Das Einzige was du mit „Karma“ verbindest ist ein hinduistisches Konzept? Dann wird es Zeit, dich über die aktuell erfolgreichste Trashtalk-App aufklären zu lassen! Wo früher Gedanken und Neuigkeiten auf Toilettentüren des Campus’ gekritzelt wurden, gibt es heute Apps, die den Studenten den schnelllebigen und anonymen Austausch ermöglichen.
Trashtalk made in Germany
Die im Studentenkontext zurzeit beliebteste Messenger-App „Jodel“ hat sich zu einem viralen Hype entwickelt. Sogar beim Social-Media-Giganten Facebook gibt es schon erste „Best of Jodel“ Seiten, auf denen die beliebtesten Jodelpostings veröffentlicht werden. Die App verzeichnet laut dem Stern insgesamt über 800.000 Downloads. Die von einem deutschen Studenten aus Aachen entwickelte App zeigt in Echtzeit gepostete Nachrichten und Bilder im Umkreis von 10 Kilometern auf einem Newsfeed an. Das Besondere: Es besteht absolute Anonymität. User müssen sich nicht anmelden, es gibt weder Profilbilder, noch Nutzernamen. Dies scheint das Erfolgsgeheimnis hinter der beliebten App zu sein. Durch Up- und Downvotes entscheiden die User darüber, welche Beiträge aussortiert oder weiterhin im Feed angezeigt werden sollen. Ein weiteres Special: Je nachdem, wie viel ein User postet, kommentiert und bewertet, kann er sogenanntes „Karma“ sammeln. Ein weiterer Anreiz, sich aktiv am virtuellen Geschehen zu beteiligen. Auf die Frage, wie man die App am besten durch drei Wörter beschreiben kann, fallen immer ähnliche Adjektive: unterhaltsam, kurzweilig, einfach anders. Jede Stadt, in der Jodel stark genutzt wird, also besonders die Studentenstädte, hat ihre Besonderheiten bezüglich der lokalen Community und der von ihr angesprochenen Themen. Im Folgenden gehe ich auf drei Jodel ein, die tagtäglich im Newsfeed im Bereich Bremen zu finden sind.
Drei Typen von Jodelbeiträgen, die dir als Bremer Student bekannt vorkommen sollten
1. Der Studienfachjodel
In dieser Kategorie wird sich durchgehend über die gleichen vorurteilsbehafteten Studiengänge lustig gemacht. Es werden alle Klischees der jeweiligen Fächer bis an die Grenze der Erträglichkeit völlig überzogen dargestellt. Unangefochtene Spitzenreiter sind dabei nach wie vor Scherze über Jurastudenten, in denen meist Zitate von „Karl-Ferdinand von und zu Hohenstein“ oder wahlweise „Justus-Maximilian“ gepostet werden, die sich über das primitive Verhalten von durchschnittlichen Mittelschichtstudenten empören. Ebenso hoch im Kurs stehen Späße über angehende Grundschullehrer, die den Anschein erwecken, dieses Studium bestehe nur aus dem Ausmalen von Mandalas und Basteln von Girlanden. Autoren dieser Posts sind meist weibliche Vornamen, die möglichst naiv wirken. Die 22-jährige Pia, Sophie oder Kathleen wirkt dabei wohl am glaubwürdigsten. Ebenso allseits beliebt: Witze über Informatikstudenten. Hier entsteht das Bild von höchst pubertär wirkenden Männern, die noch mit Mitte 20 bei Mutti wohnen und ihr Hemd (ich meine ihr Bandshirt) höchstens alle drei Wochen waschen (lassen).
2. Der „Typisch Bremen“ Jodel
Aktuell ebenfalls gängig sind Jodelpostings, die einen lokalen Bezug zu Bremen und Umgebung aufweisen. Oft diskutiertes Thema ist dabei das „BSAG racing team“, in dem augenscheinlich hochmotivierte Bus- und Bahnfahrer tagtäglich ihren eigenen Zeitrekord oder den der Kollegen brechen wollen. Doch auch die Verkehrsregeln scheinen nicht unbedingt höchste Priorität zu haben: „Busfahrer bleibt 10 Meter nach der roten Ampel stehen und bittet die Gäste auf den hinteren Plätzen zu sagen, wann grün ist. #weilwirdichlieben #bsagracingteam“. Unsere täglichen Begleiter zaubern uns doch immer wieder ein Lächeln auf die Lippen. Ebenso wird immer wieder von verrückten Situationen in Straßenbahnen oder an öffentlichen Orten berichtet. Erst vor einigen Tagen belustigte sich ein Nutzer über eine erwachsene Frau, die in der Straßenbahn auf einem Schnuller lutschte und kommentierte dies trocken mit dem Hashtag „#justbrementhings“. Die selbst erkorene Jodelhauptstadt bietet eben immer etwas zum Lachen. (Oder weinen, je nachdem.) Die Vielzahl dieser Jodel lässt vermuten, dass in Bremen eine Menge außergewöhnlicher, interessanter Menschen leben.
3. Der Flirtjodel
Nicht selten begegnen Nutzern Jodel, in denen der knackigste Po des Hörsaals oder die unbekannte Schönheit mit dem roten Pullover aus der ersten Reihe bewundert werden. Besonders interessant natürlich, wenn man genau in diesem Hörsaal sitzt. Um wen könnte es sich handeln? Werden sich die Wege der Kommilitonen jemals kreuzen? Wer mag der heimliche Verehrer sein? Man weiß es nicht. Fakt ist aber, dass sich auf Jodel täglich gerne und viel über das andere Geschlecht ausgetauscht wird. Ab ca. 20 Uhr werden die Angebote im Feed dann, nennen wir es vorsichtig, „zielgerichteter“. Einsame Singlejodler klagen über ihr Leid und suchen nach Leidensgenossen/Leidesgenossinnen. Ob wirklich jemand auf die anzüglichen Angebote eingeht, bleibt fraglich. Es soll in der Jodlergemeinde aber schon öfter zu persönlichen Treffen gekommen sein.
Fazit
Jodel ist eine äußerst unterhaltsame App mit hohem Spaßfaktor, die den tristen Alltag eines Studenten durch einige Lacher aufwertet. Ob zum Zeitvertreib an der Haltestelle, dem Vorbeugen gegen Langeweile während der Vorlesung oder als Unterstützung der nicht selten vorkommenden Prokrastination ist die App sehr geeignet. Natürlich sollte man die Inhalte nicht zu ernst nehmen und sich trotz Anonymität angemessen verhalten. Und nun, viel Spaß beim Jodeln! (Achtung: Suchtfaktor ist garantiert.)
Das Beste von Jodel findet ihr auch auf Facebook und auf Instagram.
Von Elena Dohrmann