Der Super Bowl – das größte Einzelsportereignis – steht vor der Tür. Aber nicht nur in den USA, sondern auch hier in Deutschland kennt der Hype keine Grenzen. Von der Unterhaltung im Fernsehen bis hin zum Spielen in den Vereinen. Spätestens im letzten Sommer kam der American Football Hype auch in Bremen an. Krosse-Reporter Eric Ahrens nimmt den US-Sport unter die Lupe und erzählt, was die Football-Mannschaft der Hamburg Sea Devils ins Weserstadion geführt hat.
Jedes Jahr zieht die National Football League, kurz NFL, mit ihrem spektakulären Super Bowl nicht nur die Aufmerksamkeit der amerikanischen Zuschauer auf sich, sondern auch die der ganzen Welt.
American Football fasziniert Millionen von Fans. Die Spiele sind geprägt von kraftvollen Tackles, beeindruckenden Spielzügen und einer Atmosphäre, die von der Leidenschaft der Fans getragen wird. Der Sport zeichnet sich durch Vielfalt aus, von großen, schweren Jungs bis zu kleinen, wendigen Kraftpaketen finden alle ihre Rolle im Team, da jede Aufgabe in einem Spiel höchst spezifisch ist. Die Kombination aus Strategie, Athletik und Teamgeist sorgt dafür, dass für jeden etwas dabei ist.
Ein Fußballfan trifft auf den amerikanischen Fußball
Wie viele Deutsche, ist auch der 24-jährige Julian mit dem deutschen Volkssport Fußball aufgewachsen. Schon als kleiner Junge verfolgt er den SV Werder Bremen im Fernsehen oder besucht mit Freunden und Familie Spiele des Vereins im Weserstadion. Doch auch für neue Sportarten ist der sportbegeisterte Student immer offen. Durch seine Kommilitonen an der Universität Bremen kam er kürzlich erstmals in den Kontakt mit American Football, sie sind schon länger von dem Sport begeistert.
NFL in Europa
Denn seit einigen Jahren bekommt hierzulande nicht mehr nur der Super Bowl die Aufmerksamkeit der Deutschen. Seit 2012 wird die NFL im deutschen Free-TV übertragen und bricht fortlaufend Zuschauerrekorde. Die Kommentatoren Patrick Esume und Björn Werner sind dafür bekannt, American Football für jeden verständlich zu erklären und haben dazu beigetragen, den Sport in Deutschland populär zu machen.
Die zunehmende Beliebtheit in Deutschland und Europa bringt die NFL dazu, ihre Präsenz außerhalb Amerikas zu erweitern. Im Jahr 2013 wurde die Zahl der NFL Spiele in Europa auf zwei pro Saison erhöht. Seitdem finden zunehmend mehr NFL Spiele in Europa statt (2023 waren es schon fünf). Anfangs wurden Partien nur in London veranstaltet, aber im Jahr 2022 wurde erstmals eines der NFL International Games in der Allianz-Arena in München abgehalten. Durch den großen Andrang und das durchweg positive Feedback wurde seither jedes Jahr mindestens ein Spiel der NFL in Deutschland ausgetragen.
Die NFL expandiert
Diese Spiele sind ein guter Maßstab für den NFL Hype in Deutschland und Europa. Jedes Mal sind die Stadien ausverkauft und die Fans im 7. Football Himmel. So auch beim Spiel der New Orleans Saints gegen die Minnesota Vikings in London 2022. Schon eine Stunde nach der Veröffentlichung waren alle Tickets ausverkauft. Dieses Football-Fieber spiegelte sich auch in der Stimmung in London wider. Bereits eine Woche vor Spielbeginn war die große Londoner Innenstadt überflutet mit verschiedenen Football Jerseys. Nicht nur die Fans der Vikings und Saints hatten sich Karten gekauft, sondern auch viele Fans der anderen 30 NFL Teams. Vielen Football Fans geht es gar nicht immer um die spielenden Teams, sondern um den Sport und seinen Flair, den dieser mit sich bringt. So nehmen manche Fans für Partien, bei denen ihre Mannschaft gar nicht antritt, lange Reisen auf sich, um gemeinsam mit anderen Fans ihren Lieblingssport zu zelebrieren. Und genau das machte diese Football-Woche so besonders. In den Bars trafen sich tausende Fans, tauschten sich aus und feierten den Sport und die amerikanische Kultur. Hierbei fiel auf, wie friedlich und harmonisch das ganze Event war, wobei man American Football selbst oft mit viel Härte verbindet.
Am Tag des Spiels war die Stimmung dann auf ihrem Höhepunkt angekommen. Bei jeder entscheidenden Spielszene wurden die Mannschaften lautstark angefeuert und bei Spielunterbrechungen spielte der Stadion-DJ Songs, die jeder der 60.000 angereisten Football Enthusiasten mitsingen konnte, wie “Sweet Caroline” oder “Take Me Home, Country Roads”.
Gründung der European League of Football (ELF)
Die NFL International Games sollten jedoch nicht die einzige Erweiterung der NFL in Europa bleiben. In 2020 wird, mithilfe von Kommentator Patrick Esume, die European League of Football gegründet. Seit 1995 gab es keine europaweite erste Liga mehr. Endlich hat die lange Suche nach Tickets für die NFL International Games ein Ende. Die ELF sorgt dafür, den europäischen Fans eine Möglichkeit zu bieten, Footballspiele besuchen zu können, ohne weitere NFL Spiele nach Europa verlagern zu müssen. Früh wird die ELF von den Fans akzeptiert und wertgeschätzt, als weitere Möglichkeit ihren Sport zu feiern. Wo in Europa Football am beliebtesten ist, wird schnell klar; 6 der 8 ELF Gründungsmitglieder kommen aus Deutschland, so auch die Hamburg Sea Devils. In den ersten beiden Saisons gehörten sie zu den Top Teams der Liga. In beiden Spielzeiten schafften die Sea Devils es bis ins Finale, scheiterten dort jedoch. Letzte Saison gab es den ersten Dämpfer, nun will man zur 4. Saison wieder vorne angreifen.
Die Hamburg Sea Devils kommen nach Bremen
Weil Football sehr laut zelebriert wird und ihr kleines Stadion oft ausverkauft ist, müssen sich die Hamburg Sea Devils zur 4. Saison neue Austragungsorte für ihre Heimspiele suchen.
Für Julian bietet sich jetzt die perfekte Möglichkeit den Sport kennenzulernen. Die EFL kommt in seine Heimatstadt Bremen. Für das Spiel gegen die Paris Musketeers haben die Hamburg Sea Devils das Weserstadion vom SV Werder Bremen ausleihen dürfen.
Die Kick-Off Zeit um 13 Uhr ist für Julian ungewohnt, weil er bei seinem SVW frühestens um 15:30 Uhr im Stadion sein muss. Dennoch hat er es an diesem Sonntag, neben 14.000 weiteren Fans, rechtzeitig ins Stadion geschafft und ist bereit für das Spektakel. “Ich bin sehr gespannt, was mich jetzt erwartet. Einfach mal eine neue Sportart kennenlernen und erleben.” sagt Julian voller Vorfreude auf dem Weg ins Stadion. Zu American Football sagt er: “Ich weiß wie beliebt der Sport in Amerika ist, aber über das Spiel weiß ich noch nichts.” Heute möchte er das Ereignis Football auf sich wirken lassen und schauen, ob der Sport einer ist, den er in Zukunft stärker verfolgen möchte.
Schon vor dem Kick-Off werden Julian und die anderen 14.000 Fans in die richtige Stimmung gebracht. Die Sea Devils liefern das volle US-Sport Erlebnis ab. Rauchschwaden steigen auf, während die Teams einlaufen. Und auch eine Gruppe Cheerleader zeigen ihre Pyramiden und Choreografien, wie man es aus den USA kennt.
Das Spiel startet und in den kurzen Pausen werden vom Stadion-DJ Hits zum Mitsingen und Klatschen gespielt, ebenfalls wie beim Original, der NFL. Leider kommen früh die Gegner aus Paris ins Rollen. Die Fans der Hamburger werden motiviert, ihre Defensive lautstark anzufeuern, damit sich die Pariser nicht verständigen können. Doch es reicht nicht aus, noch in der ersten Halbzeit erzielen die Gäste aus Paris drei Touchdowns. Mit dem Rücken gegen die Wand spielen die Sea Devils ihren Ballbesitz aus und schaffen es am Ende von Halbzeit eins noch einmal vor die Endzone der Musketeers zu gelangen. Und dann ist es so weit: “TOUCHDOWN SEA DEVILS!” ruft der Stadionsprecher und die Zuschauer rasten aus. Endlich erzielen auch sie einen Touchdown, damit ist der Stand zur Halbzeit verkürzt auf 20:7 und es bleibt die Hoffnung auf ein Comeback.
Was sagt ein eingefleischter Fußballfan zu American Football?
Aus Julians Sicht war das Erlebnis schön, besonders hat ihm die Gesamtatmosphäre gefallen. Sei es der Stadion DJ, der mehr genutzt wurde als Julian es von Fußballspielen kennt, die Cheerleader mit ihren Choreografien oder die Action auf dem Feld, die unterstützt wurde von lauten Fans von den Rängen: “Man hatte irgendwie immer was zu schauen, es war immer was los.” Angesprochen darauf, was ihm nicht so gut gefallen hat, sagt Julian mit einem Augenzwinkern: “Das Essensangebot war leider etwas kleiner als beim Fußball.” Auch wenn die Stimmung sein absolutes Highlight war, der Sport hat ihn nicht so gepackt. Da sagt Julian, er müsse Football noch häufiger schauen, um alle Regeln zu verstehen. Trotzdem hat er das Gefühl, einiges davon gelernt zu haben und hat bei seinen Freunden interessiert nachgefragt. “Wenn nächstes Jahr wieder ein Spiel in Bremen ist, dann werde ich da definitiv hingehen”, sagt Julian. Ein Spiel zu Hause im Fernsehen anzuschauen, kann er sich jedoch weniger vorstellen, ihm fehlt dort die Atmosphäre. Ausschließen tut er aber auch das nicht ganz: “Wenn meine Freunde sagen, wir gucken das in der Gemeinschaft mal, dann wär ich schon offener dafür”, erwidert Julian, denn in Gesellschaft macht der Sport am meisten Spaß. Auch seinen Freunden, die nicht beim Spiel dabei waren, hat er wohl schon empfohlen, sollte es demnächst wieder ein Spiel in Bremen geben, müssen sie es mal ausprobieren.
Solltest Du jetzt Lust haben, Football kennenzulernen, auch wenn hier in Bremen gerade kein großes Spiel stattfindet, dann schau doch gerne bei den Bremen Firebirds, Ritterhude Badgers, den Union Bremen Bulls oder dem Frauenteam des AFC Lilienthal Venom vorbei. Die Bremen Firebirds haben neben ihrem American Football Team auch noch ein Flag Football Team, welches an der Uni Bremen trainiert, solltest du eingeschüchtert von der Härte des Tackle-Footballs sein. Die kleinen Football Teams hier in Bremen und Umgebung freuen sich immer über neue Fans, wie auch neue Spieler und Spielerinnen.
Wer den Sport am TV verfolgen möchte, kann in der Nacht vom 09. auf den 10. Februar den Super Bowl schauen oder im Sommer die Spiele der Hamburg Sea Devils verfolgen.
von Eric Ahrens