Was wäre die Welt ohne Social Media? Kaum vorstellbar, sagen die einen. Genau so schön wie früher, sagen die anderen. An den Sozialen Medien spalten sich gerne die Meinungen, doch Fakt ist: Das Internet mit seinen Ausprägungen verändert zunehmend alle Teile der Gesellschaft.
Grund genug, in einer fünftägigen Konferenz den Parforceritt durch die Onlinewelt zu wagen und die Auswirkungen von Social Media zu diskutieren. Und so ging es in den vergangenen fünf Tagen bei der Social Media Week in Hamburg unter anderem um die Möglichkeiten und Herausforderungen für Journalisten und Blogger, die Sicherheit des Netzes und Phänomene wie etwa das Crowdfunding.
Einen besonderen Platz nahm dabei die Debatte um die gleichmäßige Einbindung aller Generationen ein. Schließlich sollen auch Jung und Alt am Internet teilhaben, ohne sich im Internet in Gefahr zu bringen. Johnny Haeusler, Gründer des bekannten Weblogs Spreeblick, etwa sprach sich für eine aktive Heranführung der Kinder ans Internet aus. „Wenn wir uns darum sorgen, dass sich unsere Kids im Netz verlieren, wo sollen sie sich denn sonst noch verlieren“, sagte Haeusler hinsichtlich der vielzitierten Gefahren, die im Internet lauern können. Gemeinsam mit seiner Frau Tanja hat Haeusler das Buch „Netzgemüse: Aufzucht und Pflege der Generation Internet“ veröffentlicht, in dem er sich eindeutig auf die Seite der neugierigen Kinder stellt und das Internet als Ort vielfältiger kreativer Möglichkeiten präsentiert.
Das soziale Miteinander im Internet spielte auch unabhängig von den Jüngsten eine große Rolle. „Wie sozial sind die Sozialen Medien?“, fragte daher eine Podiumsdiskussion, deren Teilnehmer nicht an harten Aussagen sparten. „Soziale Medien sind Kommunikationskatalysator und auch Kommunikationsprothese für viele Leute“, befand etwa Mirko Kaminski, CEO der Kommunikationsagentur achtung!. Etwas positiver klang da Markus Bertling, Gründer des Homepage-Baukastens jimdo: „Es ist einfacher, sich mit thematisch zugehörigen Personen zu vernetzen.“
Mehr Transparenz der Politik durch Twitter?
Zunehmend große Bedeutung erhalten die Sozialen Medien auch für die Politik. Obwohl die Vernetzung hiesiger politischer Akteure von der in den Vereinigten Staaten noch weit entfernt ist (hier haben alle Senatoren einen aktiven Twitter-Account), versuchen immer mehr deutsche Politiker, die Bürger digital über aktuelle Geschehnisse in den Gremien auf dem Laufenden zu halten. Dabei geht es vor allem um kontinuierliches Netzwerken. „Wer die Sozialen Medien nutzt, nur um Stimmen zu mehren, der hat es noch nicht verstanden“, sagte etwa Dennis Gladiator (CDU) in einer Podiumsdiskussion mit fünf Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft.
Eins der Hauptthemen der Konferenz, eingeleitet durch eine Keynote-Rede von Sarah Stierch, war außerdem die gender gap im Internet. Stierch ist Gründerin der WikiWomen’s Collaborative, mit der sie Frauen zum Editieren von Wikipedia begeistern will. „Nur neun Prozent der Editoren bei Wikipedia sind weiblich“, erklärt Stierch im Rahmen ihrer Rede. „Be bold“ – sei mutig – lautet daher ihr knappes Motto für alle Frauen. Schließlich lebt das Internet von den Menschen, die es verändern.
Crowdfunding – Finanzierung durch das Kleinvieh-Prinzip
Durch die Zeitungskrise und die Probleme vieler Künstler, denen das Internet scheinbar mehr schadet als nützt, ging es in vielen der angebotenen Veranstaltungen auch um die Möglichkeiten, mit kreativen Ideen im Internet Geld zu verdienen. Beliebtes Konzept ist hier das Crowdfunding, also die Finanzierung eines Projekts über Spenden von möglichst vielen Menschen, die für das Projekt begeistert werden konnten. In diesem Zusammenhang berichtete Marco Antonio Reyes Loredo, der mit der Sendung „Konspirative Küchenkonzerte“ regelmäßig bei ZDFkultur auf Sendung geht, von der „Wilden 13“. Gemeinsam mit Kerstin Schaefer will er einen Film über den Metrobus 13 quer durch Hamburg-Wilhelmsburg drehen und sammelte dafür über 3.000 Euro. Als Gegenleistung erhielten die Spender kleine Geschenke für ihre Mithilfe. Dass es ein riesiger Arbeitsaufwand für wenig Geld sei, um mit Crowdfunding erfolgreich zu sein, gab Loredo offen zu. „Ich stelle aber die These auf, dass Crowdfunding so schnell nicht wieder verschwinden wird“, so der Filmemacher.
Wohin sich die Welt der digitalen Medien und Netzwerke drehen wird, lässt sich nach fünf Tagen Social Media Week in Hamburg genau so wenig beantworten, wie davor. Doch die Konferenz in der Hansestadt machte auch in diesem Jahr deutlich, wie vielfältig die Entwicklung in diesem Bereich ist und wie kreativ damit umgegangen wird. Die Sozialen Medien, das Internet und Netzwerke durchdringen die Gesellschaft. Die Auswirkungen, Herausforderungen und Probleme sind vielfältig. Sich den neuen, digitalen Möglichkeiten kategorisch zu verschließen, wird in Zukunft keine Möglichkeit des Handelns sein.
Viele der Veranstaltungen und Diskussionen wurden per Livestream ins Internet übertragen und sind auch weiterhin über die Homepage der Social Media Week abrufbar.
Fabian Nitschmann