Das DRK Freizi Findorff ist ein Ort der Begegnung, der Kreativität und des Miteinanders. Seit 1981 dient die vom Deutschen Roten Kreuz gestiftete Jugendfreizeiteinrichtung im Zentrum Bremens als Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche und ist vor allem eines – ein Raum zum Abschalten.
Drei Jungs spielen Billard im großen, offenen Eingangsbereich, im angrenzenden Medienraum sitzen mehrere Jugendliche am Computer. Auch die regelmäßig stattfindende Koch-AG scheint gerade noch in den letzten Aufräumarbeiten zu sein. Einige andere sitzen einfach nur da und unterhalten sich. Die Jugendlichen scheinen hier das machen zu können, worauf sie Lust haben und können dabei immer wieder den Erziehern Dinge anvertrauen, die sie mit anderen nicht unbedingt teilen würden.
Sarah (Name geändert) betont, dass das einer der Kernaspekte ihrer Arbeit ist. Sie ist Mitarbeiterin im Freizi und arbeitet seit knapp zwei Jahren als Erzieherin vor Ort und dient dabei immer wieder auch als Ansprechpartnerin. Den Heranwachsenden wird neben Gesprächen aber auch ein breites Angebot an Aktivitäten und Möglichkeiten geboten, um sich kreativ auszuleben. „Auch ich werde immer wieder von den Jugendlichen inspiriert“, betont Sarah, die sich aufgrund ihres jungen Alters auf einer Ebene mit den jungen Erwachsenen sieht. Natürlich versucht auch sie den Jugendlichen etwas mitzugeben. So bietet die Erzieherin, die gleichzeitig auch gelernte Tanzpädagogin ist, beispielsweise regelmäßig eine entsprechende AG im großen Tanzraum an, der sich im oberen Stockwerk des Hauses befindet. Er bietet jede Menge Platz für Bewegung und überrascht vor allem durch seine enorme Größe. Die Räumlichkeiten sind insgesamt sehr groß und wirken offen, bunt und vielfältig. Tim (Name geändert), ein weiterer Mitarbeiter im Freizi, der hier gerade sein Anerkennungsjahr im Zuge seiner Erzieherausbildung absolviert, betont, dass das DRK Freizi Findorff tatsächlich eines der größeren „Freizis“ im Raum Bremen ist. Für ihn macht die Arbeit vor allem aus, dass man die Räume hier als einen selbstbestimmten Ort ansehen kann und jeder Jugendliche seinen eigenen Weg geht. „Wir geben ihnen hier ganz viel für die Entwicklung, damit sie später ein selbstbestimmtes Individuum unserer Gesellschaft werden“, betont er.
Die einzelnen Räume strahlen jeweils ihren ganz eigenen Charme aus. Bunt besprühte Wände, die sich in einigen Räumen, wie dem Sportraum, bis an die meterhohe Decke ziehen, fallen dabei besonders ins Auge. Ein weiterer Raum, der sich im oberen Stockwerk befindet, dient zudem als eine Art Ruheraum. Er gleicht optisch fast einem klassischen „Wohnzimmer“, ist mit einem Sofa und einem Fernseher samt Konsole ausgestattet und sonst eher schlicht gehalten. Sarah erklärt, dass hier Jugendliche am besten mal zur Ruhe kommen können.
Der benachbarte Musikraum, der für Schüler, Azubis und Studenten kostenlos zum Musizieren oder Proben zur Verfügung steht, erweitert die Möglichkeiten. Auch die Küche bietet den Kindern und Jugendlichen bereits im jungen Alter die Chance, kreative, vielseitige und ausgewogene Gerichte zu kochen und zu erlernen. Neben den Graffitis finden sich an den Wänden in den Fluren viele Fotos aus früheren Zeiten wieder. Zu sehen sind hauptsächlich Ausflüge und Fahrten aus den Ferienprogrammen. Sarah und Tim verraten diesbezüglich, dass diese Angebote für sie und die Jugendlichen immer etwas ganz Besonderes sind. So stehen hier beispielsweise Besuche in den Heide Park an. Die Erfahrungen der beiden seien diesbezüglich leider noch sehr gering – vor allem aufgrund der Corona-Pandemie.
Wie auch bei den Ferienprogrammen, bei denen eine Voranmeldung nötig ist, beruhen auch alle anderen Angebote auf Freiwilligkeit. Diese Ungezwungenheit ist auch einer der Hauptgründe, warum Jugendliche überhaupt so gerne vorbeischauen. Ilian, Tarek und Malik (Namen geändert) nutzen die Angebote sehr regelmäßig. Sie sind Besucher des Freizis, zwischen 15 und 16 Jahre alt und kommen vor allem zum Billardspielen. Ilian, der älteste der Drei, betont darüber hinaus, dass sie kommen, um abschalten zu können. Er und Tarek sind durch Malik auf das Freizi gestoßen. Dieser wiederum hätte es durch Zufall entdeckt und ist vor allem vor Ort, da kostenlos Angebote zur Verfügung stehen. Andere „Indoor“- Freizeitangebote seien laut ihm in Bremen sehr eingeschränkt beziehungsweise oft sehr teuer.
Vielfalt – In jeder Hinsicht
Die Angebote der „Freizis“ in Bremen richten sich in der Regel an Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 21 Jahren. Sarah verrät allerdings, dass die Besucher in der Regel nicht nach ihrem Alter überprüft werden und „einfach reinkommen können“. Sie sowie Tim und die anderen Mitarbeiter freuen sich aber immer über eine nette Begrüßung. Später verraten die beiden, dass speziell in der Einrichtung in Findorff die enorme Diversität der Jugendlichen besonders ist. Zum einen kommen hier Jugendliche aus ganz verschiedenen Stadtteilen Bremens. Das sei auch das, was das Freizi „total ausmacht“. Es sei eben „super durchgemixt, was alle sozialen Schichten und Hintergründe angeht“.
Darüber hinaus gibt es auch einen großen Teil junger Erwachsener mit Fluchterfahrung aus den verschiedensten Ländern. Dies sei zwar aufgrund von „Sprachbarrieren und unterschiedlichen Interessensgebieten“ nicht immer ganz einfach, sorgt insgesamt aber für ein sehr diverses Bild. Dies findet sich auch in der Altersstruktur wieder. In der jüngeren Vergangenheit kamen vermehrt Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren, doch gerade in den späten Nachmittagsstunden kommen dann auch
immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene. Das soziale Miteinander sei ein weiterer besonderer Aspekt, den Sarah vor Ort beobachtet. Die Heranwachsenden „lernen irgendwie miteinander umzugehen“.
Für ein Wohlfühlgefühl sorgt sie – aufgrund ihrer eigenen Herkunft, speziell auch bei jüngeren, schwarzen Mädchen. Sie spricht dabei an, dass sie eine wichtige „Anlaufstelle“ für diese Mädchen vor Ort ist und ihnen Sicherheit gibt. Aus ihrer eigenen Jugend erzählt sie, dass es früher „irgendwie keine PoC (People of Color) gab, zu denen sie guten Kontakt hatte oder denen sie irgendwie vertrauen konnte“. Der Einfluss und die Notwendigkeit des DRK Freizi Findorff wird auch an denjenigen deutlich, die, wie es die gelernte Erzieherin beschreibt, „eher eine schwierige Biografie“ aufweisen. Hier kann der Ort auch als eine Art „Schutzraum“ dienen.
Finanzierungsprobleme: Freizis zwischen Notwendigkeit und Existenznot
Ende letzten Jahres gingen Berichte durch die Regionalmagazine: Die Bremer Jugendarbeit braucht dringend neues Geld zur Finanzierung. Laut Sarah seien die Finanzierungsprobleme auch im DRK Freizi Findorff bereits angekommen. Die Lage sei „momentan super super mau“. Schnell wird deutlich, wie
gravierend die Problematik ist. So sind Kosten der Energieversorgung und des Personals in den letzten Monaten enorm gestiegen, die Gelder seitens der Politik wurden dementsprechend aber nicht genügend angepasst. Die Einrichtung kann seit kurzem aufgrund fehlender Gelder einer Reinigungskraft, die bereits seit Anbeginn des „Freizis“ dort arbeitet, nur noch die Hälfte ihrer Stunden bewilligen. Darüber hinaus steht zurzeit aus finanziellen Gründen nur eine Honorarkraft zur Verfügung, die vermutlich auch noch gehen muss. Eigentlich besteht hier der Anspruch auf drei solcher Kräfte.
Konkret besteht also der Wunsch nach finanzieller Absicherung und Planungssicherheit. Tim betont in diesem Kontext, dass sich die Forderungen gezielt an die Politik richten. In Bezug auf den Prozess der Forderungen über die letzten Monate hat sich laut ihm aber auch gezeigt, dass die offene Jugendarbeit in Bremen zusammenhält und „alle sehr gut vernetzt sind“. So blieben Mitte Dezember das DRK Freizi Findorff und viele andere Jugendfreizeiteinrichtungen in Bremen für einen Tag geschlossen, um vor der Sitzung des Jugendhilfeausschusses in Findorff für mehr Geld zu demonstrieren. Bei dem Treffen waren Tims Berichten zufolge auch ehemalige Besucher von Freizeiteinrichtungen vor Ort, die betonten, dass ebendiese „Orte immer aufgesucht werden können“, wo sie „immer hin zurückkommen können“ und so „enorm wichtig für sie und ihre Entwicklung geworden“ sind.
Kürzlich wurden neue Gelder für die Freizis versprochen, doch es bleibt abzuwarten, ob die Politik wirklich liefert. Egal ob es nun das Billardspielen, das soziale Miteinander, die kreativen Angebote der Koch-AG oder das einfache Unterhalten in einer Gruppe ist, fest steht, dass die Existenz offener Jugendhäuser unabdingbar ist.
von Niklas Bunke