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Trumps Digitale Kriegsführung – Teil 2: Konservativ, Laut, Trump

26. Januar 2019

Die Twitter Army marschiert durch’s Netz: Neue Technologien beeinflussen unseren virtuellen Blick auf Politik. Im zweiten Teil unserer Serie „Trumps digitale Kriegsführung“ sprechen wir darüber, wie Donald Trump sich beim Wahlkampf im Netz von der digitalen Masse absetzen konnte.

Konservativ, Laut, Trump:
Von Fake News und ›Information Overload‹

Wie wir zuvor erfahren haben, war Donald Trumps Verhältnis zur Presse kein sonderlich gutes. Um sich also möglichst wenig mit Kritik und Fragen von Journalisten auseinandersetzen zu müssen, versuchte er, sich größtenteils über die sozialen Medien an die Öffentlichkeit zu wenden – und machte damit auch die Zeitungen und Fernsehsender zu seinen unfreiwilligen Followern. Denn wenn sie aktuell berichten wollten, mussten sie auf seine Tweets möglichst schnell reagieren können.

Beim Versuch, während dieser „Verfolgungsjagd“ den Anschluss an Trump nicht zu verlieren, wurde es immer schwieriger, seine Aussagen zu bewerten und auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Ob er also Fakten oder Fake News zitierte, konnte oft kaum besprochen werden, weil kurz darauf schon der nächste Tweet in die Twittersphere geschickt wurde. Und da wir selbst zum Verstärker für diese Tweets werden, spielt unser Medienkonsum hier eine entscheidende Rolle. Untersuchungen zu Fake News zeigen, dass sich solche Falschmeldungen über emotional aufgeladene SocialMedia-Posts sechs Mal schneller verbreiten und um 70 Prozent öfter für wahr befunden werden als auf Fakten basierende Nachrichten [13]. Dabei kommt es bei der erfolgreichen Verbreitung von Fake News auf die Mischung an: Die falsche Nachricht muss empören aber trotzdem irgendwie dem Weltbild der User entsprechen, damit sie oft geteilt wird [14]. Unsere massenhafte Nutzung sozialer Medien, unser „Netzwerkfieber“ [15], prägt unsere Wahrnehmung und bestimmt immer mehr, was wir zu sehen bekommen. Der Konsum tausender immergleicher Instagram-Posts, Katzenvideos und lustige Clips (oder eben auch schockierende, angebliche Nachrichten von Überfällen in unserer Nachbarschaft) sorgen vor allem dafür, dass uns – durch Algorithmen auf persönliche Onlineprofile angepasst – „more of the same“ [16] gezeigt wird. Studien zeigen bereits, dass diese Entwicklung gefährliche Folgen haben kann und vielleicht sogar zu einer politischen Radikalisierung durch das Internet führt [17]. Twitter-User scheinen oft „unter sich“ zu bleiben, kommunizieren also vor allem mit politisch Gleichgesinnten. Durch den Mangel an Wiederspruch hätten User mit radikalen Weltbildern so durch sogenannte Echokammern oft den Eindruck, dass ihre Ansichten von einem Großteil der Bevölkerung geteilt werden [18].

 

Die Echokammern tragen ihre Funktionsweise schon im Namen: Sie erzeugen ein Echo von bereits im Internet verbreiteten Aussagen – allerdings nicht von irgendwelchen Aussagen, sondern ganz bestimmten. Die Auswahl, welche Posts nun als Echos in sozialen Medien an andere User weitergetragen werden, wird von digitalen Algorithmen getroffen. Ein Algorithmus ist eine „Handlungsanweisung“, die der Logik einer Wenn-Dann-Beziehung folgt [19]. Wenn Du jeden Monat Deine Miete überweisen musst, damit Du nicht aus deiner Wohnung geworfen wirst, dann folgst du bereits einer sehr simplen algorithmischen Logik. Genauso tust Du das, wenn Du studierst und immer dann arbeiten gehst, wenn Dein Konto bald leergefegt ist. Wenn Du allerdings nicht arbeiten gehst und das Geld immer knapper wird, musst Du entweder nur noch billiges Bier kaufen und weniger feiern, deine Eltern anpumpen oder einen Kredit aufnehmen. In diesem Beispiel setzt sich so aus einem Netz von Handlungsanweisungen für bestimmte Situationen ein immer komplexer werdender Algorithmus, mit immer mehr Bedingungen, zusammen. Diese Wenn-Dann-Beziehung wird in sozialen Netzwerken ganz ähnlich genutzt, um ein möglichst komfortables und gemütliches Medienumfeld für Dich zu erstellen – abhängig von der jeweiligen Plattform und der Masse an Informationen, die über Dich vorliegen. Wenn wir also bestimmte Zeitungsartikel von der Bildzeitung über die neuen Silikonbrüste irgendeines C-Promis liken und anklicken, dann wird nicht auf einmal ein technischer Essay der letzten Informatiker-Tagung aus Berlin in unseren Newsfeeds auf Facebook, Twitter & Co. auftauchen. Auf die gleiche Art werden auch weitere Posts von anderen Usern für uns ausgewählt. Inhalte werden spezifisch auf Vorlieben von sozialen Gruppen abgestimmt und können so dazu führen, dass man gar nicht mehr mit den Posts von Usern mit anderen Interessen und politischen Ansichten in Kontakt kommt, weil die Leute sich in anderen Social Media-Kammern bewegen [20].

 

Auffallen im ›Information Overload‹

Was erfolgreich verbreiteter Content ist und was nicht, entscheidet sich bei den digitalen Medien durch neue Kriterien. Aus Auflagenzahlen wurden Clicks, aus Zuschauerquoten Views und aus Umfragedaten Likes oder Shares. Wer erfolgreich Menschen erreichen will, muss also um unsere Aufmerksamkeit und Zeit kämpfen. Das führt laut Michael Klemm zu einer konstanten Überreizung von uns Usern, einem „Information Overload“: Ob durch Clickbait, auffällige Werbung oder gut platzierte Videos – überall im Netz wird versucht, unsere Blicke, unser Interesse einzufangen [21]. Deswegen sind bestimmte rhetorische Techniken gefragt, um in der Masse aufzufallen. „Geheime Verführer“ [21] haben keine Chance mehr. Vielmehr sind es laute Charaktere, welche es schaffen, die Konkurrenz zu übertönen. Donald Trump ist in dieser Disziplin nicht bloß als ein Lautsprecher im Netz zu bezeichnen, wohl eher als ein alles beschallendes Megafon. Viele von Trumps Tweets arbeiten nicht bloß mit simpler Grammatik und vielen in’s Auge springenden Großbuchstaben. Seine oftmals radikalen Aussagen sind vor allem „inhaltlich laut“. Dabei schaffte er es oft, sowohl extreme Ansichten, als auch durch Social News genährte Ängste zu bedienen: „If I am elected President, I am going to keep RADICAL ISLAMIC TERRORISTS OUT of our country! #MakeAmericaSafeAgain” [22]. Solche extremen und populistischen Formulierungen haben ihn nachweislich für viele der Wähler zu einem „authentic outsider“, dessen Aussagen nicht kalkuliert oder ›geskriptet‹ sind, gemacht [23]. Daraus entstand eine Win-Win-Situation für Trump: Er ist auffällig und wirkt gleichzeitig nicht aufgesetzt. Ideal angepasst an ein System inhaltlicher Überreizung schmettert er regelmäßig „authentische“ und radikale Phrasen heraus – vom Mauerbau an Mexikos Grenze bis zur Leugnung des Klimawandels – immer in polarisierender Form, aber gleichzeitig auch konservativen Werten entsprechend. Auf diese Weise wurde er im Wahlkampf doppelt so oft im amerikanischen Fernsehen erwähnt wie seine Konkurrentin Hillary Clinton [24].

„Trump is a television creation“:
Die Stimme des Volkes… Oder doch nicht?

Das ist ein wichtiger Punkt, denn lediglich jeder vierte U.S.-Amerikaner besitzt überhaupt einen Twitter-Account. Unter den Trump-Unterstützern sind es sogar noch weniger. Ohne die Berichterstattung über Zeitungen, Fernsehen und andere Plattformen wären Trumps Tweets deshalb wohl in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden. Der Politikwissenschaftler Andy Pemberton schließt daraus: „Trump is a television creation“ [25]. Twitter hat Trump also vielmehr dabei geholfen, vorher selbstverständliche Konventionen der Öffentlichkeitsarbeit – wie etwa Pressekonferenzen oder politische Diskussionsrunden und Parteitage – zu umgehen. Diese so in die Welt hinausgeblasenen Aussagen mussten dann allerdings wieder ein Echo in Fernsehen, Rundfunk und Zeitung finden, um von Vielen wahrgenommen zu werden. Dieses mediale Echo wurde auch erzeugt, weil viele User auf ihn reagierten, sich empörten oder mit seinen Thesen solidarisierten. Die „einfachen Bürger“ teilten Trumps Tweets fünf Mal öfter als Hillary Clintons Beiträge, welche eher von politischen Verbündeten verbreitet wurden. Sein mediales ›Echo‹ war also vor allem so stark, weil Amerika ständig über das redete, worüber er redete [26].

Die Story der „einfachen Leute“, die sich gegen das „Establishment da oben“ solidarisierten, sollten wir allerdings mit Vorsicht genießen. Viele Tricks kamen zum Einsatz, um Wählerstimmen zu gewinnen: So ist etwa jeder fünfte Tweet über Donald Trump während des Wahlkampfs durch sogenannte Social Bots verschickt worden [27].

 

Bots (Kurzform für Robot/Roboter) sind Computerprogramme, die einprogrammierte Aufträge erfüllen. Sie können dabei beispielsweise so tun, als wären sie echte Menschen und sich mit Kommentaren, Posts oder Tweets an Diskussionen im Netz beteiligen. Einen Social Bot zu programmieren ist relativ einfach. Mit kostenlosen Software-Vorlagen aus dem Netz lassen sich ziemlich schnell Algorithmen festlegen, auf deren Basis die Bots dann in sozialen Netzwerken handeln sollen [28]. Ob es den Programmen mit ihren Fake-Accounts allerdings gelingt, dabei glaubwürdig zu sein, hängt von ihren Aufgaben und dem Niveau ihrer Programmierung ab. Natürlich ist es wesentlich einfacher, einer Masse an Bots zu befehlen, bestimmte Dinge zu liken oder allgemeine Aussagen zu verbreiten, statt wirklich individuelle Kommentare und Antworten zu verfassen.

Meistens reagieren Social Bots deshalb einfach auf bestimmte Schlagworte oder Hashtags in den Timelines sozialer Netzwerke. Tauchen in einem Post die gesuchten Worte auf, dann wird dort der vorher eingeschriebene Inhalt hinterlassen. Je besser programmiert die Bots sind, desto authentischer wirken sie dabei.

 

In besonders intensiven Wahlkampfperioden, etwa während der Fernsehduelle, wurde sogar jeder dritte Beitrag über Trump bzw. Clinton auf Twitter von Computer-Programmen verfasst [29]. Ob die automatisierten Tweets der Wahrheit entsprachen, war oft egal: Sie mussten bloß empörend, schockierend und Vorurteile bestätigend sein. Als Trump beispielsweise in einem Fernsehduell mit Fragen zu von ihm hinterzogenen Steuern konfrontiert wurde, hat seine „Twitter Army“ [30] den Fokus in den Sozialen Medien auf die angeblich korrupte Clinton-Stiftung gelenkt. Ob durch reale oder künstlich programmierte Unterstützung: Oft zählt nur der bleibende Eindruck, den der digitale Mob in der Gesellschaft hinterlässt. Allerdings ging es in Trumps digitalem Wahlkampf nicht nur um den Eindruck, der durch Scheindebatten von Bots in sozialen Netzwerken hinterlassen wurde. Auch die Auswertung von Userdaten selbst spielte eine zentrale Rolle, wie wir im letzten Teil unserer Serie zeigen werden.

 

Hendrik Meyer
Bildquelle: KROSSE/Hendrik Meyer (www.hendrikpanda.com)

Quellen/Links

 

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