Jeder von uns produziert pro Jahr ca. 226,5 kg Müll, damit gehört Deutschland zu den Spitzenreitern in Europa. In Zeiten des Klimawandels ist das eine ziemlich unerfreuliche Nachricht und sollte motivieren, noch mehr auf den grünen Fußabdruck zu achten. Abhilfe will an dieser Stelle ein Unverpackt-Laden in Bremen schaffen, der weitestgehend auf Verpackungen verzichtet. Ob das wirklich funktioniert und tatsächlich weniger Müll produziert wird, habe ich für euch bei meinem persönlichen Einkaufs-Erlebnis herausgefunden.
Vor drei Jahren eröffnete der 34-jährige Selcuk Demirkapi seinen Lebensmittelmarkt SelFair, im Bremer Viertel. Mit Herzblut steht er hinter seinem Konzept: Er bietet unverpackte Lebensmittel an und versucht, wo immer es möglich ist, auf Plastik zu verzichten.
Als ich den Laden betrete, steigt mir nicht nur der Geruch von frischen Lebensmitteln in die Nase, sondern mir fällt sofort eine große Regalkonstruktion mit Glasbehältern in der Mitte des Raumes auf. Darin sind neben Müsli beispielsweise auch Reis oder verschiedene Nusssorten sortiert und auch ein Obstregal mit Früchten aller Art und Olivenöl zum selber abfüllen stechen mir sofort ins Auge. Neben Lebensmitteln findet man im SelFairaber auch Hygienemittel und alles, was sonst noch so im Alltag gebraucht wird und das selbstverständlich unverpackt!
„Die Idee war schon immer da“
Die Idee einen Unverpackt-Laden zu eröffnen, schwebte Selcuk Demirkapi schon während seines Studiums durch den Kopf. Viele seiner Familienmitglieder führen Lebensmittelläden, in denen er während seines Abiturs und Studiums als Aushilfe arbeiten konnte. Das viele Plastik und die Verpackungen, die am Ende des Tages entsorgt werden mussten haben ihn aber sehr gestört. „Ich hab gesagt, wenn es mir gelingt ein gutes Konzept aufzustellen, wo ich zu 100% dahinterstehe, dann mache ich mich selbstständig. Sonst nicht“. 2016 eröffnete er dann seinen Unverpackt-Laden SelFairim Bremer Viertel.
Wie funktioniert verpackungsfreies Einkaufen?
Diese Frage hat mir Selcuk Demirkapi beantwortet: „Wir versuchen die Lebensmittel in großen Gebinden von 20 bis 25 Kilo zu kaufen. Die werden bei uns im Keller gelagert und im Laden selbst haben wir dann ein System mit Behältern, die mit den Lebensmitteln aufgefüllt werden. Die Kunden können dann von zu Hause Papierbehälter oder Dosen mitnehmen und auffüllen. So können sie ohne zusätzlichen Verpackungsmüll bei uns einkaufen,“ erklärt der stolze Ladenbesitzer.
Deutlich weniger Müll
Auch die Lebensmittel selbst müssen vom Lieferanten zum Unverpackt-Lebensmittelladen in Bremen kommen. Aber entsteht durch den Transport nicht genauso viel Müll, wie es auch in normalen Lebensmittelläden der Fall ist? Selcuk Demirkapi erklärt, dass es ganz ohne Müll leider nicht geht. Jedoch kann dieser um 80% reduziert werden. Er veranschaulicht es an einem 25 Kilo Reissack, den er kauft. Würden die 25 Kilo Reis nochmal in 500g Päckchen verpackt werden, fällt deutlich mehr Verpackungsmüll an. Der Kunde selbst verzichtet dabei also komplett auf den Verpackungsmüll. Was viele nicht wissen, ist, dass neben den Verpackungen auch der Inhalt von Produkten Plastik enthalten kann. In herkömmlicher Zahnpasta befinden sich häufig Mikroplastiken. Dementsprechend wird bei SeiFair auch darauf geachtet, dass neben der Verpackung auch die Inhaltsstoffe von Produkten plastikfrei sind.
Sorgfältige Produktwahl
Welche Lebensmittel in den Laden aufgenommen werden, entscheidet Ladenbeseitzer Demirkapi mit großer Sorgfalt. Die Lieferanten wissen, dass es sich um einen Unverpackt-Laden handelt, so soll kein unnötiger, vermeidbarer Verpackungsmüll entstehen. Regelmäßig bekommt Selcuk Demirkapi neue Produktangebote, von denen viele zu seinem plastikfreien Konzept passen. Andere wiederum nicht. Erst neulich hat ein Lieferant ein gutes Naturprodukt angeboten, das Demirkapi gerne in sein Sortiment aufgenommen hätte. Da es sich aber in einer Plastikflasche befand, hat er es abgelehnt.
Mit Herzblut steht er hinter seinem Laden und lebt auch selbst größtenteils plastikfrei. „Ich sitze an der Quelle, da ist es für mich selbstverständlich,“ so Selcuk Demirkapi. Zu ca. 95% geht er selbst in seinem Laden einkaufen. Aber auch er muss zugeben: „Natürlich gibt es Produkte, die leider sehr blöd verpackt sind, deshalb gibt es die nicht in meinem Laden zu kaufen.Wenn ich selbst aber Lust drauf habe, dann kaufe ich sie mir auch. Das ist aber eine Seltenheit.“ Schließlich geht es ihm nicht um Verzicht auf verschiedene Lebensmittel, sondern um das Umdenken und die Reduktion von Plastik.
Mira Kallenheim
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