Eine Geschichte zwischen Wirklichkeit und Traum, zwischen Leben und Tod: Das letzte Werk von David Bowie wurde auf Bremens Theaterbühne aufgeführt. Was es bei diesem etwas anderen Stück zu sehen gab, erfahrt ihr hier.
Lazarus gilt als eines von David Bowies letzten Werken. Gut einen Monat nach der Uraufführung in New York am 7. Dezember 2015 verstarb der legendäre Musiker an Leberkrebs – ein Schock für die Welt, da Bowie seine Krankheit strikt geheim gehalten hatte. Nach Aufführungen in New York, London, Düsseldorf und Wien kam das etwas andere Musical nun auch nach Bremen. Inspiriert durch den Roman „Der Mann, der vom Himmel fiel“ und der gleichnamigen Filmadaption aus den Siebzigern (in der Bowie selbst die Hauptrolle des Thomas Newton verkörpert), hat Bowie mit Lazarus der Geschichte des einsamen und alkoholkranken Außerirdischen, der auf der Erde gefangen ist, seinen unverwechselbaren Flair verpasst.
Bowie durch und durch
Ein ungemeines Plus des Musicals war wie zu erwarten natürlich David Bowies Musik: Die Mischung aus alten Klassikern wie „Life on Mars?“ und „Heroes“, jedoch auch neuen Liedern wie „Lazarus“, das zwei Tage vor seinem Tod veröffentlicht wurde, ließ sich wunderschön anhören. Auch der Themenfokus des Musicals schreit förmlich Bowie: Sinnsuche, Realität, Traum, Tod. Ein exzentrischer Mann auf der Suche nach Sinn, unfähig, sich eigenständig aus seinem mundanen Gefängnis zu befreien. Auch die sehr fließenden Szenenwechsel verstärken dieses Gefühl eines Fiebertraums. Oftmals fragte man sich während der Aufführung, wie sehr Bowies eigene Lebenslage zum Ende seines Lebens ihn dazu bewegt hat, dieses Werk zu erschaffen.
Was dachten wir?
Nun sind wir beide keine erfahrenen Theater-Gängerinnen, um tiefgreifende Vergleiche mit anderen Stücken zu ziehen. Als Laien gefiel uns die Aufführung aber so gut, dass unsere Hände nach den fünf Runden Applaus ordentlich schmerzten. Den Darstellern und dem Orchester gelang es, mit emotionaler Musik den Saal zu fesseln und das Bühnenbild, simpel und ohne Szenenwechsel gehalten, lenkte weiter den Fokus auf die handelnden Charaktere – auch wenn man „Handlung“ im eigentlichen Sinn vergeblich sucht.
Was ist echt und was nicht?
Ein Musical, wie es etwa „König der Löwen“ ist, also mit einer klaren und verständlichen Handlung, durfte man beim Kauf von „Lazarus“-Tickets nämlich nicht erwarten. Hier ging es um die innere Welt des Protagonisten und sein Ringen mit der Tatsache, dass er zwischen Welten gefangen ist. Der Fehler, den wir beide begingen, war der Versuch das Stück während der Vorstellung zu interpretieren. Da es sich aber um eine recht abstrakte Geschichte handelt, war es die Herausforderung, sich ganz und gar auf die Wirkung des Stücks einzulassen. Da jedoch selbst die Charaktere ständig die Frage nach Realität und Traum stellten und sich zuweilen selbst nicht sicher waren, ob sie in vollendeter Form überhaupt existieren, war es schwierig, dieser Frage selbst nicht nachzugehen.
Lohnte es sich?
Auch für Menschen, die nicht gerade Bowie-affin sind, lohnte es sich auf jeden Fall „Lazarus“ anzusehen. Insbesondere die ungewöhnliche Themenwahl, die tollen Schauspieler und Bowies grandiose Musik machten den Theaterbesuch zu einem wahren Erlebnis. Ablenken durfte man sich jedoch nicht mit der Suche nach einer klaren, realistischen Handlung. Ebenso die Entschlüsselung einer allgemein gültigen Kernaussage war praktisch unmöglich sowie überflüssig: Alles offen für Interpretation.
Ab November wird das Stück am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg aufgeführt und im Sommer nächsten Jahres auch in Leipzig.
von Verena Weber und Lillith Dörsch
Bildquelle: Jörg Landsberg