Gerade volljährig und dann schon Vorsitzender einer Partei? Die Jugend- und Entwicklungspartei Deutschlands (JED) ist eine 2017 von Abiturienten gegründete Partei. Bei der Landtagswahl in NRW konnte die Partei erstmals offiziell gewählt werden. KROSSE hat Till Müller, den Parteivorsitzenden der JED, zu den Herausforderungen einer Parteigründung interviewt.
KROSSE: Hallo Till, schön, dass Du dir Zeit nimmst für ein Interview. Vielleicht kannst du erstmal erklären, was das Programm der JED ist.
Till Müller: Allgemein wollen wir linksliberale Politik machen, die sich vor allem von den Interessen von Jugendlichen und der jungen Generation leiten lässt. Wir wollen mehr Geld für Bildung ausgeben, Bildung allgemein zeitgemäßer machen und ins 21. Jahrhundert holen. Gleichzeitig wollen wir mehr Europa und Europa weiter entwickeln auch in Richtung mehr Demokratie und damit auch mehr Legitimation. Wir glauben, dass das der einzige Weg ist, wie man Europa ein Stück weit retten kann und auch besser machen kann. Zu guter Letzt wollen wir Deutschland und allgemein Europa auf die Herausforderungen des demografischen Wandels und der Digitalisierung vorbereiten.
KROSSE: Was hat euch dazu motiviert eine Partei zu gründen?
Till Müller: Wir waren allgemein vorher schon politisch engagiert. Wir haben uns gerade jetzt zum 18. Geburtstag immer wieder damit beschäftigt; sei es einfach nur die Frage, wen wir wählen wollen, oder bei vielen auch, für welche Partei man sich engagieren möchte oder wie man sich politisch engagieren möchte. Es waren eigentlich immer wieder Punkte dabei, die Parteien für uns unwählbar gemacht haben. Es hat uns allgemein gestört, dass der Altersdurchschnitt in der Politik einfach viel zu hoch ist; dass häufig, ich nenne es jetzt bewusst etwas polemisch, Rentengeschenke gemacht werden, die unsere Generation dann irgendwann ausbaden beziehungsweise bezahlen muss. Dann kam irgendwann die Idee, man müsse doch mal eine eigene Partei gründen. Die Idee war am Anfang erstmal eher ein Witz, weil es ja doch ein relativ hohes Ziel ist. Irgendwann wurde aus dieser Idee aber immer mehr Ernst. Dann haben wir uns im Internet angeschaut, was man braucht, um eine Partei zu gründen und an den Wahlen teilnehmen zu können und das haben wir dann geschafft.
KROSSE: Du hast gerade euer Alter angesprochen. Meinst du, das war eher eine Chance bei der Parteigründung oder gab es da auch Probleme, weil ihr so jung seid?
Till Müller: In formaler Hinsicht gab es da keine Probleme. Es ist aber schon so, dass wir unter den Jugendlichen schon einen gewissen Rückhalt genießen und dass viele das cool finden, was wir machen. Es ist aber genau so, dass viele Leute sagen, dass sie es einfach nur für eine Spielerei halten. Ich kann das nachvollziehen, find´s aber nicht richtig. Es hat Vor- und Nachteile, gerade was beispielsweise das Sammeln der tausend Unterschriften angeht.
KROSSE: War es schwierig, genug Unterstützer beispielsweise für die Unterschriften zu finden?
Till Müller: Nein, unser größtes Problem dabei war die Zeit. Wir hatten ziemlich genau vier Wochen Zeit. In dieser kurzen Zeit hat das kaum eine Partei geschafft, aber man hat immer wieder bei Leuten gemerkt, dass man sie doch erstmal überzeugen musste, dass wir das ernst meinen und dass wir auch vernünftig genug sind.
KROSSE: Bei der Landtagswahl in NRW habt ihr es ja auch geschafft, daran teilzunehmen, und habt knapp über 7000 Stimmen erreicht. Bist Du damit zufrieden?
Till Müller: Man muss das so sehen: Wir haben kaum Wahlkampf machen können; wir sind eine sehr junge Partei und dadurch auch ziemlich unbekannt. Da muss man schon echt sagen, es ist unglaublich beeindruckend, dass sich trotzdem über 7000 Menschen dazu entschieden haben, dass das, was wir machen, cool ist und dass sie das unterstützen wollen. Von daher muss man schon sagen, bin ich damit durchaus zufrieden. Gerade wenn man überlegt, dass wir unter den Parteien, die bei der Landtagswahl 2012 nicht teilgenommen haben, doch zu den oberen Plätzen gehören. Wenn man sich die Wahlergebnisse anschaut, glaube ich, sind da tatsächlich nur zwei oder drei Parteien dabei, die mehr Stimmen gesammelt haben als wir. Und das waren Parteien, die dann doch noch ein deutlich größeres Wahlkampfbudget haben als wir.
KROSSE: Liegt es vielleicht auch daran, dass ihr noch während des Wahlkampfes Abitur gemacht habt? Wie habt ihr überhaupt geschafft, das alles unter einen Hut zu bekommen?
Till Müller: Ich muss sagen, ich hatte da nie so das Problem mit. Ich glaube ein ganz wichtiger Punkt ist, dass man das Ganze wirklich will und ich glaube, wenn man wirklich dahinter steht, schafft man es, sich die Zeit zu nehmen. Es war sicherlich so, dass das Abi insofern ein bisschen ein limitierender Faktor war, weil wir einfach zum einen nicht so mobil waren und allgemein die finanziellen Mittel noch fehlten. Das lag auf der einen Seite am Alter unserer Mitglieder und auf der anderen Seite auch schlichtweg am Alter unserer Partei. Ich weiß nicht, ob Abi da der Hauptgrund war, weshalb Wahlkampf für uns so problematisch war.
KROSSE: Was sind denn eure Ziele für die Partei für die Zukunft?
Till Müller: Wir wollen uns immer mehr ausweiten und immer mehr Mitglieder sammeln in immer mehr Bundesländern. Mittlerweile sind wir bei Mitgliedern aus sieben Bundesländern, dort wollen wir möglichst schnell natürlich Landesverbände gründen. Wir wollen bei der Bundestagswahl teilnehmen, sowohl mit Landeslisten als auch mit Direktkandidaten. Gleichzeitig schreiben wir gerade an einem neuen Parteiprogramm. Wir wollen jetzt die Zeit nutzen, uns wirklich Strukturen aufzubauen, um an immer mehr Wahlen teilnehmen zu können und auch die Partei so auch immer mehr bekannt zu machen, weil wir glauben, dass wenn einfach nur mehr Leute uns und unsere Ziele kennen, dass wir dann irgendwann erfolgreich sein werden.
Kommentar von Krosse: Für die Bundestagswahl konnte die Partei nicht genug Unterschriften für eine Zulassung sammeln, so eine aktuelle Stellungnahme der Partei auf ihrer Facebook-Seite.
KROSSE: Und noch eine letzte Frage: Wie geht´s jetzt für dich persönlich beruflich weiter nach dem Abitur? Hat dich die Partei da auch irgendwie geprägt?
Till Müller: Eher nicht, muss ich tatsächlich sagen, weil ich schon deutlich früher eine Stelle für ein duales Studium angenommen habe. In Mannheim werde ich Projekt Engineering dual studieren. Es prägt mich insofern, dass ich auch da versuche, immer weiter Mitglieder anzuwerben und auch in Mannheim versuche, ein neues Standbein der Jugend- und Entwicklungspartei aufzubauen. Aber es ist nicht so, dass ich mich deswegen umentschieden hätte und beispielsweise Politikwissenschaften studiere.
KROSSE: Dann viel Erfolg für dein Studium und für die Partei weiterhin. Danke, dass Du dir Zeit für das Interview genommen hast.
Maike Gehling
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