Seit November 2017 tourt der Rapper Marteria durch Deutschland, um sein neues Album Roswell zu promoten. Unsere Krosse-Redakteure haben seine Show in Bremen angesehen und ziehen ein doch sehr unterschiedliches Fazit.
Beginnen wir mit dem positiven Konzertbericht:
Viele Roswell-Songs gemischt mit den bekanntesten Hits
Die Kleinstadt Roswell im US-Bundesstaat New Mexico, nach dem auch Marterias neustes Album benannt ist, wurde bekannt durch einen mysteriösen Zwischenfall. Im Jahr 1947 landete ein außerirdisches unbekanntes Flugobjekt in der Nähe dieser Kleinstadt. Und genau das Außerirdische und Anderssein ist es, was sich wie ein roter Faden durch alle Songs des neuen Albums von Marteria zieht. Es war von vornherein klar, dass Marteria auch entsprechend viele Songs dieses Albums auf seiner Roswell Tour spielt. Es ist also von Vorteil, vorher schon mal in das Album reinzuhören.
Aber auch Fans seiner älteren Alben wurden nicht enttäuscht. So spielte Marteria natürlich seine bekanntesten Hits wie Lila Wolken, Verstrahlt, Marteria Girl und Kids – also nicht nur klassischen Hip Hop, sondern auch radiotaugliche Lieder. Ich konnte gar nicht anders als mitzusingen.
Eine Atmosphäre passend zur Musik
Marteria holte sein Publikum direkt zu Beginn ab, sodass ich nicht eine Sekunde während des gesamten Konzerts auf dem gebuchten Sitzplatz saß. Mit den Armen durchgehend in der Luft feierte die Menge zu seiner Musik.
Während die Bühne grün leuchtete, kam sein Alter ego Marsimoto und rappte: „Grüner Rauch zieht übers Land“. Auch durch die ÖVB-Arena zog fast zeitgleich ein verdächtiger Geruch von dem „grünen Samt“. „Keiner hat mehr Bock auf Kiffen, Saufen, Feiern“ entsprach an diesem Abend jedenfalls nicht der Wahrheit.
Insgesamt fiel immer wieder das thematisch passende Bühnenprogramm auf. Das grüne Licht bei Marsimoto, das bengalische Feuer bei „Bengalischer Tiger“, die Flammenwerfer beim Song „Feuer“ – das Konzert war von vorne bis hinten durchgeplant.
Der Traum eines jeden „Marteria-Girls“?
Die komplette ÖVB-Arena am Ausrasten, das Publikum halb nackt und Marteria mittendrin: Die Stimmung stieg bis zum Schluss immer weiter. Spätestens als Marteria sein T-Shirt auszog, das Publikum dazu animierte das Gleiche zu tun und mit in der Menge feierte, musste man einfach ausrasten. Ein Luftschlangenregen bildete den Abschluss des Abends. Es ging zwar nicht so lang, bis die Wolken wieder lila waren, aber die Feierlaune bis zum nächsten Morgen heizte Marteria auf jeden Fall an.
Auch ihm selbst konnte ich diese gute Stimmung anmerken. Er hat auf der Bühne knapp zwei Stunden alles gegeben: Sein Spaß an der ganzen Sache war einfach ansteckend und machte das Konzert so authentisch. Während ich nun mit etwas Muskelkater in den Armen das Review schreiben, denke ich gerne an den schönen Abend zurück. Das war definitiv nicht das letzte Konzert, auf das ich von ihm gegangen bin.
Seine Roswell Tour geht noch bis März 2018 – wer sich jetzt inspiriert fühlt, kann also noch schnell hier ein paar Tickets buchen.
Doch es gab auch Schattenseiten:
Großes Chaos in der Location
Über 7.000 Menschen waren bei diesem Konzert im Winter. Die ÖVB-Arena war eindeutig nicht darauf vorbereitet. Bei einer bekannten Anzahl von verkauften Karten konnten die Verantwortlichen nicht damit rechnen, dass alle Menschen auch das Konzert besuchen möchten, und durch das kalte Wetter auch noch ihre Jacke mitbringen wollen.
Einigen, die kein Interesse an der Vorband hatten, wurde die Entscheidung abgenommen was man mit seiner Zeit anfangen solle. Die Veranstalter waren überfordert mit der Anzahl der Menschen und deren Jacken. Dies führte dazu, dass alle paar Minuten eine neue Garderobe aufgemacht wurde und man einem Menschenstrom beobachten konnte, wie es in die genannte Richtung rannte.
Die Position in der Halle ist das wichtigste
Einige kamen also erst in den Innenraum kurz bevor Marteria begann. Es ist der Größe der ÖVB-Arena geschuldet, dass man nur in den vorderen Reihen die Bühne sehen kann. Steht man im mittleren Bereich, so ergibt sich eher eine Diskoähnliches Erlebnis, mit dem Unterschied, dass die Musik in diesem Fall live war.
Die Qualität des Konzertes hängt zum Großteil an von der Meinung zum neuen Album ab. Dieses ist eindeutig ruhiger und erzählerischer als die alten Alben, bietet deswegen aber auch weniger Stoff für ein Konzert, auf welchem die Menschen feiern wollen. Hier gibt es die alte Diskussion ob es Höhe- und Tiefpunkte geben muss oder ob eine gute Party nur musikalische Höhepunkte haben sollte.
Die Tiefpunkte waren aber praktisch sich einmal auszuruhen und Luft zu schnappen, da während des Konzertes verschiedene Arten von „Zigaretten“ geraucht wurden, in Kombination mit der Wärme und der Bewegung kein Ort für Kreislaufschwache.
Doch es war nicht alles schlecht
Bevor es als zu negativ abgestempelt wird kam der Spaß noch: Wenn man den Versuch, die Bühne zu beobachten, aufgibt, sich aus der Mitte entfernt und nach hinten geht, wo man die gleiche Aussicht hat nur mehr Platz, dann entsteht doch noch eine unglaubliche positive Stimmung.
Spätestens bei den „letzten 20 Sekunden“ war alles Negative bei jedem Besucher verflogen und alle waren am feiern, auch auf den Sitzplätzen. Die Stimmung wurde von Lied zu Lied besser, alleine schon weil jeder merkte, wie viel Spaß Marteria an dem ganzen Konzert hatte.
Ich schreibe das Ende nicht mit Muskelkater in den Armen sondern in den Beinen und muss sagen, dass mit einem zeitlichen Abstand auch alles Negative nun als etwas Gutes wirkt. Man hat an dem Abend einiges erlebt und in der Zukunft wird man auch über das Schlechte lachen. Den Besuch eines Marteria Konzertes kann ich jedem empfehlen, nur sollte man eine möglichst kleine Spielstätte suchen, damit das Konzert den maximalen Spaß liefert.
Die Playlist vom Konzert in Bremen könnt ihr hier nochmal anhören.
Maike Gehling & Michael Nielsen
Foto u. Copyright: Paul Ripke