Midnight Sun ist ein Film über Liebe, Freundschaft und Beziehungen, aber vor allem eine Liebeserklärung an das Leben selbst. Die Message ist einfach und trotzdem nicht abgedroschen: Wer liebt, der lebt! Egal wie lang… Unsere Redakteurin hat sich den Film angeschaut und konnte sich dessen Melancholie nicht entziehen.
Nachtschwärmerin im doppelten Sinn
Sobald man den Namen Schwarzenegger hört, sind erste Assoziationen action-geladene Filme mit eher wenig Handlung, um es positiv auszudrücken. Dementsprechend war ich zuerst skeptisch als es hieß, Patrick Schwarzenegger spiele den männlichen Helden einer Neuverfilmung des gleichnamigen japanischen Orginal-Dramas „Midnight Sun“. Auch die Geschichte eines Mädchens mit der seltenen genetischen Störung Xeroderma Pigmentosum fühlte sich im ersten Moment sehr vertraut an. Denn die 17-jährige Katie Price darf sich zu keinem Zeitpunkt der Sonne aussetzen, weshalb sich ihr komplettes Leben hinter UV-dichten Rollos abspielt. Nur nachts kann sie das Haus verlassen. Dementsprechend gestaltet sich jede Art von sozialem Kontakt zunächst sehr schwer. Katie verbringt ihre Tage also oftmals allein, mit ihrer Gitarre oder ihrem Vater, bis Morgan auftaucht und wie selbstverständlich auch ihre Nacht oft zum Tag macht. Mit Morgan, als beste Freundin an ihrer Seite, scheint Katie zufrieden zu sein, auch wenn sie ihren ersten und einzigen Schwarm Charlie jahrelang nur von ihrem Fenster aus beobachten kann.
Das ändert sich erst als Katie zur Feier ihres Schulabschlusses ausnahmsweise länger draußen bleiben darf und die Zeit nutzt, um sich mit ihrer Gitarre und ihrem Songbuch bewaffnet als Straßenkünstlerin am Bahnhof zu versuchen. „Zufällig“ läuft Charlie gerade zu diesem Zeitpunkt am Bahnhof entlang und hört Katie singen, was ihn etwas berührt. Fasziniert spricht er Katie an, die jedoch blitzartig die Flucht ergreift und dabei ihr Songbuch vergisst. Mit Hilfe des Songbuchs macht Charlie sich auf die Suche nach Katie und bekommt dabei Unterstützung von Morgan, die dafür sorgt, dass die zwei endlich zusammenfinden. Eine wundervolle Sommerromanze beginnt, allerdings ahnt Charlie nichts von Katies Zustand, die geschickt zu verschleiern versucht, dass sich die zwei immer nur nach Sonnenuntergang treffen können.
Liebe am Limit
Ihr Dad steht der ganzen Sache eher skeptisch gegenüber und erinnert Katie an die katastrophalen Folgen, sollte sie sich auch nur für Sekunden dem Sonnenlicht aussetzen. Katie verspricht auch Morgan Charlie bald die Wahrheit zu sagen, was sie jedoch nicht einhält. Zu schön ist die Illusion sich selbst durch Charlies unvoreingenommene Augen zu sehen und einmal nicht „die Kranke“ zu sein. Die Beziehung setzt sich fort, doch wie es unweigerlich kommen muss, vergisst Katie die Zeit mit Charlie und kehrt zu spät nach Hause zurück. Von nun an schreitet der Krankheitsverlauf rasant voran und Katie bricht jeglichen Kontakt zu Charlie ab. Die Zeit spielt gegen die beiden und nachdem Charlie von Katies Krankheit erfahren hat, setzt er alles daran sie von der Beziehung zu überzeugen. Er ist nun an Katie zu entscheiden, ob sie sich auf eine kurze aber einzigartige Liebesgeschichte einlassen wird oder Charlies Bemühungen im Sand verlaufen.
Couchkino at its best
Obwohl der Film viele kitschige Momente beinhaltet, die vielen Zuschauern schon bekannt sein dürften, lohnt es sich ihn zu schauen. Der Gang ins Kino ist allerdings nicht unbedingt nötig, da es sich thematisch um einen Dauerbrenner handelt, der auch zu Hause gut seine Wirkung entfalten kann. Denn neben der romantischen Haupthandlung bietet der Film auch eine weniger häufig betrachtete echte Freundschaft zwischen zwei Mädchen, die einander ebenso lieben. Katie und Morgan haben ihre Leben derartig verknüpft, dass sich ihre Handlungen und Gedanken im Alltag der jeweils anderen manifestiert haben. Beleuchtet wird vor allem auch die Tatsache, wie sich ein ganzes Leben um eine Krankheit dreht, ohne dass die Krankheit das Leben ausmacht. Sowohl Morgan als auch Katie Vater bereichern ihr Leben um so viele Facetten und bringen Licht ins Dunkel ihres abgeschotteten Zimmers. Man wird Zeuge, wie Katie ihr Schicksal schlicht annimmt und lernt mit der Krankheit und nicht gegen sie zu leben.
Selected but Connected
Die Story kommt mit wenig Charakteren aus, die allerdings untereinander auf unterschiedlichste Weisen vernetzt sind, sodass der Eindruck entsteht, es handle sich um mehr Beziehungskonstellationen, als tatsächlich dargestellt sind. Erfrischend ist auch die Interpretation der Rolle durch Bella Thorne, die bereits aus zahlreichen Filmen und Serien – aktuell „Famous in Love“- bekannt ist. Sie schafft es Katie keinerlei Bitterkeit anhaften zulassen, selbst als die Krankheit anfängt ihr Leben Stück für Stück zu übernehmen. Stattdessen erlebt man pure Trauer in erster Linie um den Verlust ihrer Beziehung zu Charlie, aber auch über den Vater, der sein eigenes Leben auf die lange Bank schiebt, um Katie jede Sekunde beschützen zu können. Die Rolle des Vaters, die Rob Riggle übernommen hat, bietet genügend Stoff, um sie in ein Klischee auf zwei Beinen zu verwandeln. Stattdessen spiegelt sie die tiefe Liebe eines Vaters, dem seine Tochter die Welt bedeutet und der deshalb seine Welt zu ihrer macht. Dadurch erschafft der Regisseur Scott Speer eine einzigartige Vater-Tochter-Beziehung, die eindrucksvoll vermittelt, auf welche Weise Eltern mit ihren Kindern verbunden sind.
Love is all you need…
Auch wenn ich Gefahr laufe selbst den Kitsch zu produzieren, den ich dem Film zu Beginn unterstellt habe: Ich muss erwähnen, dass ich spätestens beim Verlassen des Kinosaals die Nummer meiner Mutter gewählt hätte, um ihr zu sagen, wie lieb ich sie habe – wäre ich nicht sowieso schon in ihrer Begleitung gewesen. Einmal mehr kann ich also bestätigen, dass „Midnight Sun“ mehr als ein flaches romantisches Drama ist, das durch vielschichtige Beziehungen auf unterschiedlichen Ebenen jeden Winkel des Herzens erreichen kann. Allerdings muss man sich darauf einlassen, dass die Thematik und auch die filmische Umsetzung nichts Neues bieten und der Film eher von kleinen emotionalen Momenten lebt. Außerdem ist es erfrischend einmal neuen Gesichtern auf der Leinwand zu zusehen.
Der Film ist eine gelungene seichte Unterhaltung, ohne dadurch zu flach zu werden. Im Gegenteil gibt es einige Momente, die einen wertschätzen lassen, was man selbst im Leben hat. Damit hat dieser Film schon mehr erreicht als alle Terminator-Filme zusammen und der Name Schwarzenegger ruft in Zukunft, zumindest bei mir, auch positive Assoziationen hervor.
Eleni Maurischat
Bildquelle: Daniel Case, Midnight sun over Firth River, Ivvavik National Park, YT, CC BY-SA 3.0