stark unterstützt, in anderen Bereichen wird weiter ums Überleben gekämpft. Die Fördermittel sind zweckgebunden. Der Zweck, die Universität insgesamt stärker zu machen, ist scheinbar nicht gemeint.
Exzellenz-Universität Bremen – ein Missverständnis.
Torben Ostermann